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Die Urth der Neuen Sonne

Die Urth der Neuen Sonne

Titel: Die Urth der Neuen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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Fluß angeln konnten, und nur Flußwasser getrunken. Die Greisin, die Fauna hieß, gab ihnen Met und reife Melonen und Bohnen, weiße, schwarze, rote; und Äpfel, Kirschen und Aprikosen.
    In jener Nacht schliefen sie vor ihrem Feuer; und am Morgen, als sie das Land begingen und von seinen Trauben und Beeren aßen, sahen sie, daß alles, was zum Bau einer großen Stadt nötig wäre, vorhanden war: Steine aus den Bergen ließen sich auf Holzflößen heranschaffen, gutes Wasser gab es im Überfluß und der fruchtbare Boden ließ jedes Samenkorn aufgehen.
    So hielten sie Rat. Der eine drängte darauf, die Greisin zu töten.
    Andere, die mehr Gnade walten ließen, daß man sie lediglich vertreiben solle. Wieder andere schlugen vor, sie durch die eine oder andere List zu täuschen.
    Ihr Führer indes, ein frommer Mann, sagte: »Wenn wir so etwas Böses tun, wird es der Increatus nicht ungestraft hinnehmen, denn sie hat uns freundlich aufgenommen und alles gegeben, was sie hat, außer ihr Land. Dafür wollen wir ihr unser Geld anbieten. Vielleicht nimmt sie es an, weil sie verkennt, was sie besitzt.«
    Also rieben sie jedes Stück Messing und Kupfer blank, füllten ein Säckchen und boten es der Greisin an. Aber sie lehnte ab, weil sie die Heimat liebte.
    »Fesseln wir sie und legen sie in einen ihrer Zuber«, meinte einer. »Dann brauchen wir den Zuber nur in die Strömung zu stoßen, und wir sind sie los. Und wer von uns wird ihr Blut an den Händen haben?«
    Ihr Führer schüttelte das Haupt. »Sicher würde ihr Geist in unsrer Neuen Stadt spuken«, erklärte er ihnen. Und so legten sie ihr Silber zum Geld im Sack und boten es abermals an, aber wieder lehnte die Greisin ab.
    »Sie ist alt«, meinte einer, »und wird nicht ewig leben. Ich will bei ihr bleiben und sie pflegen, während ihr zu euren Familien heimkehrt. Wenn sie tot ist, komme ich gleichfalls heim und überbringe die Nachricht.«
    Hierauf schüttelte der Führer den Kopf, denn er sah Mord in den Augen des Sprechenden; und so legten sie schließlich ihr Gold (wovon sie nicht viel hatten) zum Geld im Sack und boten es gleichfalls der Greisin an. Sie aber, die sie ihre Heimat liebte, lehnte wiederum ab.
    Nun sagte der Führer: »Sag uns, was du haben willst für diesen Platz. Denn wisse, auf die eine oder andre Weise bekommen wir ihn doch und lange kann ich die andern nicht mehr bändigen.«
    Hierauf grübelte die Greisin lange; zuletzt sagte sie: »Wenn ihr eure Stadt erbaut, müßt ihr in der Mitte einen Garten anlegen mit Bäumen, die blühen und Obst tragen und einfachen Kräutern obendrein. Und inmitten dieses Gartens müßt ihr eine Statue von mir aus Pretiosen errichten.«
    Damit waren sie gern einverstanden, und als sie mit ihren Frauen und Kindern an den Ort zurückkehrten, wurde die Greisin nicht mehr gesehen. Ihre Hütte, ihren Taubenschlag und ihren Kaninchenstall zerschlugen sie zu Brennholz und taten sich an den Früchten ihres Gartens gütlich, während sie ihre Stadt erbauten. In der Mitte freilich legten sie, wie sie gelobt hatten, einen Garten an, der zwar klein war, den sie aber, so versprachen sie, nach und nach vergrößern wollten. Inmitten dieses Gartens errichteten sie eine Statue aus bemaltem Holz.
    Jahre verstrichen; die Farbe blätterte ab und das Holz wurde rissig. Unkraut überwucherte die Blumenbeete, obwohl es stets alte Frauen gab, die jäteten und Ringelblumen und Stockrosen pflanzten und Krümel ausstreuten für die Tauben, die auf den Schultern der hölzernen Statue saßen. Die Stadt gab sich einen grandiosen Namen und errichtete Mauern und Türme, gleichwohl es nur niedrige Mauern waren, die Bettelvolk abhielten, während in den leeren Wachstuben der Türme Eulen brüteten. Der grandiose Name wurde weder von Reisenden noch von Bauern benutzt, denn die ersten nannten sie Pestis und letztere Urbis. Dennoch ließen sich viele Kaufleute und Fremde nieder, und so wuchs sie bis zum Fuß der Berge und verkauften die Bauern ihre Felder und Weiden und wurden reich.
    Zuletzt erwarb ein Kaufmann den vergrasten kleinen Garten mitten in der Altstadt und baute Kaufhäuser auf den Blumenbeeten. Er verbrannte die knorrigen alten Apfel- und Maulbeerbäume in seinen Öfen, denn Holz war teuer; und als er die hölzerne Statue verheizte, entwichen ihr Ameisen, die in der Glut zerplatzten.
    Als die Ernte schlecht war, gaben die Stadtväter alles Getreide aus zu einem Preis, der im Vorjahr erzielt worden war; aber dann kam das Jahr einer

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