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Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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des Feldes erreichst, gehst du nach links und folgst dem Pfad, der zwischen den Hügeln verläuft, bis du in ein größeres Tal gelangst. Es geht ziemlich steil abwärts, also pass auf, dass du nicht ausrutschst. Unten im Tal wendest du dich an den Erstbesten, der dir über den Weg läuft - nur nicht an einen Rotrock -, und erzählst ihm, was ich dir eben eingeschärft habe. Dann wird man dir helfen, mich zu finden. Du kannst hier jedem bedingungslos vertrauen, der dich für meine Cousine - meine Base hält. Okay?«
    Cody nickte noch einmal. Der tiefe Kummer, der in ihren Augen zu lesen war, brachte ihm sein eigenes Unglück wieder zu Bewusstsein. Er schluckte hart. »Gut, dann geh jetzt. Wir sehen uns in einer Weile wieder.« Sie setzte sich langsam in Bewegung, und während er ihr hinterhersah, fragte er sich, was in Gottes Namen sie hier zu suchen hatte.
    Dann ging er ins Haus zurück. Die nahezu greifbare Atmosphäre von Gewalt und Mord trieb ihm die Tränen in die Augen. Blicklos starrte er zu Boden, während er um Fassung rang. Erst nach einigen Minuten hatte er sich wieder so weit in der Gewalt, dass er es über sich brachte, aufzusehen. Sinann hockte immer noch auf dem Fass, die Arme um die Knie geschlungen, und schluchzte leise.
    Plötzlich begann sie hastig und unzusammenhängend zu sprechen. »Ich habe versucht, ihn aufzuhalten, das musst du mir glauben. Ich habe mein Bestes getan. Siehst du seine Kleider da auf dem Boden? Aber ihm war es egal, dass er splitternackt war und dauernd über seine eigenen Füße stolperte, er war wie besessen. Deine Cait hat sich gegen ihn gewehrt, wie eine Wildkatze hat sie gekämpft, aber er war einfach stärker. Ich schwöre dir, ich wusste wirklich nicht, dass er noch am Leben ist, und als mir klar wurde, dass ich ihn nicht aufhalten konnte, bin ich losgeflogen, um dich zu suchen, aber dann sah ich, dass die Soldaten dich festgenommen hatten und dass du nicht aus der Garnison fliehen konntest, obwohl du so verzweifelt warst, dass du sogar dein Leben aufs Spiel gesetzt hättest, also bin ich so schnell wie möglich zu deinem Haus zurückgekehrt, aber da war es schon zu spät, und sie war tot und er verschwunden, und ich habe keine Ahnung, wo er jetzt steckt. Och, Dylan ...«
    Dylan hielt immer noch das Bajonett in der Hand, was ihm erst auffiel, als er auf Caits Leiche zuging. Er starrte es einen Moment lang an, dann legte er es auf einen Stuhl und trat ganz nah an den Tisch heran. »Cait ...« Ihr bleiches Gesicht wies jetzt einen bläulichen Schimmer auf und bildete einen seltsamen Kontrast zu den dunklen Blutlachen um sie herum. Dylan bückte sich, hob ihre Beine an und drehte Cait auf die Seite. Ihr Körper fühlte sich noch warm an, das Blut war noch nicht verkrustet. Hier in diesem Jahrhundert achtete noch niemand darauf, am Tatort nichts zu verändern, um kein Beweismaterial zu vernichten; hier würden keine Fingerabdrücke genommen, keine Blutgruppen bestimmt, keine Haut unter den Fingernägeln des Opfers hervorgekratzt, keine DNA-Analyse des Spermas durchgeführt und keine Textilfasern und Haare sichergestellt werden. Mit leiser, erstickter Stimme fragte er die Fee: »Was soll das heißen, du wusstest nicht, dass Bedford noch am Leben ist?«
    »Es war nicht Bedford.«
    Dylan blickte auf den Kleiderhaufen am Boden. Teure rote Seide und feinstes Rehleder. Großer Gott! »Ramsay?«
    Sinann nickte. »Aye. Ich weiß auch nicht, wie er es geschafft hat, aber es war Ramsay. Er lebt, und er hat deine Cait ermordet.«
    Codys Blick war so tränenverschleiert, dass sie kaum etwas sehen konnte. Wütend wischte sie sich über die Augen, während sie den Abstieg ins Tal in Angriff nahm. »Ich konnte es nicht wissen«, murmelte sie immer wieder vor sich hin. »Ich konnte es nicht wissen, es stand nicht in den Aufzeichnungen.« Warum hatte diese verdammte Fee sie ausgerechnet zu diesem Tag der Vergangenheit geschickt? Hatte purer Sadismus Sinann dazu bewogen, sie mitten in dieses Horrorszenario zu versetzen? Wo befand sie sich überhaupt? Leise schluchzend setzte sie ihren Weg fort.
    Der Pfad fiel steil ab, und sie schlängelte sich vorsichtig an großen Felsbrocken und umgestürzten Bäumen vorbei, ständig von der Angst beherrscht, auszugleiten und sich einen Knöchel zu brechen. Es war ein langer Weg hinab ins Tal, das unwegsame Gelände erschwerte ihr den Abstieg, und wenn sie nicht aufpasste, rutschten ihre Turnschuhe auf dem feuchten, bemoosten Untergrund weg. Schon bald

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