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Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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zitterten ihr vor Erschöpfung die Beine, und sie musste sich auf einen großen Steinsetzen, um einen Moment zu verschnaufen.
    Von heftigem Schluchzen geschüttelt, barg sie das Gesicht in den Händen. So viel Blut! Armer Dylan. Sie weinte, bis sie keine Tränen mehr hatte, dann richtete sie sich nach Luft ringend wieder auf. Der arme Dylan! Jetzt wusste sie, was die Fee gemeint hatte, als sie gesagt hatte, sie, Cody, käme einen Tag zu spät. Sie hätte Dylan warnen sollen, aber sie hatte versagt.
    Allmählich wurde ihr Kopf wieder klar, und ihr fiel etwas anderes ein, was die Fee gesagt hatte, irgendetwas in der Art, dass Cody über angeborene magische Kräfte verfügen würde und eine Hexe sei, ohne es zu wissen. Hexe? Wann war das noch gewesen - ach ja, kurz nachdem sie Dylan im Turm gesehen hatte. Anscheinend war dieses Zusammentreffen von ihr selbst herbeigeführt worden; sie hatte in ihrer eigenen Zeit mit Dylan in der Vergangenheit Kontakt aufgenommen.
    Ein Hoffnungsschimmer keimte in ihr auf. Ob ihr das noch einmal gelingen würde? Es galt, nur einen Tag zu überwinden. Wenn sie über hunderte von Jahren hinweg mit ihm in Verbindung treten konnte, dann dürfte dieser eine Tag kein großes Hindernis darstellen. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, und sie holte tief Luft. Ob sie Dylans Frau retten konnte?
    Sie schloss die Augen und wandte genau wie im Turm die Meditationstechnik an, die Dylan ihr beigebracht hatte. Dabei konzentrierte sie all ihre Gedanken auf seine Person. Ihre Atemzüge wurden langsamer, sie schaltete jedes bewusste Denken aus und dachte nur an Dylan ... dann an Dylan am gestrigen Tag. Einen Tag zuvor. Wo war er da gewesen? Ihr Atem ging noch langsamer, dann schlug sie die Augen wieder auf. Die Welt wirkte irgendwie verschwommen, und es war dunkler als noch einen Moment zuvor. Eine Sekunde lang ließ sie sich ablenken, und sofort wurde es wieder heller, aber es gelang ihr, sich wieder auf ihr Vorhaben zu konzentrieren und zu dem Punkt zurückzukehren, den sie eben erreicht hatte.
    Plötzlich formte sich ein Schatten vor ihr, der, als er an ihr vorbeiglitt, die Gestalt eines Mannes annahm. Es war Dylan. Cody fing wieder an zu weinen. »Dylan!« Er blieb stehen und sah sich um. Unter anderen Umständen hätte sie angesichts der Überraschung, die sich auf seinem Gesicht abmalte, laut aufgelacht. »Dylan«, wiederholte sie, »lass Cait morgen nicht allein.«
    »Warum nicht?« Seine Stimme klang besorgt. Er nahm sie also ernst. Gut. »Lass sie nicht aus den Augen. Sie wird ermordet werden. Morgen.«
    »Woher weißt du ...«
    »Vertrau mir.« Sie presste eine Hand vor den Mund. Heftiges Schluchzen schüttelte sie. Dylans Bild verblasste vor ihren Augen. »Vertrau mir einfach, Dylan. Bitte ...« Dann war er verschwunden.
    Cody seufzte erleichtert. Er war gewarnt. Sie hatte es geschafft. Mit frischer Kraft setzte sie ihren Weg fort. Ihre Tränen waren schon fast versiegt, als sie die Talsohle erreichte.
    Vor ihr lag ein braunes, mit Ranken überwuchertes und mit Stroh gedecktes Haus, das genauso aussah wie das von Dylan. Eine Frau stand am Fenster. Als sie Cody sah, kam sie rasch nach draußen gelaufen. Sie war hager und grobknochig und trug ein Baby auf der Hüfte. Ein Kleinkind stolperte hinter ihr aus dem Haus. Auf den ersten Blick wirkte die Frau auf Cody zerlumpt und schmutzig, doch bei näherem Hinsehen erkannte sie, dass ihre Kleider sauber gewaschen und ordentlich geflickt waren. Sie war auch noch nicht so alt, wie Cody zunächst angenommen hatte. Die Frau sagte etwas auf Gälisch, was Cody nicht verstand, doch ihre Stimme klang besorgt und ängstlich.
    »Helfen Sie mir«, bat Cody. Wieder rann ihr ein Tränenstrom über die Wangen. Krampfhaft bemühte sie sich, an die Geschichte zu denken, die Dylan erfunden hatte. »Bitte helfen Sie mir, ich habe mich verlaufen.« Die Frau schien sie nicht zu verstehen. Sie runzelte die Stirn, aber Cody ließ nicht locker. »Ich muss Dylan Matheson finden.«
    Das Gesicht der Frau hellte sich auf. »Dilean ? Dilean Dubh ? Och, tha!« Sie reichte Cody das Baby und nahm den kleinen Jungen auf den Arm, dann bedeutete sie Cody, ihr zu folgen. Als Cody zögerte, nahm die Frau sie am Arm und zog sie auf den Pfad, der an ihrer Tür vorbei verlief. Während sie zwischen Haferfeldern hindurchgingen, blickte Cody sich aufmerksam um. Allmählich erkannte sie die Gegend wieder. Sie befand sich in Glen Ciorram, nicht weit von der Burg am Ufer des Sees entfernt. Das

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