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Die Urth der Neuen Sonne

Die Urth der Neuen Sonne

Titel: Die Urth der Neuen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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Mißernte: Die Kaufleute wollten wissen, mit welchem Recht die Stadtväter so handelten, wollten sie doch alles noch vorhandene Getreide zum Preis verkaufen, der sich erzielen ließe.
    Durch die Kaufleute ermutigt, stellten auch die vielen Armen der Stadt Forderungen und verlangten kostenloses Brot. Nun besannen sich die Stadtväter darauf, daß ihre Väter ihnen den Namen gelehrt hatten, womit sie die Stadt beherrschten, aber keiner vermochte ihn auszusprechen. Es gab Kämpfe und viele Brände, aber kein Brot, und ehe die letzten Feuersbrünste verloschen, waren viele hinausgezogen, um Beeren zu sammeln und Kaninchen zu jagen.
    Nun liegt die Stadt in Ruinen, sind alle Türme eingefallen; dennoch wohnt noch, so geht das Gerücht, eine Greisin darin, die einen Garten inmitten der geschleiften Mauern gepflanzt hat.
    Während ich leise vor mich hinsagte, was ich hier niederschrieb, war Os beinahe ganz verschwunden; ich indes blieb, wo ich war, auf die Reling des kleinen Achterdecks beim Achtersteven gelehnt, und sah zurück über den glitzernden Strom im Norden und Osten.
    Dieser Abschnitt des Gyoll unterhalb von Thrax, aber vor Nessus gelegen, unterscheidet sich unwahrscheinlich vom Stück hinter Nessus. Obwohl bereits mit dem Schlick aus den Bergen beladen, strömt er zu schnell, um sein Bett zu verstopfen; und somit fließt er, beidseitig von felsigen Hügeln eingeengt, kerzengerade hundert Meilen lang.
    Die Segel hatten uns in die Mitte des Stromes getragen, wo ein Schiff von der Strömung drei Meilen pro Wache befördert wird; hart an den Wind gestellt, ließen sie das Ruder eben noch fassen in den strudelnden Fluten. Am Oberlauf war die Welt schön und heiter und sonnig, obwohl im tiefsten Osten ein dunkler Fleck drohte, der nicht größer als mein Daumen war. Von Zeit zu Zeit ließ die Brise nach, die unsre Segel blähte, so daß die seltsamen steifen Flaggen aufhörten zu flattern und unbelebt von den Masten hingen.
    Ich hatte zwei Seeleute bemerkt, die in der Nähe hockten; vermutlich hatten sie Wache, warteten darauf, falls nötig das Gaffelsegel zu trimmen (unser Besanmast durchstieß das Sonnendeck). Als ich mich endlich umdrehte, um zum Bug zu gehen, schauten sie zu mir auf; und ich erkannte sie.
    »Wir waren ungehorsam, Sieur«, murmelte Declan. »Aber nur, weil wir Euch mehr lieben als unser Leben. Verzeiht uns, wir bitten Euch.« Er konnte mir nicht in die Augen sehen.
    Herena nickte. »Mein Arm brannte darauf, Euch zu folgen, Sieur. Er wird für Euch kochen und waschen und kehren – was immer Ihr wollt.«
    Als ich nichts darauf sagte, fügte sie hinzu: »Es sind nur die Füße, die rebellieren. Sie wollen nicht auf der Stelle treten, wenn Ihr fortgeht.«
    Declan sagte: »Wir haben den Fluch, den Ihr über Os gelegt, gehört. Ich kann nicht schreiben, Sieur, aber ich werde mir alles merken und jemanden finden, der des Schreibens mächtig ist. Euer Fluch über jene böse Stadt wird nicht vergessen werden.«
    Ich setzte mich vor sie aufs Deck. »Es ist nicht immer ratsam, die Heimat zu verlassen.«
    Herena hielt die gewölbte Hand vor – die Hand, die ich geformt hatte – und drehte sie um. »Kann es ratsam sein, den Meister der Urth, wenn man ihn gefunden, zu verlassen? Außerdem hätte man mich verschleppt, wenn ich bei Mutter geblieben wäre. Aber ich würde Euch überallhin folgen, obwohl ein Optimat als Bräutigam auf mich wartet.«
    »Ist mir dein Vater auch gefolgt? Oder sonst jemand? Du kannst nicht bei mir bleiben, wenn du mir nicht die Wahrheit sagst.«
    »Ich würde Euch nie belügen, Sieur. Nein, sonst niemand. Ich hätte sie erkannt.«
    »Bist du mir wirklich gefolgt, Herena? Oder bist du mir mit Declan vorausgeeilt, wie du mir vorausgeeilt bist, nachdem du mich in einem fliegenden Schiff hast landen sehen?«
    Declan meinte: »Sie wollte keinen falschen Eindruck erwecken, Sieur. Sie ist ein braves Mädchen. Es war nur so eine Redensart.«
    »Das weiß ich. Aber seid ihr mir vorausgeeilt?«
    Declan nickte. »Jawohl, Sieur. Herena sagte, die Frau habe tags zuvor erwähnt, daß Ihr nach Os wolltet. Als Ihr nun gestern keinen von uns mitkommen lassen wolltet …« Er machte eine Pause, rieb sich das graubärtige Kinn und überdachte den Entschluß, seinen Geburtsort zu verlassen.
    »… gingen wir voraus, Sieur«, schloß Herena ohne Umschweife. »Ihr sagtet, niemand außer der Frau dürfe euch begleiten und niemand euch folgen. Aber Ihr sagtet nicht, wir dürften nicht nach Os gehen. So

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