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Die Vagabundin

Die Vagabundin

Titel: Die Vagabundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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jedenfalls, nicht auffallen, wenn sie verschwand.
    «Geht ihr nur schon vor», sagte sie zu Hannes, nachdem der Altgeselle das Badgeld verteilt hatte. «Ich kenn ja den Weg.»
    «Ist gut. Bis später dann.»
    Als es im Schankraum still wurde, lieh sie sich von Bröcklin, dem Herbergsvater, Papier und Federkiel und schrieb eine kurze Nachricht: In herzlichen Worten bedankte sie sich bei Bröcklin und Meister Sick für die Gastfreundschaft, aber nun müsse sie überraschend fort. Das Blatt faltete sie rasch zusammen, ehe der neugierige Wirt ihr über die Schulter schauen konnte, und hastete hinauf in die Schlafkammer. Dort legte sie den Brief auf ihr Bett. Jetzt war nur noch eines wichtig: Sie musste die Ruhe bewahren.
    Um vom
Goldenen Rad
zum Straußbad am Weinmarkt zu gelangen, musste sie die halbe Stadt durchqueren. Der Morgen war kühl, dichte Wolken deuteten auf Regen hin. Eva fröstelte. Von weitem schon sah sie die Rauchsäule aus den beiden Kaminen quellen, die beiden Torflügel waren einladend geöffnet. Der Gedanke, sich im warmen Wasser aufzuwärmen, war verlockend. Andererseits würde sie die zwei Pfennige Badgeld unterwegs gut brauchen können.
    Unschlüssig betrat sie den Vorraum. Durch die halboffene Tür zu ihrer Linken konnte man in eine Trinkstube sehen, inder man sich nach dem Bad zum Essen und Zechen einfand. Jetzt war der Raum allerdings noch gähnend leer. Durch den Rundbogen geradeaus kam man treppabwärts in das eigentliche Badhaus. Eva hörte das ausgelassene Johlen und Lachen ihrer Zunftgenossen, als ihr Blick auf die Bank neben der Treppe fiel: Ordentlich nebeneinander lagen dort ein buntgestreiftes Kopf und Schultertuch und ein langer Frauenumhang. Im Saum des Umhangs befand sich ein hässlicher Riss.
    Die Badhüterin kam die Treppe herauf.
    «Du musst der Adam Portner sein», begrüßte sie ihn.
    «Woher wisst Ihr?»
    «Weil du doch bekannt bist wie ein bunter Hund. Hier, das müsst dir passen.»
    Sie zog ein Badhemd vom Stapel.
    «Ist das da Euer Umhang?»
    «Ja, warum fragst?»
    «Ich könnte ihn Euch nähen, übers Wochenende.»
    «Das wär nett von dir. Dafür erlass ich dir deinen Obolus. Aber verrat’s nicht weiter.» Sie zwinkerte ihm zu.
    In diesem Augenblick brüllte es von unten: «Ja, Grutzefix, was soll das? Das Badwasser ist ja hundekalt!»
    «Himmel, dieser Schürknecht. Zum Teufel sollte man den jagen.» Die Badhüterin reichte ihr das Hemd. «Zieh dich schon mal um, in der Kammer gleich unten links.»
    Sie hastete wieder die Treppe hinunter. Eva zögerte keinen Augenblick. Kopftuch und Umhang waren besser als gar nichts. Achtlos warf sie das Hemd zurück auf den Stapel, packte die Kleider der Badhüterin und stürzte nach draußen. Mit ihrem Bündel unter dem Arm durchquerte sie die Stadt, musste sich mit aller Macht zwingen, langsam zu gehen, um keinen Verdacht zu erregen. Endlich erreichte sie das Löpsinger Tor, von wo es gegen Nürnberg ging und damit zu Moritz nach Oettingen.
    Im Schutz einer Hofeinfahrt wartete Eva, bis ein Fuhrwerk Einlass in die Stadt begehrte und die beiden Torhüter damit beschäftigt waren, die Ladung zu inspizieren. Die Bretter der Zugbrücke knarrten unter ihren Füßen, als sie gemessenen Schrittes an den Männern vorbeimarschierte. Sie grüßte mit einem freundlichen Nicken, dann hatte sie die steinerne Brücke, die den Graben überspannte, hinter sich gelassen.
    Eva atmete tief durch. Sie hatte es geschafft. Vor ihr lagen die verdorrten Wiesen der städtischen Bleiche, dahinter verlor sich die Straße in der Weite des Ries. Wenn sie sich beeilte, würde sie noch vor dem Abendläuten Oettingen erreichen.
    Sie war keine halbe Stunde gewandert, als sie hinter sich Hufgetrappel hörte. Mit gesenktem Kopf schritt sie voran, wandte sich auch nicht um, als die beiden Pferde an ihr vorbeipreschten und direkt vor ihr auf dem Weg die Beine in den Boden stemmten. Eh sie sich’s versah, waren die Reiter abgesprungen und packten sie grob beim Arm.
    «Adam Portner! Haben wir das Vögelchen also erwischt», donnerte der eine und stieß mit dem Fuß gegen das Kleiderbündel, das ihr aus dem Arm gefallen war. «Erst die Badhüterin beklauen und dann den Abflug machen.»
    «Es ist nicht, wie Ihr denkt», stotterte Eva. Ihr wurde abwechselnd heiß und kalt. Die beiden Männer waren städtische Grabenreiter, das erkannte sie auf einen Blick. «Ich wollt nur spazieren gehen. Einmal nur raus aus der Stadt.»
    Sie sah die beiden flehentlich an. «Ich weiß, ich

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