Die Vampir-Dschunke
versteckt gehalten. Jetzt ließ sie sich nach unten fallen, und sie hätte mich erwischt, wäre ich nicht zur Seite gesprungen. So krachte der Körper schräg vor mir auf die Planken, die sogar zitterten und kurz vor dem Brechen standen.
Die Gestalt war in sich zusammengesackt. Jetzt kam sie wieder hoch, und ich stand zum ersten Mal einem dieser alten chinesischen Vampire gegenüber...
***
Ein Schock war es für mich nicht. Überraschungen war ich gewöhnt, auch solche. Da ich noch meine Lampe festhielt und den Strahl gegen die Gestalt schwenkte, war sie gut zu erkennen. Ich hatte zudem das Gesicht getroffen, das sehr flach war. Die kleine Nase trat kaum hervor, der Mund wirkte wie ein breiter Strich, die beiden Lippen unterschieden sich kaum, und die Ohren lagen so flach an, als wären sie dort festgeklebt worden.
Den Mund hielt der Blutsauger auch in den nächsten Sekunden geschlossen. Dafür griff er nach seinem Säbel, den er an seiner Kleidung festgeknotet hatte.
Auch wenn das Ding nicht glänzte und Rost angesetzt hatte – töten konnte man einen Menschen damit immer noch!
Jetzt blieb auch der Mund nicht länger geschlossen. Zwei spitze Zähne zeigte er und bewies damit die Gier nach Blut. Er fauchte mich an, sprang auf mich zu und schwang seinen Säbel hoch.
Ich hatte keine Zeit mehr, meine Waffe zu ziehen. Dafür schleuderte ich ihm meine Lampe entgegen, die mitten in sein Gesicht prallte und ihn irritierte.
Bevor sich die Gestalt wieder fangen konnte, war ich hinter ihr. Beide Hände drosch ich ihr in den Nacken und brachte sie zu Fall.
Der Vampir schlug auf die Planken. Prallte mit dem ungeschützten Gesicht dagegen, und ich hörte, dass etwas brach. Aber er war nicht erledigt. Die Waffe besaß er noch, und die schwang er im Kreis, als er auf die Beine kam.
Ich ließ die Beretta auch jetzt stecken. Es war wichtig, keine Munition zu verschwenden, denn ich wusste nicht, wie viele Gegner noch auf mich lauerten.
Er griff wieder an.
Ich wich zurück, um die Distanz zwischen uns gleich zu halten. Der Säbel malte Kreise über seinem Kopf. Ich wurde als unbewaffnetes Opfer angesehen und tat auch nichts, um mich zu wehren.
Dafür verschwand ich zur rechten Zeit hinter dem Mast. Er hatte noch mal kräftig ausgeholt und zugeschlagen.
Er traf.
Nur nicht mich, sondern der Mast. Mit großer Wucht hieb er den Säbel dort hinein. Der Mast schien zu zittern, die Klinge steckte im Holz.
Der Vampir griff auch mit der Linken zu. Er wollte seine Waffe wieder hervorziehen, da erwischte ihn mein Tritt in den Unterleib.
Die Wucht fegte ihn zurück. Er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten und rutschte über die feuchten Planken hinweg. Um mich konnte er sich nicht mehr kümmern.
Mit einer heftigen Bewegung riss ich die Waffe aus dem Holz. Ich hatte jetzt das, was ich brauchte, und diesmal war ich derjenige, der attackierte.
Mit meiner Schnelligkeit hätte das Wesen nicht gerechnet. Es war noch dabei, auf die Beine zu kommen, als ich es erwischte. Ich kannte die Regeln und wusste, wie die Gestalt für alle Zeiten von der Erde getilgt werden konnte.
Den Schlag führte ich so wuchtig, dass die Klinge pfiff.
Im nächsten Moment tanzte der Kopf durch die Luft. Die Klinge war trotz des Rostes in der Lage gewesen, den Schädel vom Körper zu trennen. Der Kopf flog so weit weg, dass er über das Schanzkleid hinweg von Bord fiel und irgendwo aufklatschte.
Es schoss keine Blutfontäne aus dem Körper. Da gab es nichts an Flüssigkeit. Die Gestalt musste völlig ausgetrocknet sein. Ich schlug noch mal zu und trieb den Körper auf die Planken, bevor dieser selbst fallen konnte.
Ein Gegner weniger.
Ich ging zu meiner Lampe und steckte sie wieder ein. Sie hatte den Fall problemlos überstanden.
Tief atmete ich durch. Um meine Lippen hatte sich ein Lächeln gelegt. Ich war bereit, das Schiff zu verlassen und den Kampf wieder aufzunehmen.
War es die einzige Gestalt gewesen, die auf mich gewartet hat? Eine zweite zeigte sich zumindest nicht, und so ging ich davon aus, dass das der Fall war. Man hatte ihn als Wachtposten hinterlassen. Am Mast befand sich sicherlich ein Ausguck, und so hatte die Gestalt sogar erkennen können, wie ich mich auf den Weg gemacht hatte.
Die Dschunke interessierte mich nicht mehr. Jetzt war es zunächst wichtig, von Bord zu gehen und die verdammte Brut zu finden. Ich trat an die Reling und warf einen forschenden Blick nach unten. Mir kam entgegen, dass auch hier die Taue herabhingen.
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