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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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sich unwohl gefühlt und beobachtet zudem. Etwas, hatte sie vor etwa zehn Minuten geflüstert, folgt uns. Aber den Geruch, den es ausströmt, kenne ich nicht. Sie hatte kurz innegehalten. Eigentlich, hatte sie hinzugefügt, besitzt es gar keinen richtigen Geruch.
    »Beruhigend, äußerst beruhigend.« Mina konnte zuweilen eine Ausgeburt an Optimismus und Zuversicht sein.
    Emily hatte nach fremden Gedanken gesucht, aber keine gefunden.
    Unnötig zu erwähnen, dass wir an die Nebel dachten.
    Wie auch immer …
    Seit Kew Gardens Hall versuchte Emily Laing verzweifelt, die Gedanken, die sie seit der Toderfahrung mit dem Höllenforscher bestürmten, in eine Ordnung zu bringen. Pilatus Pickwick war einen langen Weg gegangen, um in Kew Gardens Hall zu sterben. Das, was Emily von seiner Geschichte kannte, war nur wenig, und es stimmte sie traurig, nicht mehr von ihm gewusst zu haben. Nicht, dass sie den seltsamen Kauz gemocht hätte, nein! Aber wie bei allen Menschen, so hatten sich auch in seiner Vergangenheit Dinge ereignet, die sein ganzes weiteres Leben bestimmt hatten. Alles, was sie wusste, war, dass Pilatus Pickwick einst eine Schwester namens Alicia gehabt hatte, die eines Tages ganz unverhofft auf dem Landgut von Charles Dodgson verschwunden war.
    »Aber warum wünscht er Eliza den Tod?«
    Wieder und wieder hatte Emily sich diese Frage gestellt. Und noch immer wusste sie nicht recht, ob sie die Person, die ihre Freundin gewesen war, Eliza nennen sollte oder Lilith.
    »Etwas muss in der Hölle geschehen sein.«
    »Allerdings.«
    Emily fühlte sich allein wie schon lange nicht mehr.
    So viele Fragen gab es und doch so wenige Antworten.
    »Vielleicht«, äußerte sie ganz vorsichtig ihre Vermutung, »hat jemand Kew Gardens Hall nur deswegen zerstört, damit es niemanden mehr gibt, der etwas über diesen mysteriösen Botenjungen aussagen kann.« Sie wusste, wie sonderbar und unwahrscheinlich dies war.
    Und doch …
    »Es könnte doch sein, was meinen Sie?«
    »Ach, fragen Sie nicht.«
    Mittlerweile wusste Emily, wie sie mit diesen Antworten umzugehen hatte.
    Schweigend gingen wir neben einander her.
    »Wenn man unsere Nachforschungen hätte behindern wollen, dann …«
    »Käme Mushroom Manor durchaus als Drahtzieher in Frage.«
    »Aber Kew Gardens Hall«, führte Emily den Gedankengang weiter, »gehört zu den Ländereien von Blackheath.«
    »Und zu den profitablen dazu.«
    Was nur eine Schlussfolgerung zuließ. »Mushroom Manor ist es also nicht gewesen.«
    Oder?
    »Wenn wir davon ausgehen, dass sie den eigenen Geschäften nicht schaden wollten, dann können wir diese Möglichkeit, denke ich, wohl ausschließen.«
    Womit wir genau so weit wie vorher waren.
    »Haben Sie noch andere Vorschläge?«
    »Nein.«
    »Das ist alles?«
    Drückte ich mich unklar aus?
    »Es gibt keine Zufälle, Miss Laing.«
    »Ja, ich weiß, alles ergibt einen Sinn.« Dass Adam nach Paris gegangen und Neil verschwunden war, ergab nach dieser Philosophie wohl auch einen Sinn. Jedoch einen, der ihr bisher entgangen war, oder einen, den zu erkennen sie sich weigerte.
    »Wenn wir das Muster nicht erkennen«, sagte ich, »dann heißt das noch lange nicht, dass es kein Muster gibt.«
    Sie seufzte. Berührte das Mondsteinauge und sah mich traurig an. »Meine Mutter ist tot, Wittgenstein, und irgendwie kann ich gar nicht richtig um sie trauern.« Sie schluckte, und mir wurde bewusst, wie sehr Emily doch über die Fähigkeit, sich zu beherrschen, verfügte. »Ich weiß nicht einmal, ob ich sie vermissen werde.«
    »Jeder«, sagte ich ihr, »trauert anders.«
    Sie nickte. »Vielleicht ist es ihr Wunsch, dass wir den Drahtzieher hinter all dem finden?«
    Ich blieb stehen. »Wir werden tun, was in unserer Macht steht, um Licht in diese Angelegenheiten zu bringen.«
    Emily berührte die Tunnelwand.
    Dort, wo der Putz abbröckelte.
    »Es gibt keine Zufälle«, flüsterte sie wie benommen, »und wenn man lange genug am Putz kratzt, dann sieht man vielleicht irgendwann die Mauer dahinter.« Sie blinzelte, als winzige grünlich durchsichtige Höhlengrillen zwischen den Mauersteinen hervorsprangen und furchtsam das Weite suchten. »Die Black Friars möchten nicht, dass wir die Mauer entdecken, habe ich Recht?«
    »Aus einem Grund, der sich mir noch nicht erschlossen hat, scheinen sie uns aus den Ermittlungen heraushalten zu wollen.«
    Emily konnte den Blick gar nicht mehr von der Mauer lösen, die hinter dem sandfarbenen Putz zu erkennen war. »Wollte McDiarmid

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