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Die Urth der Neuen Sonne

Die Urth der Neuen Sonne

Titel: Die Urth der Neuen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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mich nach unten zu begeben, fragte ich ihn, ob es nicht klüger wäre anzulegen.
    »Geht nicht, Sieur. Es gibt keinen Hafen zwischen hier und Saltus. Wir würden stranden im Wind, wenn wir versuchten, am Ufer festzumachen, Sieur. Ein Sturm kommt, Herr, jawohl. Wir haben schon schlimmere überstanden, Sieur.« Er flitzte davon, um die Leute am Besanmast zu bearbeiten und den Steuermann mit Obszönitäten zu beschimpfen.
    Ich ging nach vorn. Obwohl ich damit rechnen mußte zu ertrinken, genoß ich den Wind und war recht unbesorgt. Ob mein Leben nun ein Ende fand oder nicht, ich hatte viel erreicht und versagt zugleich. Ich hatte eine Neue Sonne gebracht, deren Ankunft über die weite Kluft des Alls weder ich noch irgend jemand zu meinen Lebzeiten Geborener erleben würde. Sollten wir nach Nessus gelangen, wollte ich meinen Anspruch auf den Phönixthron geltend machen, die Amtsführung des Oberherrn prüfen, der Vater Inire nachgefolgt war (denn ich war mir sicher, daß der von den Dorfbewohnern erwähnte Monarch nicht Inire sein konnte), und ihn belohnen oder bestrafen, wie er’s eben verdiente. Dann würde ich den Rest meines Lebens im sterilen Pomp des Hauses Absolut fristen oder auf grausamen Schlachtfeldern ausharren; und sollte ich je davon berichten, wie ich von meinem Aufstieg berichtet habe, um mich dann der Niederschrift zu entledigen, womit diese Geschichte ihren Anfang genommen hat, so wäre darin kaum etwas Aufregendes zu vermerken, sobald der Ausgang dieser Reise dargelegt wäre.
    Der Wind ließ meinen Mantel wehen wie eine Fahne und das Lateinsegel am Fockmast flattern wie die Flügel eines Riesenvogels, während der sich verjüngende Mastbaum sich immer wieder neigte, um die Stöße abzufedern. Das Focksegel war gerefft, so weit es möglich war, und mit jedem Windstoß strebte die Alcyone dem felsigen Ufer des Gyoll zu wie ein scheuendes Roß. Die Hand am Backstag, beobachtete der Maat das Segel und fluchte so monoton wie eine Drehorgel. Als er mich bemerkte, hielt er sofort inne und fragte: »Kann ich Euch sprechen, Sieur?«
    Er wirkte lächerlich mit der Mütze in der Hand bei dem Wind; ich nickte lächelnd. »Das Focksegel läßt sich wohl mehr nicht reffen, ohne das Steuern noch zu erschweren?«
    Just in dem Moment kam der Sturm mit voller Gewalt über uns. Obwohl so viele Segel gestrichen oder gerefft waren, bekam die Alcyone starke Schlagseite. Als sie sich wieder aufrichtete (denn zur Ehre der Erbauer richtete sie sich wieder auf!), brodelte das Wasser ringsum im Hagel, und das Prasseln der Schloßen auf den Decks war ohrenbetäubend. Der Maat lief unter den Überbau des Sonnendecks. Ich folgte ihm und staunte nicht schlecht, als er sich auf die Knie warf, sobald ich den Unterstand erreichte.
    »Sieur, laßt sie nicht sinken! Ich bitt nicht für mich, Sieur, ich habe eine Frau – zwei kleine Kinder – haben erst letztes Jahr geheiratet, Sieur. Wir …«
    Ich fragte: »Wie kommst du darauf, daß ich euer Schiff retten könnte?«
    »Es ist der Kapitän, nicht wahr, Sieur? Ich kümmere mich um ihn, sobald es dunkel wird.« Er griff nach dem Heft des langen Dolches, der ihm von der Seite hing. »Ich habe ein paar Kameraden, auf die Verlaß ist, Sieur. Ich tu’s – ich schwöre es, Sieur.«
    »Was faselst du da für einen Blödsinn von Meuterei?« erwiderte ich. Wieder lag das Schiff zum Kentern, bis die Großrah untertauchte. »Ich kann weder Sturm rufen noch …«
    Dies sagte ich vor mich hin. Der Maat war auf und davon und im Hagelregen verschwunden. Ich setzte mich abermals auf die schmale Bank, von der ich das Beladen des Schiffes beobachtet hatte. Besser gesagt eilte durchs All, wie ich durchs All eilte, seit Burgundofara und ich auf Yesod in die schwarze Leere unter der wunderlichen Kuppel gesprungen waren; und zugleich ließ ich die Marionette, die ich an Fäden bewegte, mit denen ich halb Briah hätte erdrosseln können, auf der Bank Platz nehmen.
    Nach einem Dutzend oder auch hundert Atemzügen kehrte der Maat mit Herena und Declan zurück. Abermals kniete er nieder, während die beiden andern sich vor mir niederduckten.
    »Gebietet dem Sturm Einhalt, Sieur«, flehte Herena. »Ihr seid gütig zu uns gewesen. Ihr werdet nicht umkommen, während wir sterben – Declan und ich. Ich weiß, wir haben gegen Euch gesündigt, aber wir haben nichts Böses gewollt und bitten um Vergebung.«
    Declan nickte stumm.
    Ich erwiderte darauf: »Starke Gewitterstürme sind nicht ungewöhnlich im Herbst. Er

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