Die Verbannung
auch der Junge davor -, hatte schon immer ein hitziges Temperament an den Tag gelegt, aber die Wut war immer so schnell verraucht, wie sie aufgeflammt war. Dieser gnadenlose, unerbittliche Rachedurst sah Dylan gar nicht ähnlich. Vermutlich hatte ihn der gewaltsame Tod seiner Frau so aus der Fassung gebracht. »Dylan wird sich schon wieder beruhigen«, sagte sie zu Sarah. »Er meint das alles nicht so.«
Sarah bedachte sie mit einem beinahe mitleidigen Blick, den Cody nicht zu deuten vermochte, erwiderte aber nichts.
Kurz darauf stellte Cody zu ihrer Erleichterung fest, dass es so aussah, als würden Iain und Artair nachgeben. Die Stimmen wurden gedämpft, und die Diskussion schien sachlicher zu verlaufen.
Ciaran kletterte auf die Bank und rief Dylan etwas zu, woraufhin dieser den Laird und seinen Bruder mitten im Gespräch stehen ließ, durch den Raum eilte, seinen Sohn auf den Arm nahm und ihm etwas zuflüsterte, was Cody nicht verstand. Der Klang seiner Stimme verriet ihr, dass er dem Kleinen versicherte, alles würde wieder gut werden. Er drückte ihn an sich und presste sein Gesicht gegen das Haar des Jungen. Dann setzte er Ciaran auf die Bank und kauerte sich vor ihm nieder, sodass er sich auf Augenhöhe mit dem Kind befand. Er sprach mit ruhiger, leiser Stimme auf seinen Sohn ein, streichelte ihm den Kopf und strich ihm eine Haarsträhne aus der Stirn. Der Junge erwiderte etwas, das wie cota cherk klang. Das Nächste, was er sagte, konnte Cody deutlich verstehen. »An Sassunaich.«
Dylan richtete sich auf. Seine Hand schloss sich um das Heft des geliehenen Schwertes, als er murmelte: »Der Kerl ist so gut wie tot.«
Cody sprang auf und legte ihre Hand über die seine. »Dylan, du kannst ihn doch nicht umbringen, du bist kein Mörder. Ich kenne dich doch, du bist gar nicht fähig, einen Menschen zu töten.«
Doch ihr Freund aus Kindertagen sah sie nur finster an. Die blauen Augen in dem bärtigen Gesicht loderten vor Wut. Seine Stimme klang bitter, als er zischte: »In der Hölle schmoren ungefähr acht Seelen, die dir gerne versichern würden, dass ich sehr wohl dazu fähig bin.«
Cody verschlug es die Sprache. Fassungslos starrte sie ihn an.
Er wollte sich abwenden, doch sie verstärkte den Griff um seine Hand und hielt ihn zurück. »Dylan! Bleib hier!« Hatte er wirklich schon Menschen getötet? »Du bist doch kein Mörder!«
»Nein, allerdings nicht.« Das klang ungeduldig und verständnislos, so als hätte sie gerade eine längst bekannte Tatsache erwähnt. Cody verstand die Welt nicht mehr.
Trotzdem konnte sie nicht zulassen, dass er loszog, um mit diesem Bedford abzurechnen. »Sarah, sag du ihm, er soll hier bleiben!«
Sarah nickte, kam näher, ergriff Dylans andere Hand und sprach leise auf Gälisch auf ihn ein.
Er hörte sie ruhig an und erwiderte dann zu Codys Erleichterung - ihr Kopf brummte schon, weil sie so angestrengt versuchte, der auf Gälisch geführten Unterhaltung zu folgen - auf Englisch: »Ich kann ihn nicht am Leben lassen. Diesmal nicht.«
»Dann warte wenigstens noch, bis man Cait begraben hat. Du solltest heute Nacht bei ihr wachen.« Cody zuliebe sprach auch Sarah nun Englisch. »Das bist du ihr schuldig.«
Dylan schien in sich zusammenzufallen, als Sarah die letzte Nacht erwähnte, die seine Frau über der Erde zubringen würde. Lange rang er mit sich. Schließlich sagte er leise: »Aye, du hast Recht. Ich warte bis nach der Beerdigung.« Er nahm das Wehrgehenk ab und legte es auf den Tisch, dann hob er seine Tochter hoch, drückte sie an sich und redete leise auf Gälisch mit ihr.
24. KAPITEL
Dylan hatte nicht die Absicht, Bedford zu töten. Aber er konnte seinen Clansleuten nicht erklären, woher er wusste, dass Bedford Cait nicht umgebracht hatte, und sie durften vor allen Dingen nicht erfahren, dass Ramsay noch am Leben war. Dann nämlich würde sich wieder die Frage erheben, ob Dylans Ehe mit Cait legitim und ihre Tochter überhaupt ehelich geboren worden war, von den Problemen hinsichtlich Ciarans Geburt und der Adoption einmal ganz zu schweigen. Dylan musste Iain und die anderen Clansmitglieder davon überzeugen, dass es nur ihm allein zustand, Cait zu rächen. Sowie der Zorn des Clans dann abgeflaut war, würde er sich überlegen, wie sich ihnen begreiflich machen ließe, warum er den Major am Leben gelassen hatte. Es würde schwierig werden, denn der Major verdiente aus anderen Gründen den Tod, aber es war für alle das Beste, wenn sein Tod nicht mit einem
Weitere Kostenlose Bücher