Die Verbindung: Thriller (German Edition)
vor ein paar Monaten so ähnlich wie Blake zerstückelt worden.«
»Zufall?«, fragte Joe.
»Kaum«, antwortete Carlyle. »Man hat in jedem Jahr eine Chance von eins zu fünfundzwanzigtausend, in dieser Stadt ermordet zu werden. Was wir hier vorliegen haben, sind zwei aus dieser Gruppe von acht, die innerhalb von weniger als sechs Monaten brutal ermordet worden sind.«
»Was haben wir dann jetzt?«, fragte Joe. »Klingt wie Wiedersehen mit Brideshead trifft auf Freitag der 13. «
»Etwas in der Art.«
»Schön, schön, schön.« Joe lachte leise vor sich hin. »Edgar Carlton und Christian Holyrod? Das Traumpaar der Traumpaare.«
»Vielleicht«, schnaubte Carlyle, »wenn man ein Faschist ist, der die Daily Mail liest und an geistiger Inkontinenz leidet.«
»Hey«, tadelte Joe ihn, »Anita liest die Mail .«
»Sie sollte es besser wissen«, brummte Carlyle.
»Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die beiden in unseren Ermittlungen auftauchen?«, fragte Joe, um das Thema zu wechseln.
»Ungefähr so groß wie unsere Chancen, ermordet zu werden«, sagte Carlyle mürrisch.
»Simpson wird ganz sicher nicht glücklich sein«, stellte Joe fest.
»Ein Silberstreif«, stimmte Carlyle zu, »so schwach er auch ist.«
»Was sollen wir also tun?«, fragte Joe.
»Wir überschlafen die Sache«, sagte Carlyle. »Behalte das alles zunächst mal für dich. Wir werden äußerst diskret sein müssen, vor allem wenn es darum geht, Sachen aufzuschreiben. Keine schriftlichen Berichte, keine E-Mails … wenigstens bis wir wissen, was zum Teufel hier vor sich geht.«
»Natürlich.«
»Ich werde morgen mit Simpson sprechen. Es ist besser, wenn ich das persönlich mache. Dann müssen wir uns mit den fraglichen Herren in Verbindung setzen und sehen, ob sie uns darüber Aufschluss geben können, warum jemand ihren Tod wünscht.«
Siebzehn
Auf dem Weg zur Polizeistation Paddington Green verließ Carlyle die U-Bahn-Station Edgware Road. Auf der Straße blieb er einen Moment stehen, damit seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnen konnten. Es war nicht nötig, dass er sich beeilte, weil Simpson sich regelmäßig bis spät in die Nacht in ihrem Büro aufhielt. Sie war nicht besonders gut darin, mit schlechten Nachrichten umzugehen, und deshalb war Carlyle nicht daran interessiert, so rasch wie möglich mit ihr zu sprechen.
Als er sich der Station näherte, beeindruckte ihn wieder ihre gnadenlose Hässlichkeit. Die Polizeistation Paddington Green war ein Sichtbetonwürfel aus den Sechzigerjahren, mit dem verglichen ihr Pendant Charing Cross fast elegant wirkte. Er kam direkt aus der Architekturschule »Scheiß-der-Hund-drauf«, die zu der Zeit in Mode war, und deprimierte Carlyle noch ein wenig mehr. Fünf Minuten später saß er in dem Vorzimmer ihres Büros und nahm eine Zeitschrift in die Hand. Als er sie durchblätterte, merkte er, dass es die gleiche Zeitschrift war, die er in dem Krankenhaus an der Harley Street gelesen hatte, während sie darauf warteten, dass Ferruccio Pozzo nach seiner Operation wieder zu sich kam. Er fand die richtige Seite und setzte die Lektüre des Artikels über Die Goldenen Zwillinge , Edgar und Xavier Carlton, an der Stelle fort, wo er sie unterbrochen hatte, um den mittlerweile verschiedenen Mafioso zu verhaften.
Beide Brüder haben hart daran gearbeitet, ihr wählerfreundliches Image zu kultivieren. Beide sind physisch imposant – Edgar ist 1,85 und Xavier 1,88 – und sehen aus wie Filmstars. Beide haben die vorgeschriebene Ausländerin zur Frau – bei Edgar eine Russin, während Xaviers Italienerin ist – und eine beeindruckende Zahl angemessen entzückender und altkluger Kinder – vier, beziehungsweise drei.
Das dritte Bein dieser protopolitischen Dynastie wird von Halbschwester Sophia gestellt, die mit dem engen politischen Verbündeten Christian Holyrod verheiratet ist, dem ehemaligen Soldaten, dessen Wahl zum Bürgermeister von London im vergangenen Jahr allgemein als Vorbote von Edgars Angriff auf Nr. 10 angesehen wurde. Sophia hat mit den fünf Kindern, die sie für Holyrod im Lauf ihrer achtjährigen Ehe zur Welt gebracht hat, alle Hände voll zu tun, wird aber trotzdem als einflussreiche graue Eminenz betrachtet. Die Weihnachtskarte letzten Jahres, ein Gruppenfoto der drei Familien bei einem Polomatch unter dem Spruch Wishing You a Carlton Christmas , war im Grunde das Parteiprogramm auf den Punkt gebracht.
Die Tür zu Simpsons Büro ging auf, und eine junge Frau kam heraus.
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