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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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versuchte, Zeit zu schinden. »Ihr müsst mich nicht töten.«
    »Es ist aber auch nicht falsch, wenn ich es tue.« Virginia Dare wandte ihr den Rücken zu.
    »Vielleicht kann ich Euch helfen.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Miss Dare!«
    »Leben Sie wohl. Alle!«
    »Aber …«
    »Wir gehören zu den Guten. Und Sie, Scarlet Hawthorne? Sie dürfen Ihren Vater niemals finden«, sagte der Kojote. »Sie dürfen unter gar keinen Umständen zu Lord Somnia gehen.«
    »Ich kenne ihn doch gar nicht.«
    »Umso besser.«

    »Ich werde nicht zu ihm gehen.«
    Virginia Dare hauchte ein leises »Ich weiß.«
    Scarlet wusste, was sie meinte. Tote gingen nirgendwohin.
    »Warum?«, schrie Scarlet wütend. »Was ist der Sinn von alledem?«
    Virginia Dare drehte sich zu ihr um und lachte laut auf. »Das wissen Sie noch immer nicht?«
    Scarlet erwiderte nichts.
    Keiner von uns sagte ein Wort.
    »Dann«, sagte Virginia Dare, »werden Sie dieses ungelöste kleine Rätsel mit in Ihr Grab nehmen.«
    Sie bedeutete den Wendigo, die Sache zu beenden. Zähne wurden entblößt, Schnauzen gereckt. Krallen schoben sich aus den Klauen, und dann setzte sich das Heer von weißen pelzigen Leibern in Bewegung.
    Der Kojote seinerseits folgte Virginia Dare. »Achtet auf die Sitzbezüge!«, befahl er den Wendigo.
    Wäre die Situation nicht so absurd gewesen, Scarlet hätte lachen müssen. Die Kreaturen würden sie zerfleischen, und der Kojote machte sich Gedanken um die alten Sitzbezüge? Die Welt war wirklich verrückt und vollkommen aus den Fugen geraten.
    Scarlet holte tief Luft.
    Sie wusste nicht, was sie nun tun sollte.
    Plötzlich wurde die eisige Stille von einem seltsamen Geräusch zerschnitten.
    Die Wendigo hielten inne, weil der Kojote neue Befehle brüllte. Jake ergriff ihre Hand und zog sie hinter sich her.
    Etwas nahte.
    Und noch bevor Scarlet begriffen hatte, was passierte, brach bereits die Hölle los.

KAPITEL 2
    SCHLAFWANDLER
    Sie sahen aus wie Menschen, doch ein Blick in ihre Augen verriet, dass sie etwas anderes waren.
    »Schlafwandler«, sagte ich nur. Bereits früher hatte ich welche gesehen, doch nie in dieser Anzahl. Bisher waren sie nur vereinzelt aufgetreten, überall in der Stadt, verlorene und passive Wesen, die Mitleid erregten. Ärzte hatten sich ihrer angenommen. Sie waren regelmäßig in der Nähe der Eistoten aufgetaucht, aber einen Beweis dafür, dass sie mit diesen in Verbindung standen, gab es bislang nicht.
    Scarlet, die jetzt aus ihren Erinnerungen schöpfen konnte, erkannte die armen Kreaturen, die sich uns näherten, ebenso wieder. Normalerweise wirkten sie sehr ausgemergelt, weil sie, sobald sie dem Zustand, der sie dann nicht mehr losließ, anheimfielen, keinerlei Nahrung mehr zu sich nahmen. Virginia Dare hatte gesagt, dass es diese geheimnisvollen Dreamings seien, die diese menschlichen Körper für sich beanspruchten. Wie lange ein Dreaming schon in seinem Wirtskörper lebte, konnte man wohl daran erkennen, wie dünn und krank dieser aussah.
    Auch Rima Hawthorne hatte, seit sie in diesen Zustand
des dauernden Schlafens gefallen war, nichts mehr gegessen. Es war der ewige Schlaf, der über einen kam, ein Zustand, der dem Koma ähnlich war.
    Nein!
    Scarlet wollte sich nicht an ihre Mutter erinnern.
    Es schmerzte sie, sich das ausdruckslose Gesicht ins Gedächtnis zu rufen und mit dem rotwangigen lustigen Gesicht in Verbindung zu bringen, das sie seit ihrer Kindheit gekannt hatte. Rima war ein lebenslustiger Mensch gewesen. Sie als die passive Gestalt zu sehen, die sie seit Tagen geworden war, tat Scarlet über alle Maßen weh.
    Nein, ihre Mutter hatte mit diesen Wesen nichts gemeinsam.
    Die Schlafwandler waren Rima zwar ähnlich, aber am Ende waren sie etwas völlig anderes. Diese Wesen hier konnten sich im Gegensatz zu ihrer Mutter noch bewegen. Sie konnten Dinge tun. Sie liefen herum und lagen nicht nur regungslos da. Außerdem waren es Fremde.
    Rima war das nicht.
    Nicht für Scarlet.
    Ihre Mutter war immer schon nicht nur Mutter, sondern auch Freundin für sie gewesen.
    »Verdammt, sie sind überall.« Jake sah sich nach einem Fluchtweg um.
    »Sie kommen von dort drüben!« Scarlet deutete hinüber zu dem eleganten Haupteingang. Das kunstvolle Art-déco-Portal bildete den zentralen Zugang zum Lichtspieltheater.
    Zwei junge Männer, die rote Uniformen mit silbernen Knöpfen trugen, rannten vor den in den Saal stürmenden Schlafwandlern her. Diese Pagen mussten den Eingang bewacht haben. Jetzt waren sie auf der

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