Die Verbindung: Thriller (German Edition)
Polizisten haufenweise anzog.
Es gab ungefähr einundzwanzigtausendsiebenhundert Sergeants in der Polizei des Vereinigten Königreichs, und Carlyle kannte den einzigen von ihnen, der die englische Nationalhymne sowohl auf Polnisch als auch auf Hindi singen konnte. Joe hatte eine indische Frau, Anita, und sie hatten ihren Kindern William und Sarah die englischsten Namen gegeben, die ihnen eingefallen waren. Trotz alledem gab es nach wie vor einen Strang in Joes DNS , der zutiefst und untilgbar polnisch war, also dunkel, pessimistisch und katholisch. Dieser Hintergrund trug zu einem Sinn für Distanziertheit, Ironie und – vielleicht genauso wichtig – Fatalismus bei, den Carlyle nachempfinden konnte. Die beiden kamen gut miteinander aus und vertrauten einander. Darüber war Carlyle glücklich.
»Was haben sie mitbekommen?«, fragte er, als er beobachtete, wie Joe die Zeitung dramatisch entfaltete und vor ihm auf den Tisch legte.
»Was glaubst du denn?« Joe warf seine Ausgabe des Evening Standard auf den Tisch.
»Alles?«
Joe nickte. »Alles.«
Er wartete, während Carlyle die riesige Schlagzeile auf der Titelseite betrachtete: MESSER-HORROR IN SPITZENHOTEL .
»Sie haben das Messer, den Todeszeitpunkt, die Nachricht«, fuhr Joe fort, »und stellen auch Mutmaßungen über den sexuellen Hintergrund des Verbrechens an.« Er nahm die Zeitung in die Hand und drehte sie herum, um den Artikel zu überfliegen. »Und ich zitiere: ›Gewährsleute lassen durchblicken, dass die wilde Attacke alle Kennzeichen eines sexuellen Experiments unter Drogeneinfluss aufweist, bei dem etwas schrecklich schiefgegangen ist.‹« Er rollte die Zeitung zusammen und zeigte damit auf Carlyle. »Sexuelle Experimente unter Drogeneinfluss?« Er seufzte theatralisch. »Das waren noch Zeiten …«
»Sprich für dich selber«, sagte Carlyle und grinste.
»Das ist spitzenmäßiger Journalismus.« Joe lachte. »Weißt du, ich finde, diese Zeitung ist viel besser geworden, seit dieser ehemalige KGB -Typ sie gekauft hat.«
»Besser ein Propagandawerkzeug für den Kreml als für unseren Trottel von Bürgermeister«, sagte Carlyle säuerlich. »Wer hat den Artikel geschrieben?«
Joe rollte die Zeitung auseinander und las die Verfasserzeile mit zusammengekniffenen Augen. »Jemand namens Fiona Singer-Cavendish.«
»Noch nie von ihr gehört.«
»Ich auch nicht«, sagte Joe und zuckte die Achseln, »aber sie hat diese Sache definitiv im Griff. Ich bin erstaunt, dass sie kein Bild von dir haben, wie du die entscheidende Körperöffnung des Toten erforschst.«
»Warte bis zur Nachtausgabe«, erwiderte Carlyle. Der verdammte Alex Miles, dachte er. Der kleine Scheißkerl dürfte alles für ein paar Hundert Pfund verscherbelt haben. Er überlegte noch ein bisschen. »Wissen sie über die Nachricht Bescheid?«
»Sie wissen mit Sicherheit, dass es eine Nachricht gegeben hat«, antwortete Joe. »Gott sei Dank scheinen sie nicht zu wissen, dass sie nach Charing Cross gebracht wurde. Sie wissen auch nicht – oder verraten nicht –, was darin stand.«
»Glaubst du wirklich, dass es bei der ganzen Sache einen schwulen Ansatzpunkt gibt?«, fragte Carlyle.
»Vielleicht.« Joe richtete den Blick an die Decke. »Warum sollte man einem armen Arsch … pardon … ein Küchenmesser ins Arschloch rammen, wenn man nicht irgendwas geschmacklos Sexuelles damit zum Ausdruck bringen wollte?«
Carlyle zog die Augenbrauen hoch. »Es könnte alles bedeuten. Oder nichts.«
»Ja, genau«, spottete Joe. »Bestimmt sagt das Messer: Ich will dich in den Arsch ficken …«
»Möglicherweise.« Carlyle schwamm mit dem Strom. Wenn Joe in dieser Stimmung war, war das immer die beste Alternative. Normalerweise war es die einzige Alternative.
»… wenn du tot bist.«
»Das könnte einen Sinn ergeben«, pflichtete Carlyle ihm bei, weil er sonst nichts zu sagen wusste.
»Das hier«, sagte Joe und lächelte, »ist ein klassisches schwules Verbrechen aus Hass.«
Marcello stellte Joes Latte auf den Tisch und zog sich in eine respektvolle Entfernung zurück. Carlyle dachte über die Geschichte in der Zeitung nach und spürte, wie ihn seine Begeisterung für den Fall schneller verließ als eine Nutte in der Old Compton Street, die man im Voraus bezahlt hatte. Alles, was er sehen konnte, war die Plackerei, die ihnen bevorstand. »Spielt das eine Rolle für uns, so oder so?«, fragte er sich laut. »Schwul oder nicht, macht das einen großen Unterschied?« Die Einsatzgruppe für
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