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Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Titel: Die verborgene Sprache der Blumen / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Diffenbaugh
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geschrieben, dass ich als Gast eingeladen sei. Aber könnte ich mich auch um die Blumen kümmern? Am meisten wünsche sie sich Beständigkeit und außerdem Leidenschaft. Keine Kirschblüte, dachte ich und krümmte mich vor Verlegenheit, als ich mich an jenen Nachmittag in Catherines Atelier und alles, was sich daraus entwickelt hatte, erinnerte. Ich würde ihr Geißblatt vorschlagen, entschied ich. Hingabe. Die eigentliche Kraft der Weinreben versprach eine Beständigkeit, die ich nicht erfahren hatte, die ich aber für Bethany erhoffte.
    Bethany hatte auch ihre Telefonnummer angegeben und bat mich, sie Ende August anzurufen. Obwohl das Datum längst abgelaufen war und sie sicher eine andere Floristin gefunden hatte, musste ich es versuchen. Es war die einzig verfügbare Einkommensquelle vor einem voraussichtlich langen und untätigen Winter.
    Bethany hob nach dem zweiten Läuten ab und schnappte nach Luft, als sie meine Stimme hörte.
    »Victoria!«, rief sie aus. »Ich hatte es schon aufgegeben! Ich habe eine andere Floristin beauftragt, aber die Frau ist den Auftrag wieder los, Anzahlung oder nicht.«
    Sie und Ray könnten mich am nächsten Tag treffen, fügte sie hinzu. Ich beschrieb ihr den Weg zu meiner Wohnung.
    »Hoffentlich bleiben Sie auch zur Hochzeit«, sagte sie, bevor sie auflegte. »Sie wissen ja, dass mit Ihrem Strauß alles angefangen hat.«
    »Das werde ich«, erwiderte ich. Und ich beschloss, so etwas wie Visitenkarten mitzubringen.
     
    Als ich Natalya fragte, ob ich mich unten mit Bethany und Ray treffen könnte, war sie einverstanden. Früh am nächsten Morgen kaufte ich auf einem Flohmarkt im Süden von San Francisco einen Campingtisch und drei Klappstühle. Nachdem ich die Heckklappe mit einem Seil festgebunden hatte, passten sie hinten in meinen Kombi. Außerdem erstand ich für einen Dollar eine rosenrote Kristallvase mit einer winzigen angeschlagenen Ecke und für drei Dollar eine mit Plastik gefütterte weiße Spitzentischdecke. Ich wickelte die Vase in die Tischdecke und fuhr über Seitenstraßen nach Hause.
    Vor Bethanys und Rays Ankunft stellte ich den Campingtisch in dem leeren Büro auf, breitete die Tischdecke darüber und stellte die Kristallvase, voller Blumen aus meinem Garten im McKinley Square, darauf. Neben der Vase befand sich meine blaue Fotobox. Während ich darauf wartete, dass jemand eintrat, überprüfte ich noch einmal die Alphabetisierung.
    Endlich war es so weit. Bethany stand in der offenen Tür und war noch schöner, als ich sie in Erinnerung hatte. Ray hätte ich mir nicht so attraktiv vorgestellt. Die beiden würden ein atemberaubendes Paar abgeben, dachte ich und drapierte im Geiste Geißblatt in langen Reihen auf weißem Sand.
    Als Bethany die Arme ausbreitete, um mich an sich zu drücken, ließ ich sie gewähren. Mein Bauch drängte sich wie ein Ball zwischen uns. Sie schaute nach unten, schnappte nach Luft und legte mir die Hände auf den Leib. Ich fragte mich, wie oft ich diese Geste wohl in den kommenden Monaten von Bekannten und Fremden auf der Straße würde ertragen müssen. Offenbar setzte eine Schwangerschaft die unausgesprochenen gesellschaftlichen Regeln zum Thema Abstand außer Kraft, was mir fast ebenso missfiel wie das Gefühl, dass in meinem eigenen Körper ein anderes menschliches Wesen heranwuchs.
    »Glückwunsch«, sagte Bethany und umarmte mich wieder. »Wann ist es denn so weit?«
    Das war schon das zweite Mal in zwei Tagen, dass mir jemand diese Frage stellte, und ich wusste, dass die Häufigkeit mit meinem Leibesumfang zunehmen würde. Also rechnete ich im Kopf nach.
    »Im Februar«, antwortete ich. »Oder im März. Die Ärzte sind sich nicht ganz sicher.«
    Bethany machte mich mit Ray bekannt, und wir schüttelten einander die Hand. Ich wies auf Tisch und Stühle und forderte sie auf, Platz zu nehmen. Dann ließ ich mich ihnen gegenüber nieder und entschuldigte mich, weil ich mich so lange nicht gemeldet hatte.
    »Wir sind so froh, dass Sie es schließlich doch getan haben«, erwiderte Bethany und tätschelte Rays starken Arm. »Ich habe Ray alles von Ihnen erzählt.«
    Ich schob die blaue Box zu dem Paar hinüber. Sie leuchtete im Neonlicht des Büros. »Ich kann für Ihre Hochzeit alles besorgen, was Sie möchten. Auf dem Blumenmarkt ist die Auswahl enorm, selbst außerhalb der Saison.« Als Bethany den Deckel öffnete, zuckte ich zusammen, als hätte sie mich wieder körperlich angefasst.
    Ray griff nach der ersten Karte. In den

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