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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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uralte Wesen, in deren Augen Kälte brannte wie in der Urieliten Augen das Feuer des Lichts.
    Emily sah durch eine fiebrig und doch eisig kalt flimmernde Hitze, wie Tristan Marlowes loderndes Fegefeuer aufflammte und dann verschwunden war. Mr. Fox und Mr. Wolf, das wusste sie, würden nicht mit nach Prag kommen. Nach London zurückzukehren, hatte Eliza ihnen aufgetragen. Auch ihre Fegefeuer verschwanden, und das Letzte, dessen Emily wie benommen gewahr wurde, waren die kalten Raubvogelaugen der Mala’ak ha-Mawet, die Pandaemonium erreicht hatten.
    Dann waren auch die dunklen Engel verschwunden und das Gefühl der Kälte mit ihnen. Da war eine Melodie, die ganz plötzlich zum Leben erwachte. Ein Lied, eine Stimme. Your’re a big girl now. Da war ein Ort, Piccadilly Circus, und eine Erinnerung, so schön. Emily Laing, die im Schutz des Fegefeuers erneut auf Reisen war, schloss die Augen und konnte einfach nicht anders, als einen schönen Gedanken zu denken. Einen Gedanken, der sie mehr wärmte, als es ein Fegefeuer jemals zu tun vermocht hätte.

Kapitel 4
Mala’ak ha-Mawet
    Unter ihnen glitt die Schneewüste dahin, und der Wind, der durchflochten war mit winzigen stöbernden weißdurchsichtigen Flocken und dazu klirrend kalt, blies ihnen in die Gesichter. Helles Tageslicht, das sich in den Eiskristallen brach, ließ Aurora die Augen zusammenkneifen. Wieder einmal fragte sie sich, woher all das Licht kam. Eine Antwort auf diese Frage fand sie nicht. Nicht jetzt. Stattdessen blickte sie furchtsam zurück nach Pandaemonium, das immer kleiner wurde. Doch nicht die mächtigen Mauern des Palastes fesselten ihren Blick, sondern die fernen Engel, deren ausgebreitete Schwingen sie mit jedem ihrer kräftigen Schläge dem fliegenden Teppich ein wenig näher brachten.
    Nur drei Mala’ak ha-Mawet waren es an der Zahl. Doch hätte einer allein bereits ausgereicht, um tiefdunkle Furcht in des Mädchens Herz zu säen.
    »Wohin fliegen wir?«, wollte Neil wissen. Das Haar stand ihm struppig vom Kopf ab.
    Eliza, deren Hand flach auf dem Teppich lag, als wolle sie den Teppich beruhigen, war angespannt und wachsam. Man konnte es ihren Augen ansehen. »Es gibt ein Gebirge«, erklärte sie schnell, »jenseits des Meers aus Schnee. In den Tälern und Schluchten dieses Gebirges müssen wir uns verstecken. Und hoffen, dass sie unsere Fährte verlieren.«
    »Was passiert, wenn sie uns einholen?«
    Der Blick, den Eliza dem Jungen zuwarf, sagte alles.
    »Flieg, Khamsin, flieg«, flüsterte sie, und ihre Hände fühlten die wispernden Finger des Wüstenwinds unter dem dicken, festen Stoff, der selbst hoch in den Lüften nach dem Staub von Jahrhunderten roch.
    Neil Trent, der seit dem Start aufgeregt vor allem nach unten in die Wüstenei blickte, war wenig zuversichtlich. »Sie holen schnell auf«, gab er besorgt zu bedenken. »Verdammt schnell sogar, würde ich sagen.« Es war nicht zu übersehen, dass die Mala’ak ha-Mawet die Distanz zwischen sich und dem fliegenden Teppich stetig verringerten. Schrille Schreie stießen sie aus, wie Raubvögel, die auf Beute aus sind.
    Aurora wurde ganz kalt ums Herz.
    Gerade so, als würde sie innerlich sterben müssen.
    Sind wir die Guten in diesem Kampf?, fragte sich das Mädchen, während die Schneeflocken sich in ihrem Haar verfingen. Der Gedanke kam völlig unverhofft. War das, was sie vorhatten, wirklich das Richtige, oder war es nur das Richtige, weil sie es aus einem bestimmten Blickwinkel heraus betrachtete?
    »Hey!« Neil, der neben ihr saß, stupste sie von der Seite an. Lächelte, was verwegen aussehen sollte.
    Aurora kam wieder zu sich. »Ich habe nachgedacht«, gab sie entschuldigend zu.
    »Ich dachte schon, du kippst gleich um und fällst vom Teppich.«
    Tief unten am Boden hatte Neil spinnenartige Wesen erblickt. Nekir, die in kleinen Gruppen über den Schnee zogen. Karawanenwesen, die sich an Kadavern gütlich taten. Was der Junge um nichts in der Welt wollte, war, dort unten auf dem Boden herumlaufen zu müssen.
    Die Hölle, dachte er, ist wahrlich kein angenehmer Ort.
    Erneut erklang der Schrei der Mala’ak ha-Mawet, und selbst die Nekir hielten inne in dem, was sie taten, um hinauf in die Lüfte zu schauen. Ein weiterer Schrei folgte.
    »Sie werden uns nicht ziehen lassen.« Sariel, der in der Engel Art wie ein großer Vogel am hinteren Rand des Teppichs hockte, blickte zurück zu den Wesen, die einmal seine Familie gewesen waren. Einen einzigen Himmel hatte er damals mit ihnen

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