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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Vorgehen unbedingt nötig gewesen wäre. Sie bestimmten einfach über das Leben anderer, als hätten sie ein Recht darauf, dies zu tun.
    Scarlet fluchte.
    Sie sah, wie Jake erneut an der Klinke der Tür zerrte. Es war die Tür, die sich direkt am Bühnenaufgang befand. Sie
wirkte alt, war mit eingravierten Bildern aus der Zeit der holländischen Siedler verziert. Man konnte unschwer die vielen Windmühlen erkennen und Schiffe mit dicken Bäuchen und prallen Segeln. Korn wurde auf Feldern geerntet, dort, wo jetzt Midtown und die Upper East Side waren.
    Jake schüttelte den Kopf. »Es hat keinen Zweck, die Türen sind alle fest verschlossen.«
    »Verdammt, verflucht und Dreck«, entfuhr es mir.
    »Allerdings«, stimmte Scarlet mir zu.
    Ohne ein Wort zu verlieren, rannte Jake weiter zur nächsten Tür, die unter den Lautsprechern stand und noch nicht von Schlafwandlern umringt war.
    Scarlet und ich folgten ihm.
    Was hätten wir auch anderes tun können?
    In der Zwischenzeit war auch Virginia Dare an einer Tür am anderen Ende des Theatersaals angekommen.
    Die beiden Pagen, die es für eine gute Idee hielten, bei dem Wintermädchen zu bleiben, waren ebenfalls dort.
    Virginia Dare funkelte die beiden wütend an, sagte etwas, das Scarlet nicht verstehen konnte.
    Der Kojote folgte ihr mit nur einem einzigen Sprung, landete auf allen vieren und richtete sich dann wieder zu seiner vollen Größe auf. Er strich sich den Anzug glatt und nahm Witterung auf. Nachdenklich betrachtete er die beiden Pagen, ehe er seinen Blick durch das Theater gleiten ließ. Die spitzen Ohren waren aufgestellt, und die Schnauze kräuselte sich in stiller Verachtung für die auf ihn zuströmenden Schlafwandler.
    Seine Schutzbefohlene trat dicht neben ihn.
    Er neigte den Kopf, als sie ihm etwas zuflüsterte und in unsere Richtung schaute.

    Anschließend wandte sie sich der Tür zu.
    Als einer der Schlafwandler auf Virginia Dare zustürmte, packte der Kojote den ersten Pagen und schleuderte ihn gegen den Schlafwandler, einfach so. Die Kraft des Wurfes reichte aus, um beide tief in die Stuhlreihen hineinzubefördern.
    Scarlet sah, wie sich der Page aufrappelte.
    Ganz benommen starrte er den Schlafwandler an, der ebenso schnell wieder auf den Beinen war. Dann berührte der Schlafwandler den Pagen, und wir alle sahen zum ersten Mal, was passierte, wenn die Schlafwandler über einen kamen.
    Immerhin ging es schnell.
    Der Arm des Pagen wurde dort, wo der Schlafwandler ihn berührt hatte, zu Eis. Man konnte erkennen, wie die Hand durchsichtig wurde: Raureif bildete sich auf ihr, dann wurde sie zu Eis. Der Page gefror in eben der Position, in der er sich bei der Berührung befunden hatte. Er kippte einfach zur Seite und stieß dabei mit dem Arm gegen eine Stuhllehne. Mit einem lauten Knirschen brach ihm der Arm ab und blieb am Boden liegen.
    Der Schlafwandler betrachtete sein Opfer zufrieden. Dann lächelte er, kälter als jeder Winterwind.
    Der Kojote knurrte.
    Flink packte er den zweiten Pagen, der sein Schicksal erkannte und aus Leibeskräften schrie und sich wehrte. Es nützte ihm nichts. Wie ein Ball warf der Kojote den kreischenden Pagen in die Horde sich nähernder Schlafwandler. Der Page ruderte mit den Armen, und dann, als sie ihn berührten, gefror er mitten in der Bewegung, fiel zu Boden, und Teile von ihm zersplitterten bei dem Aufprall in Hunderte kleiner Eiskristalle.

    Der Kojote indes hatte wertvolle Zeit gewonnen.
    Er hielt den silbernen Knauf seines Gehstocks hoch.
    Die Augen des silbernen Schakals begannen rot zu glühen. Dann berührte der Kojote mit dem Schakalkopf den Türknauf, und mit einem rostigen Knarzen schwang die Tür auf.
    Sie öffnete sich und gab den Blick frei auf eine riesige Höhle, die vereist war.
    Scarlet erkannte von dort, wo wir uns befanden, Kinder, die statt ihrer Augen etwas anderes im Gesicht stecken hatten. Was das war, konnte sie nicht genau erkennen. Es sah so aus, als steckten winzig kleine Spiegelscherben in ihren Augenhöhlen. Aber das konnte nicht sein, oder?
    Virginia Dare jedenfalls trat ohne zu zögern durch die Tür. Sie wurde kurz unscharf, und schon war sie fort.
    »Vorsicht!«, schrie Scarlet mit einem Mal. Sie erschrak selbst über den Laut, der sich ihr entrang.
    Der Kojote schnellte herum.
    Ein Schlafwandler hatte sich ihm unbemerkt genähert. Auf allen vieren war er an ihn herangeschlichen, und jetzt sprang er auf und rannte ihm mit boshaft funkelnden Schneeaugen entgegen.
    Der Kojote reagierte

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