Die Vampirjaegerin
sprach.
Das Dekor in diesem Flügel war ebenso elegant wie in Jaguars Wohnzimmer, wenn auch nicht ganz so dunkel. Die Eichenholzvertäfelung und das Paneel aus dem Nordflügel setzten sich hier fort, aber die Böden waren aus poliertem Holz und die Wände in einem hellen honigfarbenen Beige strukturiert, wahrscheinlich mit einem Schwamm. Turquoise stellte sich amüsiert vor, wie ein Vampir eine Wand mit einem Schwamm bearbeitete. Aber natürlich war diese Arbeit von menschlichen Sklaven getan worden. In die Decke eingelassene Lampen verbreite-ten überall ein sanftes Licht.
»Wer hat denn hier gestrichen?«, fragte Ravyn, offensichtlich genauso neugierig wie Turquoise.
»Ich«, erwiderte Eric stolz. »Vorher war es weiß. Midnight hat keine Fenster, und ich dachte, ein wärmerer Farbton wäre für den Gemütszustand von uns Menschen besser. Das hier ist mein Zimmer«, fügte er hinzu und wies auf den ersten Raum im Gang. »Und ihr beide werdet dort wohnen.«
Das Zimmer war einfach eingerichtet – zwei Etagenbetten, im Moment nicht bezogen, eine Schiebetür, die zu einem Schrank gehörte, wie Turquoise vermutete, und ein leerer Tisch. An einer Seite befand sich eine weitere Tür.
»Oben im Schrank ist Bettzeug«, erklärte Eric. »Hinter dieser Tür ist das Bad.
Ihr teilt es euch mit Lexi und Katie, euren Nachbarinnen. Katie ist diejenige, an die ihr euch wegen Kleidern, Toilettenartikeln und so etwas wenden müsst. Lexi ... Sie spricht nicht viel, aber sie arbeitet mit Katie. Die beiden schlafen normalerweise bis Mitternacht, aber danach findet ihr sie entweder in ihrem Zimmer oder an ihrem Arbeitsplatz im Nordflügel. Braucht ihr sonst noch etwas?«
Turquoise beschäftigte nur eine Frage. »Wie alt bist du?«
Jaguar schien diesem Jungen zu vertrauen, und es hatte den Anschein, als wäre Eric in dessen Abwesenheit für die Menschen verantwortlich.
Die Frage schien Eric zu überraschen. »Vierzehn, glaube ich. Ja, vierzehn.«
Einen Augenblick später verstand er offenbar erst, was sie eigentlich wissen wollte. »Ich bin hier, seit ich elf war.«
Turquoise drehte sich der Magen um.
»Es ist nicht so schlimm«, sagte er leise. »Und ehrlich gesagt kann ich nirgendwo anders hin.«
Das hatte sie nicht hören wollen. Der Junge war so alt wie ihr Bruder – oder so alt, wie ihr Bruder jetzt wäre, zwang sie sich zu erinnern. Es hätte Tommy sein können, wenn er noch leben würde.
Eric interpretierte Turquoises gequälten Gesichtsausdruck offenbar als Skepsis, denn er fuhr fort: »Jaguar hat mich bei den Vampiren aufgelesen, die meine Eltern getötet haben. Er hat mich gekauft und so mein Leben gerettet.«
Er zuckte mit den Achseln. »Er vertraut mir. Und ich habe hier ziemlich freie Hand.« Mit einem schiefen Lächeln fügte er hinzu: »Im Prinzip habe ich sogar Glück gehabt. Einige der Leute, die andere Besitzer haben, kennen nicht einmal mehr ihren eigenen Namen.«
Turquoise verstand und wollte auch gar nicht mehr wissen. Sie hatte die menschlichen Hunde gesehen, mit denen sich Lord Daryl umgab. Einzig schieres Glück und eigensinniger Trotz hatten sie davor bewahrt, zu einem von ihnen zu werden.
Ravyn ließ sich auf das untere Bett fallen und fragte: »Wie viele Menschen leben hier?«
»Im Haus: achtzehn«, antwortete Eric prompt. »Euch zwei und mich eingeschlossen. Zwei Köche. Wir könnten einen mehr gebrauchen. Kann eine von euch kochen?«, unterbrach er sich selbst.
Ravyn nickte. »Ich kann kochen.«
Eric lächelte und fuhr fort: »Großartig. Außerdem sind da Katie und Lexi. Zwei weitere arbeiten in der Krankenstation im Südflügel. Die zeige ich euch später. Das wären alle.«
»Das sind nur neun«, stellte Turquoise fest.
Eric sah sie an und schlug dann die Augen nieder. »Die Vampire müssen essen, wisst ihr.« Die Botschaft war eindeutig. »Einige Vampire leben ständig hier, andere kommen und gehen. Die meisten sind nicht sehr gefährlich, aber ihr solltet vorsichtig sein. Sie fangen an zu murren, dass Jaguar sie uns nicht behandeln lässt, wie sie wollen. Jeshickah tauchte vor etwa einer Woche auf und sie brachte ihre eigenen beiden ... Spielzeuge mit.« Bei diesem Ausdruck hielt Eric entschuldigend inne. »Sie wohnt im ersten Zimmer des Westflügels, und sie schert sich nicht darum, ob Jaguar ihr sagt, was sie tun und lassen soll. Seid vorsichtig bei ihr.
Wenn sie euch schlägt, steht nicht auf. Wenn ihr liegen bleibt, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie euch noch
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