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Die Urth der Neuen Sonne

Die Urth der Neuen Sonne

Titel: Die Urth der Neuen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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auf. Ich ging zurück zur (vermeintlichen) Stelle, wo ich mich verlaufen hatte, und begann abermals. Fast unverzüglich fand ich mich auf einer breiten geraden Treppe Wieder, wie Idas sie als Aufgang zur Kombüse beschrieben hatte. Ich vermutete, bei meinem Irrgang weit vom beschriebenen Weg abgekommen zu sein, und schritt guter Dinge weiter.
    An den Verhältnissen des Schiffes gemessen, war es ein vergleichsweise breiter und zugiger Aufgang. Sicherlich wurde er direkt von der Maschine mit Luft versorgt, die sie filterte und verteilte, denn sie duftete wie eine Brise aus dem Süden im Frühjahr. Der Boden bestand weder aus dem eigenartigen Gras, das ich gesehen hatte, noch aus den Gitterrosten, die mir inzwischen zuwider waren, sondern aus poliertem Holz mit dicker Klarlackversiegelung. Die Wände, in den Mannschaftsquartieren in einem tödlichen Dunkelgrau, waren hier weiß, und ein-, zweimal passierte ich gepolsterte Bänke an der Wand.
    Der Gang machte Wendungen, und es kam mir vor, als bewegte ich mich ganz geringfügig nach oben, obwohl das Gewicht, das ich mit jedem Schritt trug, so gering war, daß ich mir nicht sicher sein konnte. Es hingen Bilder an der Wand, und einige der Bilder bewegten sich: da war ein Bild unseres Schiffes, aus großer Ferne gemalt; unwillkürlich hielt ich inne und schauderte, als ich bedachte, daß auch ich es um ein Haar aus dieser Perspektive gesehen hätte.
    Eine weitere Biegung – die keine Biegung war, sondern das Ende des Ganges in einem Kreis von Türen. Wahllos tat ich eine auf und trat in einen schmalen Korridor, der so dunkel war, daß ich nach dem hellen Gang nur Lichter an der Decke ausmachen konnte.
    Nach einem Moment merkte ich, daß ich eine Luke passiert hatte, die erste Luke seit der Rückkehr ins Schiff; noch immer nicht ganz frei von der Furcht, die mich erfaßt hatte, als ich das schaurig-schöne Bild sah, zog ich im Gehen mein Halsband hervor und vergewisserte mich, daß es unbeschädigt war.
    Der Korridor führte um zwei Biegungen, gabelte sich und wand sich schließlich wie eine Schlange.
    Eine Tür flog auf, als ich vorbeiging, und ließ Bratenduft entweichen. Eine Stimme, die tonlose Automatenstimme eines Schlosses, sagte: »Willkommen daheim, Herr.« Ich sah durch die Tür, daß es meine Kabine war. Natürlich nicht die Kabine, die ich mir in den Mannschaftsquartieren zugelegt hatte, sondern das Prunkgemach, das ich vor ein, zwei Wachen verlassen hatte, um die bleierne Schatulle ins mächtige Licht des neu entstehenden Universums zu werfen.
     

 
Der Held und die Hierodulen
     
    Der Steward hatte mein Mahl gebracht und auf den Tisch gestellt, als er mich in meiner Prunkkabine nicht vorfand. Das Fleisch war noch warm unter der Glocke; ich verschlang es gierig und dazu frisches Brot mit gesalzener Butter, Knollensellerie und Schwarzwurzeln und Rotwein. Anschließend zog ich mich aus, wusch mich und schlief.
    Er rüttelte mich an der Schulter wach. Es war zwar sonderbar, aber als ich – der Autarch der Urth – an Bord des Schiffes kam, war er mir kaum aufgefallen, obwohl er mein Essen auftrug und mir willfährig den einen oder andern kleinen Wunsch erfüllte; sicherlich bewirkte nämliche Willfährigkeit, daß ich, was er nicht verdiente, kaum von ihm Notiz nahm. Nachdem ich nun selbst der Mannschaft angehört hatte, bekam er quasi ein anderes Gesicht.
    Dieses sah gerade auf mich herab, ein schlichtes, aber nicht unintelligentes Gesicht mit Augen, die vor verhaltener Aufregung leuchteten. »Es will dich jemand sprechen, Autarch«, flüsterte er.
    Ich setzte mich auf. »Und deshalb weckst du mich?«
    »Ja, Autarch.«
    »Der Kapitän vielleicht.« Sollte ich für meinen Ausflug auf Deck gerügt werden? Das Halsband war für Notfälle bestimmt; dennoch war’s unwahrscheinlich.
    »Nein, Autarch. Unser Kapitän hat dich bestimmt gesehen. Drei Hierodulen, Autarch.«
    »So?« Ich rang um Zeit. »Ist das die Stimme des Kapitäns, die ich hie und da in den Korridoren höre? Wann hat er mich gesehen? Ich erinnere mich nicht, ihn gesehen zu haben.«
    »Weiß nicht, Autarch. Aber unser Kapitän hat dich bestimmt gesehen. Schon oft. Unser Kapitän sieht alle.«
    »Soso.« Ich zog ein frisches Hemd an, während ich den versteckten Hinweis verdaute, daß es innerhalb dieses Schiffes ein geheimes Schiff gebe, wie es auch im Hause Absolut ein Geheimes Haus gab. »Das wird ihn bei seiner andern Arbeit stören.«
    »Glaube ich nicht, Autarch. Sie warten draußen –

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