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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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sie seinem Herzschlag gelauscht und sich von seiner Stimme in den Schlaf wiegen lassen.
    So würde es wieder sein.
    Dafür lebte sie.
    »Lord Gabriel«, sagte Eliza, »war schon immer ein grausamer Engel.«
    Die Kaste seiner Engel war an jenem Morgen in Pandaemonium aufgetaucht und hatte die Festung in Besitz genommen.
    Dies, so Gabriel, würde sein Quartier sein und Lilith seine Gefangene.
    Auf ihre Frage, warum er dies tue, hatte er ihr nur eine einzige Antwort entgegengespien.
    Weil er es so wolle!
    »Sie haben mich in ein Verlies tief unten in der Festung gesperrt.« Sie kratzte sich mit den Fingernägeln die Handfläche, als wolle sie die verschlungenen Tätowierungen zum Leben erwecken. »Man hat mich gefesselt. In der Dunkelheit. Wüstentiere hat es dort unten gegeben. Wuselnde, wahnwitzige Kreaturen, die Wirklichkeiten und Träume in Farben malen können, die man niemals mehr wieder vergessen kann. Wesen, die sich von gellenden Schreien ernähren und Verzweiflung wittern, selbst wenn man sie nur träumt.« In abgehackten Sätzen berichtete sie von den Gabrieliten, die sie aufsuchten, um ihr Schmerzen zuzufügen. »Sie besitzen Waffen, die nicht einmal die Haut berühren müssen, um tief ins Innere schneiden zu können. Klingen, die niemals müde werden, weil die, welche sie führen, die Grausamkeit zu zitieren vermögen wie andere Gedichte.«
    »Was haben sie dir angetan?«
    Elizas Augen glitzerten feucht. »Sie haben mir gezeigt, wie schwach ich bin. Das ist es, was sie mir angetan haben, Emily. Sie haben mir gezeigt, dass ich ein Nichts bin.«
    Alle schwiegen.
    »Sie waren grausam um der Grausamkeit willen.«
    »Haben sie Lucifer erwähnt?«
    »Sie zeigten mir seinen Tod. Denn das ist es, was ihre Waffen zu tun vermögen. Sie träufelten mir Bilder in den Kopf, die noch immer von innen gegen den Schädel flattern.«
    Emily schauderte es bei dem Gedanken an die Gabrieliten und das, was sie zu tun vermochten.
    »Und Pickwick?«
    »Der Doktor war keine Gefahr für sie. Gabriel spielte mit ihm. Teilte sein Wissen mit dem Höllenforscher und entlockte ihm, wenn er schlief, Träume und Schlimmeres.«
    Sie erzählte uns, wie schleppend die Zeit verrann und der Winter in die Hölle zurückkehrte. Wie die Mala’ak ha-Mawet auszogen, um eine mächtige Dürre einzufangen, die in den Höhlen nahe Sodom geboren worden war und nun in den Weiten der Purgatoriumsee lebte.
    »Am Ende dann ließ Gabriel den Doktor laufen.«
    Engelskrieger setzten ihn in der eisigen Wüstenei aus und überließen ihn seinem Schicksal.
    »Anfangs dachte ich, dass sie ihn dem Tod überantworten wollten, doch dann wurde mir klar, dass sie einen Plan verfolgten. Dass er nach London zurückkehren sollte.«
    »Wir haben ihn in Kew Gardens Hall getroffen.«
    »Das sagten Sie bereits.«
    Emily musste an die Toderfahrung denken, die sie gehabt hatte. Sie rief sich die letzten Bilder ins Gedächtnis zurück. Pandaemonium. Die Mala’ak ha-Mawet. Ein beschwerlicher Weg durch Eis und Schnee. Dann saftiges Grün. Männer in weißen Kitteln, mit denen Pickwick in Eile sprach. Ein Ort, der wie das Paradies aussah und doch Kew Gardens Hall war. Ein Mann in Uniform, der die Mala’ak ha-Mawet anrief. Erde, die sich auftat, weil etwas Gewaltiges nach Kew Gardens Hall kam.
    »Er war bis nach London geflohen, weil er jemanden vor der Dürre warnen wollte.« Emily verschwieg die Tatsache, dass er Eliza den baldigen Tod gewünscht hatte. Sie würde das nicht vor allen zur Sprache bringen.
    »Gabriel hat ihn laufen lassen, damit er genau dies tut«, schaltete sich Sariel ein. »Er wollte, dass Pickwick Misstrauen sät zwischen den großen Häusern. Es kann kein Zufall sein, dass Pickwick ausgerechnet in dem Augenblick in die uralte Metropole zurückkehrte, als sich der Abgrund öffnete und die Dürre nach London kam.«
    »Ihr meint, wir sollten ihn finden?«
    »Jemand mit den Abzeichen Manderley Manors hat den Abgrund geöffnet, aus dem die Dürre hervorgestiegen ist.«
    »Du solltest genau diese Bilder sehen«, sagte Eliza mit fester Stimme. »Denn nur Engel sind in der Lage, einen Abgrund zu öffnen. Es war ein Gabrielskrieger, der in die Uniform vom Regent’s Park geschlüpft ist. Pickwick hat nur die Uniform gesehen, und er hat geglaubt, was er gesehen hat.« Warum hätte er es nicht tun sollen? Wir hatten Pickwick gekannt, und warum hätten wir seinen Worten oder den Bildern, die Emily während der Toderfahrung erlebt hatte, misstrauen sollen?
    »Sie haben

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