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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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geteilt. Damals, als alle Engel eins gewesen waren. Als sie noch alle dem Träumer gedient hatten. Bevor die Himmel eingestürzt und diejenigen, die dem Lichtlord gefolgt waren, mit ihm in die Tiefen der wirklichen Welt gestürzt worden waren.
    »Diese Schreie«, flüsterte Sariel, »wie lange ist es her, seit ich sie zum letzten Mal vernommen habe.« Es war nicht einmal eine Frage. »Nichts entgeht einem Gabrielskrieger. Das war schon damals so.« Fast war es, als flackere das Licht in den Engelsaugen. Mit den Händen formte Sariel ruhig Symbole in der Luft.
    »Was ist mit Euch?« Aurora war sich nicht sicher, ob es ihr zustand, diese Frage zu stellen.
    »Ich kenne die Namen der drei Engel.« Sariel wirkte traurig. »Drei ist die Zahl, die ihr Handeln bestimmt. Immer schon hat sie das getan. Ja, ich kenne sie.« Die Tätowierungen in des Engels Gesicht bewegten sich, formten neue Zeichen und Runen und bildeten Linien, die vorher nicht da gewesen waren. »Ihr müsst wissen, dass es kein Zufall ist, dass ich bei Euch bin.«
    Aurora hatte sich so etwas gedacht. Und sprach es aus: »Ihr wolltet ihnen begegnen?«
    Sariel verharrte still, wie in Meditation vertieft. »Es ist eine Geschichte, die so klassisch ist wie die Werke, die Dichter unter dem Geflüster unserer Art erschaffen haben. Ja, ein Drama. Eine Tragödie. Von Liebe und Feigheit handelt die Geschichte, wie es alle Geschichten am Ende tun. Und von Verrat.« Seine langen Finger spielten mit dem Rand des Teppichs. »Einst, das müsst Ihr wissen, folgte ich dem Lichtlord und erhob mich gegen die Scharen des Träumers.« Das Feuer in des Engels Augen wirkte mit einem Mal heiß, so heiß. »Gabriel und seine Schar kämpften gegen uns. Das Firmament konnte in jenen Nächten mehr Engel als Sterne zählen. Viele von uns mussten sterben. Viele von uns gerieten in Gefangenschaft. Gabriel nahm manchen von uns das Leben allein mit seinem Lächeln. Im Namen des Träumers tat er das, doch manchmal frage ich mich, ob es wirklich des Träumers Wille gewesen war. So viele Engel starben in der großen Schlacht, und das Paradies in unseren Herzen wurde zu einer Hölle.« Er starrte auf die drei Gestalten, die sich immer schneller dem Teppich näherten. »Ja, meine Freunde, ich kenne unsere Verfolger. Ich bin ihnen in der Schlacht begegnet und später dann in den Abgründen, die unsere Verliese gewesen waren für lange Zeit.« Nachdenklich verharrte er. »Es sind Wesen, die kein Mitgefühl kennen. Sie töten, weil es ihnen Lust bereitet. Sie weiden sich am Leid der Schwächeren und sind Raubtieren gleich. Nein, meine Freunde, sie werden die Verfolgung niemals aufgeben.«
    »Ihr glaubt, dass wir ihnen gar nicht entkommen können?«
    »Niemand«, wiederholte Sariel, »entkommt den Mala’ak ha-Mawet.«
    »Das klingt gar nicht gut.« Neil rutschte unruhig auf dem Teppich hin und her, als könne er dadurch das Tempo des Gefährts beschleunigen. »Was sollen wir denn tun?«
    »Abwarten.«
    Die flammenden Blicke harrten der Dinge, die da kamen.
    »Das ist alles? Einfach nur abwarten?« Aurora konnte nicht glauben, was sie da gehört hatte.
    »Ich werde mich ihrer annehmen!«
    »Es sind drei!«, gab selbst Eliza, die dem Gespräch die ganze Zeit über still gelauscht hatte, zu bedenken.
    »Engel, das müsst Ihr wissen, hängen an ihrem Leben. Doch wenn ein Engel sein Leben herzugeben bereit ist, dann müssen ihm andere meist folgen auf dem letzten Weg, dessen Pforten sich unweigerlich öffnen.« Er seufzte, und zum ersten Mal kam Aurora der Gedanke, dass sie von einem Engel begleitet wurden, der den baldigen Tod herbeisehnte. »Lucifer, müsst Ihr wissen, war mein Bruder gewesen. Ich war ihm gefolgt, und dann, als ich in Gefangenschaft geraten war, da haben mich die Mala’ak ha-Mawet gezwungen, dem Lichtlord zu entsagen. Ja, ich war schwach gewesen. Hatte Furcht verspürt. Ich war noch ein junger Engel gewesen, damals. Meiner Augen Flammen waren gerade erst entfacht worden, und der Kokon, der mich geboren hatte, befand sich noch immer am Boden des großen Himmels. Gabriel persönlich suchte mich auf und berührte meine Stirn, und die Tätowierungen, die bereits damals mein Gesicht zierten, brannten wie tosendes Wasser in meinem jungen Bewusstsein. Gabriel, den ich über die geschundenen Leiber toter Engel habe schreiten sehen, war es, der mich zu einem Verräter gemacht hat.«
    Eliza schien unbeeindruckt von alledem zu sein. Kannte sie die Geschichte etwa schon? Nur hin und wieder warf

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