Die Vampir-Brüder
sie wusste nicht, ob sie es verhindern sollte.
Okay, sie konnte gegen die Scheibe schlagen und auf sich aufmerksam machen, aber sie war keine Selbstmörderin. Auf der anderen Seite würde der Unhold sich vielleicht nur einen Schluck jeweils holen. Auch der Glöckner war noch nicht zu einem Untoten geworden, auch wenn sich an seinem Hals ebenfalls die Bissmale abzeichneten. Die beiden Brüder schienen sie langsam in den endlosen Tod zu schicken.
Den Mann erreichte der Vampir als erster. Er drehte den Kopf. Das erlebte Sheila noch, dann wurde ihr die Sicht durch den Rücken des Eindringlings genommen, der sich zu dem Mann hinuntergebeugt hatte.
Er trank!
Sheila schloss die Augen. Hitze stieg ihr in den Kopf. Sie kam sich in diesem Moment so schäbig und auch so feige vor, weil sie nichts unternahm. Hätte sie eine entsprechende Waffe besessen, wäre alles anders gewesen.
Sie schaute wieder hin.
Der Mann saß noch immer im Sessel. Der Blutsauger hatte sich erhoben und sich dabei gedreht, sodass Sheila ihn im Profil sehen konnte.
Etwas später wischte er sich die Lippen ab. Das Blut von dort klebte jetzt auf seinem Handrücken, und mit schnellen Zungenbewegungen leckte er es weg.
Dann drehte er sich wieder.
Sheila tauchte ab. Er hätte bei seiner Drehung auch durch das Fenster schauen können. Und eine Entdeckung wollte sie auf keinen Fall riskieren.
Sie zählte leise bis zehn. Danach erst traute sie sich wieder, den Körper in die Höhe zu drücken.
Der Vampir stand vor der Couch. Er hatte sich schon gebückt, um sich um die Frauen zu kümmern. Die ältere hielt den Kopf bereits gedreht und präsentierte ihre Bissstellen. Sie wollte, dass der Untote ihren Lebenssaft zuerst genoss.
Er kniete sich vor die beiden Frauen. Mit seinen langen Armen fasste er zu und holte sie in seine Nähe. Sein hässliches Gesicht wurde von den beiden Frauenköpfen eingerahmt, und er brauchte sich nicht anzustrengen, um die spitzen Zähne in die dünne Haut zu schlagen. Er begann bei der Jüngeren und nahm sich deren rechte Halsseite vor. Die Frau zuckte zusammen, als sie den Biss spürte, und Sheila’s Hände ballten sich zu Fäusten. Es war beinahe zu viel für sie, was sie da mitansehen musste.
Der Wiedergänger genoss seine Mahlzeit. Der weit aufgerissene Mund klebte förmlich am Hals der Frau, und er trank das Blut wie ein Verdurstender das Wasser.
Aber er blieb nicht an ihr hängen, denn da gab es noch eine zweite Person.
Auch die ältere Frau hatte schon auf ihn gewartet. Ihr Körper war hager und schlaff. Die Haut am Hals hing nach unten wie die eines Huhns.
Er ließ trotzdem nicht von ihr ab.
Diesmal schien er das Blut tief aus dem Körper zu holen, denn er zuckte beim Saugen jedes Mal zusammen. Schließlich löste er sich vom Hals der Frau und schleuderte seinen Kopf zurück. Einige rote Tropfen flogen umher und landeten auf dem dunklen Teppich.
Wieder wischte der Vampir über seinen Mund – und drehte sich dabei blitzschnell herum.
Sheila tauchte nicht mehr rechtzeitig genug weg. Der Untote glotzte sie an.
Es war ein höllisches Spiel innerhalb von Sekunden. Sheila fühlte sich durch den Blick gebannt. Sie konnte ihre Beine nicht mehr bewegen, sie schaute durch die Scheibe und hörte ihren Herzschlag wie verrückt pumpen.
Der Untote verzog die Lippen. Er grinste böse. Blut klebte in seinem Gesicht, und die Augen sahen aus wie helle Kugeln, in denen sich das Grauen abmalte.
Dann ging er.
Sheila wunderte sich nicht mal, wie schnell er sich plötzlich bewegen konnte. Da war nichts mehr von einer Steifheit zu sehen. Er räumte auf dem Weg zum Fenster einen kleinen Nähtisch zur Seite, den er in Richtung Tür schleuderte.
Augenblicke später füllte seine grässliche Gestalt den Rahmen des Fensters aus, und dann sah Sheila, wie er die rechte Hand zur Faust ballte und mit dem Arm ausholte.
Ihr war klar, was er wollte.
Und sie reagierte im letzten Augenblick. Sie fiel in die Knie, als hätte man ihr die Beine unter dem Körper weggeschlagen. Noch auf dem Weg nach unten hörte Sheila, wie über ihr die Scheibe zerbrach. Glas regnete über die hinweg. Eine Hand und ein Arm beugten sich nach unten, um sie fassen zu können.
Als die Finger ihr Haar berührten, da erwachte sie aus ihrer Erstarrung.
Sie warf sich nach hinten. Die Hand konnte nicht mehr nachfassen, und Sheila rollte über den kalten Boden hinweg. Der Lebenswille und der Widerstand waren erwacht. Sie kam auf die Beine. Dabei sah sie, wie der Vampir
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