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Die Urth der Neuen Sonne

Die Urth der Neuen Sonne

Titel: Die Urth der Neuen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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ich sie reinigen – sie war dreckig wie alles andere, und gelegentlich würden wir bestimmt darauf liegen wollen. Ich trug sie hinaus in den Gang über dem Luftschacht und klopfte sie, bis kein Staub mehr herauskam.
    Dies getan, rollte ich sie wieder ein, um sie in die Kabine zu tragen, als der Wind aus dem Luftschacht einen wilden Schrei herantrug.
     

 
Die Bewohner der Segel
     
    Er kam von unten. Ich spähte über das kaum fingerdicke Geländer und hörte dabei abermals den von Pein und Einsamkeit erfüllten Schrei durch die metallenen Laufstege und metallenen Lagen aus metallenen Kabinen hallen.
    Als ich ihn vernahm, glaubte ich im ersten Moment, daß es mein eigener Schrei wäre, glaubte, daß etwas, das ich in mir trug seit jenem stillen dunklen Morgen, als ich mit dem Aquastor Meister Malrubius über den Strand spazierte und den Aquastor Triskele sich in glitzernden Staub auflösen sah, sich freigesetzt und von mir losgelöst habe und daß es drunten warte im diffusen Dämmerlicht.
    Ich war versucht, über das Geländer zu springen, denn noch ahnte ich nichts von der Tiefe des Schachts. Dann aber warf ich die Matratze in die Tür meiner neuen Kabine und stieg die schmale Wendeltreppe hinunter, indem ich von Absatz zu Absatz hüpfte. Von oben hatte der abgrundtiefe Schacht, in dem der wunderliche Schein der gelben Lampen nichts auszurichten vermochte, undurchsichtig gewirkt. Ich hatte geglaubt, diese Undurchsichtigkeit werde sich legen, wenn ich erst unten wäre – aber statt dessen verdichtete sie sich nur, bis sie mich an Baldanders Nebelkammer erinnerte, deren Intensität sie freilich nicht erreichte. Die strudelnde Luft wurde zudem wärmer, und vielleicht rührte der Dunst, der alles verhüllte, nur daher, daß die feuchtwarme Luft aus dem Schiffsbauch sich mit der kühleren Luft der oberen Stockwerke vermengte. Bald schwitzte ich in dem samtenen Hemd.
    Hier standen die Türen vieler Kabinen offen, während die Kabinen selbst dunkel waren. Das Schiff, so schien es mir, hatte vielleicht einmal eine größere Besatzung gehabt oder zum Transport von Gefangenen (die Kabinen wären gute Zellen, falls die Schlösser anders instruiert wären) oder Soldaten gedient.
    Wieder ertönte der Schrei und mit ihm ein Getöse wie von einem Hammer auf dem Amboß, obwohl darin ein Klang mitschwang, der mir verriet, daß es aus keiner Esse, sondern aus einem Mund aus Fleisch und Blut stammte. In einer Feste in den Bergen vernommen, hätte es wohl grausiger als das Heulen des grimmigen Wolfes geklungen. Es war voller Trauer und Gram und Einsamkeit und Grauen und Schrecken!
    Während ich innehielt, um zu verschnaufen, sah ich mich um. Tiere, so hatte ich den Eindruck, waren weiter drunten in den Kabinen eingesperrt. Oder aber Irre, wie wir Folterer Klienten, die der Schmerz um den Verstand brachte, im dritten Geschoß unsrer Oubliette verwahrt hatten. Ob jede Tür geschlossen war? Mochte die eine oder andere Kreatur nicht frei herumlaufen und durch bloße Menschenscheu die oberen Geschosse meiden? Ich zog meine Pistole und vergewisserte mich, daß sie auf kleinste Leistung eingestellt und voll aufgeladen war.
    Der erste Blick auf das Vivarium drunten bestätigte meine schlimmsten Befürchtungen. Schmächtige Bäume standen zitternd am Rande eines Gletschers, ein Wasserfall ergoß sich murmelnd, eine Düne reckte den sterilen gelben Kamm, und dazwischen lungerten an die vierzig Tiere herum. Ich beobachtete sie ein Dutzend Atemzüge lang und kam zum Schluß, daß sie trotzdem eingesperrt seien, worüber ich mir erst nach fünfzig weiteren Atemzügen sicher war. Jedes besaß ein eigenes Gehege, bald groß, bald klein, und war ebenso von den andern isoliert wie die Tiere im Bärenturm. Welch ein Sammelsurium! Würde man jeden Sumpf und Wald auf Urth nach Kuriositäten durchkämmen, so brächte man keine solche Sammlung zusammen. Die einen schnatterten, die andern stierten, die meisten lagen wie im Koma darnieder.
    Ich steckte meine Pistole ins Halfter und rief: »Wer hat gebrüllt?«
    Das fragte ich nur zum Scherz, dennoch erhielt ich Antwort: ein Wimmern aus dem hinteren Teil des Vivariums. Ich schritt vorsichtig durch die Tiere hindurch auf einem schmalen, kaum erkennbaren Pfad, den, wie ich hernach erfuhr, die Matrosen ausgetreten hatten, die zum Füttern der Tiere abkommandiert waren.
    Es war das zottige Tier, das wir im Frachtraum eingefangen hatten, und ich betrachtete es nicht ohne Wiedersehensfreude. Ich war viel

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