Die Urth der Neuen Sonne
Welten, schön wie die hier oder noch schöner. Und Sonnen dazu, sollte Bedarf für weitere Sonnen entstehen. So sind sie für uns denn bereits da. Die Zeit läuft, während wir noch fragen hier, und wir mögen ihr Licht.«
»Die Zeit läuft nicht, während ich hier frage.« Ich setzte mich auf den Diwan und streckte das schmerzende Bein aus.
»Noch nicht«, sagte sie. Und dann: »Du hast ein lahmes Bein, Autarch.«
»Das wird dir nicht erst jetzt aufgefallen sein.«
»Schon, aber ich suche nach einer Möglichkeit, dir zu erklären, daß auch für dich die Zeit wie für uns laufen wird. Du hast jetzt ein lahmes Bein, aber wenn du die Neue Sonne zur Urth bringst, so wird sich das ändern.«
»Ihr Hierarchen seid wahre Magier. Ihr bringt mehr fertig als jene, die ich einmal kennengelernt habe, aber Magier seid und bleibt ihr. Ihr redet von allerlei Wundern, aber mögen eure Flüche auch sitzen, so habe ich den Eindruck, daß euer Lohn falsches Gold ist, das zwischen den Fingern zu Staub zerfällt.«
»Du mißverstehst uns«, erwiderte sie. »Und obschon wir soviel mehr wissen als du, ist unser Gold echtes Gold, das wir wie jedes echte Gold oft unter Einsatz unseres Lebens gewinnen.«
»Dann habt ihr euch im eigenen Labyrinth verlaufen, und kein Wunder. Ich hatte einmal die Gabe, solche Gebrechen zu heilen – manchmal zumindest.« Und ich erzählte ihr vom kranken Mädchen in der Hütte zu Thrax und vom Ulan auf der grünen Straße und von Triskele; und zuletzt erzählte ich ihr, wie ich den toten Steward vor meiner Tür gefunden hatte.
»Wenn ich mich an einer Lösung des Rätsels versuchen soll, so mußt du verstehen, daß ich genau wie du, nicht alle Geheimnisse von eurem Briah kenne, obwohl ich mich damit vertraut gemacht habe. Sie nehmen kein Ende.«
»Ich verstehe«, sagte ich. »Allerdings glaubte ich auf dem Schiff, daß wir ans Ende von Briah gestoßen seien, als wir hierherkamen.«
»Soso, aber wenn du ein Haus durch eine Tür betrittst und durch eine zweite verläßt, so kennst du deshalb nicht sämtliche Geheimnisse des Hauses.« Ich nickte, während ich ihre nackte Schönheit unterm Tuch pulsieren sah und mir, um die Wahrheit zu sagen, wünschte, sie würde einen weniger starken Einfluß auf mich ausüben.
»Du hast unser Meer gesehen. Hast du auch die Wellen dort gesehen? Was würdest du sagen, wenn dir jemand erzählen wollte, du hättest keine Wellen gesehen, sondern bloß Wasser?«
»Daß es keinen Zweck hat, sich mit Idioten zu streiten. Der Klügere gibt nach.«
»Was du Zeit nennst, besteht aus solchen Wellen, und wie die Wellen, die du gesehen hast, im Wasser existieren, so existiert die Zeit in der Materie. Die Wellen wandern zum Ufer, aber wirfst du einen Kiesel ins Wasser, so rollen neue Wellen, die ein Hundertstel oder Tausendstel der Kraft der alten haben, ins Meer hinaus, und werden von den Wellen dort registriert.«
»Verstehe.«
»Ebenso macht sich das Kommende in der Vergangenheit bemerkbar. Ein Kind, aus dem ein kluger Kopf wird, ist als Kind schon klug; und viele, die dem Untergang geweiht sind, haben Züge, die vom Untergang gezeichnet sind, so daß jene, die in die Zukunft schauen können, und sei es nur ein kurzes Stück, es bemerken und die Augen abwenden.«
»Sind wir nicht alle dem Untergang geweiht?«
»Nein, aber das ist eine andere Frage. Vielleicht gelingt es dir, eine neue Sonne zu meistern. Wenn ja, so kannst du ihre Energie benutzen, obwohl sie nur existieren wird, wenn du hier triumphierst, du und deine Urth. Aber wie der Knabe den Mann erahnen läßt, so hat dich ein Anflug jener Gabe durch die Korridore der Zeit erreicht. Ich kann nicht sagen, was du benutzt hast, solange du auf Urth gewesen bist. Zum Teil hat es sicherlich in dir selbst gesteckt. Aber nicht alles, nicht einmal der Großteil konnte von dir stammen, denn sonst wäre es mit dir zu Ende gegangen. Vielleicht stammte es von deiner Welt oder von ihrer alten Sonne. Als du auf dem Schiff warst und keine Welt und keine Sonne mehr zur Hand war, nahmst du dir vom Schiff selbst, was er hergab, so daß es beinahe zum Schiffbruch kam. Aber selbst das war nicht genug.«
»Und die Klaue des Schlichters, hatte die gar keine Macht?«
»Zeig her!« Sie streckte mir die schimmernde Hand entgegen.
»Sie wurde vor langer Zeit von den Waffen der Ascier zerstört«, erklärte ich ihr.
Apheta sah mich stumm an; und nach einem Herzschlag sah ich, daß sie auf meine Brust blickte, wo ich in einem Beutelchen,
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