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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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müde aus. »Du bist bekümmert.« Es war eine Feststellung.
    »Du siehst viel.«
    »Ich bin eine Sphinx.« Sie lächelte ihr Sphinxlächeln. »Eine kleine Sphinx zwar, aber immerhin.«
    »Es geschehen so viele Dinge«, erklärte Aurora ihr.
    Und Ipy, die sie verstand, sagte: »Manchmal habe ich Heimweh nach dem Land, in dem ich noch niemals gewesen bin.« Sie setzte sich auf einen Sarkophag. »Ägypten soll schön sein, das haben die anderen Sphinxe mir erzählt. In Paris, wo viele von uns leben.«
    Aurora erzählte der Sphinx, was geschehen war und was sie herausgefunden hatten.
    »Master Marlowe hat mir von den Nebeln berichtet«, gestand Ipy. »Seltsame Wesen sind das. Die Katzen von London erzählen sich sogar, dass die Nebel in den Augen von Tieren gesichtet worden sind.«
    Aurora schauderte bei diesem Bild. »Weiß Marlowe davon?«
    »Ich habe es ihm gesagt.«
    Aurora streichelte das Tier am Kopf, und die Sphinx schnurrte wie ein Kätzchen. Wenn es ihr gut ging, dann legte sie die Flügel an den biegsamen Leib an und machte einen Buckel.
    »Seltsame Zeiten sind das«, murmelte Aurora.
    »Das sind sie immer gewesen.«
    Es war Emily gewesen, der Ipy in Paris begegnet war, und am Ende hatte die kleine Sphinx sie nach London begleitet, wo sie eine Freundschaft mit Lady Mina pflegte und zwischen den Ausstellungsstücken der ägyptischen Abteilung im Britischen Museum lebte. Sie streunte des Nachts durch die Straßen, jagte mit den Katzen Londons und besuchte regelmäßig den Lordkanzler von Kensington, der der Bruder ihrer einstigen Gebieterin Bastet war.
    »Der Lordkanzler«, sagte Ipy, »verfolgt die Sache mit den Nebeln argwöhnisch.«
    »Kann ich mir denken.«
    Aurora stand schweigend da, und Ipy, die wie die gelbschwarze Zeichnung einer geflügelten Katze aussah, putzte sich die Pfoten.
    »Begleitest du mich?« Aurora fiel ein, dass sie ja augenblicklich in den Lesesaal hatte zurückkehren wollen. Nur ein kurzer Abstecher in die Ausstellungsräume hätte es sein sollen. Tristan Marlowe würde mit Sicherheit schon auf sie warten.
    »Begleiten? Zur Bibliothek?«
    »Ja.«
    Ipy winkte ab. »Ich bin noch ganz träge von der Nacht.« Sphinxe, das wusste Aurora mittlerweile, waren mehr Katze als jedes andere Tier. Und die Nacht war ihr Revier.
    »Bis bald.«
    Ipy schnurrte, als das Mädchen ihr den Hals kraulte.
    Und in die Bibliothek zurückkehrte.
    Wo Tristan Marlowe sie ungeduldig und mit einer Neuigkeit empfing. »Da sind Sie ja endlich!«
    »Ich war in der ägyptischen Abteilung.«
    Er wirkte nervös.
    »Ich habe etwas entdeckt.«
    »Machen Sie es nicht so spannend.«
    Er kramte eine Plastikröhre hervor, die eine der Schriftrollen mit der Geschichte Sodom und Gomorrhas enthielt. »Schauen Sie«, forderte er Aurora auf und wies auf die Hülle. »Was fällt Ihnen daran auf?«
    Das Mädchen musste nur einen Augenblick lang überlegen. »Sie hat keine Kennung.«
    »Genau.«
    Konnte das sein?
    »Aber wie kommt sie dann in unseren Bestand?«
    »Vielleicht ist sie noch nicht in der Einarbeitung gewesen.«
    »Und wieso läge sie dann hier herum?«
    Nein, das war unwahrscheinlich.
    »Sagen Sie schon, woher sie kommt«, bat Aurora. »Sie wissen es doch, oder?«
    Tristan zuckte die Achseln. »Haben Sie die Rolle aus dem Archiv geholt?«
    »Nicht dass ich wüsste.« Erstaunt sah sich Aurora die Hülle erneut an. Es war eine normale Plastikröhre, in der die alten Schriftrollen aufbewahrt wurden, um sie vor Staub und Feuchtigkeit zu schützen.
    »Dann muss sie jemand auf den Tisch gelegt haben.«
    Aurora betrachtete das Durcheinander an Marlowes Arbeitsplatz. »Es wäre nicht weiter verwunderlich, wenn …«
    »Ja, ich weiß«, fiel er ihr unwirsch ins Wort und beendete den angefangenen Satz: »… wenn jemand die Rolle in diesem unaufgeräumten Bücherberg hinterlegt hätte.«
    Was aber eine weitere Frage aufwarf. »Wer sollte so etwas tun?«
    Marlowe schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht die geringste Ahnung.« Erneut betrachtete er die Schriftrolle, die alt und echt aussah. Das fleckige Pergament mit den hebräischen und arabischen Schriftzeichen war keine Fälschung, nein, das hätte er bemerkt. »Könnte sein, dass jemand wollte, dass wir die Geschichte mit der Dürre lesen.«
    »Aber warum?«
    Eine Stimme, die vorhin nicht da gewesen war, gab die etwas kryptische Antwort: »Darum!«
    Die zweite Stimme, die fast genauso klang wie die erste, nur kaum merklich dunkler, betonte: »Genau.«
    Aurora Fitzrovia und Tristan

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