Die Vampirjaegerin
aus. Stattdessen ging er auf die Frau zu, die gerade aus dem Lamborghini stieg. Ihre langen Beine steckten in schwarzen Stiefeln aus Wildleder, die bis über die Knie reichten und in die sie eine schwarze Hose gesteckt hatte. Die altmodischen Stiefel bildeten einen starken Kontrast zu ihrer modischen Bluse, deren Weinrot Turquoise an die Farbe eines besonders bösartigen blauen Flecks erinnerte.
»Nathaniel«, begrüßte die Frau ihn. Ihre Stimme klang nicht gerade freundlich, enthielt aber auch keine offene Drohung.
»Ich dachte, du hättest dich entschlossen, dich in Jaguars Projekt nicht einzumischen«, gab Nathaniel zurück und nickte in Richtung des Hauptgebäudes.
»Das hatte ich auch vor«, antwortete sie trocken. »Aber Jaguars Spielchen sind seit einiger Zeit nicht mehr witzig.«
»Warum?«
»Dieser Ort ist eine Farce!« Sie schüttelte angewidert den Kopf, und ihr Blick fiel auf Ravyn und Turquoise, die im Auto warteten. »Die da kommt mir bekannt vor ...«
Turquoises Herz schien auszusetzen. Der Name war ihr fremd gewesen, doch vom Sehen her kannte sie die Frau. Mistress Jeshickah war häufig Gast im Haus ihres früheren Peinigers gewesen. Sie war die einzige Kreatur auf der Welt, die zu fürchten Lord Daryl zugab. Zu spät fiel Turquoise ein, wo sie das alte Gemälde schon einmal gesehen hatte: Es war in Lord Daryls Haus gewesen, es hing in seinem Büro.
Jeshickahs Blick war jedoch auf Ravyn geheftet.
»Das war doch Jareds kleiner Liebling, nicht wahr?«
»Schon möglich.« Nathaniel sah Ravyn abwesend an. »Ich kann mich allerdings an eine wie sie nicht erinnern.«
Ravyn hatte während der Unterhaltung nur die Wagentür angesehen. Ihren Gesichtsausdruck konnte sie allerdings nicht unter Kontrolle halten.
»Sie ist nicht gebrochen«, stellte Jeshickah fest.
»Nicht ganz«, gab Nathaniel zu. »Ich dachte, das würde Jaguar Spaß machen.
Ich wollte ihm die Mädchen persönlich anbieten.«
»Es gab eine Zeit, da hättest du sie für dich selbst behalten«, antwortete Jeshickah. Turquoise sah, wie Nathaniels Gesichtsausdruck zu einer leeren, unlesbaren Maske erstarrte. Die Worte hatten seinen Nerv getroffen.
»Jaguar ist in so etwas viel besser, als ich es je gewesen bin«, meinte er.
Jeshickah grummelte leise etwas sehr Unschmeichelhaftes, laut jedoch sagte sie:
»Der kleine Kater hatte Talent, aber ich glaube, die Zeit hat sein Gehirn aufge-weicht. Ich denke, ich komme mit und sehe mir an, was er mit dem hübschen Paar macht. Jaguar wird mit ihrem Stolz bestimmt fertig.«
Sie seufzte und fügte mit bedauernder Entschlossenheit hinzu: »Oder auch nicht; dann werde ich ihm das mitfühlende Herz herausreißen, das er in letzter Zeit bekommen hat, und ihn zwingen, es zu fressen.«
Die letzten Worte sagte sie fröhlich und mit einem Lächeln, als sie sie nach Midnight führte. Sie sah sich nicht einmal um, um festzustellen, ob Nathaniel ihren Befehlen Folge leistete.
»Ihr zwei, kommt mit!«, befahl Nathaniel Turquoise und Ravyn. Sein Ton ähnelte stark dem von Jeshickah, als sie mit ihm geredet hatte, und wie der Händler ihr gehorcht hatte, so gehorchten die Jägerinnen jetzt ihm.
Kapitel 5
Die Absätze von Jeshickahs Stiefeln knallten scharf auf den Marmorplatten des Weges. Turquoise zwang sich, nicht bei jedem Ton zusammenzuzucken. Es war ein Klang, der jedem verhasst war, der ihn zu lang hatte hören müssen.
Die imposante geschnitzte Tür wurde von einem Jungen geöffnet, der nicht älter als vierzehn sein konnte. Er ging hinaus und erstarrte, als er Jeshickah erblickte.
Sein letzter Schritt wurde zu einem Stolpern, und Turquoise zuckte zusammen, als sie hörte, wie schließlich seine Knie auf den Marmor aufschlugen. Er tat, als ob er aufstehen wollte, besann sich dann jedoch eines Besseren.
Jeshickah sah den Jungen wie einen kränklichen Hund an.
»Kann ich Ihnen helfen, Milady?« Seine Stimme war sanft und er heftete seinen Blick konzentriert auf den Boden.
»Steh auf und geh mir aus dem Weg«, schlug sie vor. Vorsichtig erhob sich der Junge und glitt beiseite, wobei er den Blick nicht hob. Er wartete, bis Jeshickah, Nathaniel, Ravyn und Turquoise vorübergegangen waren, bevor er hinter ihnen herschlich.
»Räudiger Bastard«, murmelte Jeshickah. Sie ignorierte den Jungen, der ihnen folgte, und sprach nur mit Nathaniel.
»Sein Name ist Eric. Jaguar behandelt ihn wie einen Sohn, lässt ihn im Gebäude und auf dem Gelände frei herumlaufen und sogar in die Stadt gehen, wenn
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