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Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Titel: Die verborgene Sprache der Blumen / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Diffenbaugh
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Pick-up fiel ins Schloss. »Ich fand nur, dass du das wissen solltest«, meinte er. Der Motor sprang an, ein ruhiges Surren, als der Wagen im Leerlauf in der Auffahrt stand. Ich stellte mir vor, wie Grants und Elizabeths Blicke sich trafen und jeder versuchte, dem des anderen die Wahrheit zu entnehmen.
    »Grant?«, rief Elizabeth schließlich. »Du musst nicht fort. Es ist noch etwas vom Abendessen übrig. Du bist herzlich eingeladen.«
    Räder drehten sich im Kies. »Nein«, entgegnete er. »Ich hätte nie herkommen sollen und werde es auch nicht mehr tun. Sie darf es nie erfahren.«

3.
    I ch wartete einen zweiten Monat und dann sicherheitshalber noch einen dritten und schob Natalya die Miete unter der Tür durch, wenn sie fällig war. Im Oktober ließ die Übelkeit nach. Sie kehrte nur zurück, wenn ich nicht genug aß, was selten geschah. Ich hatte ausreichend Geld für Mahlzeiten. Grants Bargeld und meine eigenen Ersparnisse hätten mich während der gesamten Schwangerschaft gut über Wasser gehalten, aber ich wusste, dass ich so viel Zeit nicht brauchen würde.
    Als die Blätter fielen, war ich sicher, dass Grant aufgegeben hatte. Ich stellte mir vor, dass ich durch die Fenster seines Wasserturms schaute und beobachtete, wie er die romantischen Gedichte in einem Karton verstaute und die orangefarbene Box mit einem Tuch abdeckte, das bewusste Handeln eines Mannes, der einen Schlussstrich unter seine Vergangenheit ziehen will. Dabei redete ich mir ein, dass er mich tatsächlich bald vergessen haben würde. Auf dem Blumenmarkt gab es viele Frauen, die schöner, exotischer und erotischer waren, als ich es je sein würde. Wenn er nicht bereits eine von ihnen kennengelernt hatte, würde es sicher bald so weit sein. Doch sosehr ich auch versuchte, mir einzureden, stand mir nur Grants Bild vor Augen, wie er die Kapuze seines Sweatshirts tief in die Stirn zog. Nicht ein einziges Mal sah ich vor mir, dass er einer Frau nachblickte, die an seinem Stand vorbeikam.
    An dem Tag, als ich zum ersten Mal spürte, dass das Baby strampelte, kehrte ich in das blaue Zimmer zurück. Ich schleppte die Reisetasche durch die Stadt zu meinem Auto und fuhr zur Wohnung. Nachdem ich die Eingangstür aufgeschlossen hatte, trug ich meine Sachen in drei Anläufen die Treppe hinauf. Natalyas Zimmertür war offen. Ich stand neben ihrem Bett und sah ihr beim Schlafen zu. Sie hatte vor kurzem ihr Haar nachgefärbt. Das Rosa hatte Streifen auf dem weißen Kopfkissenbezug hinterlassen. Sie roch nach süßem Wein und Nelken und rührte sich nicht. Ich rüttelte sie wach.
    »War er hier?«, fragte ich.
    Natalya hielt sich den Ellbogen vor die Augen und seufzte. »Ja, vor ein paar Wochen.«
    »Was hast du ihm gesagt?«
    »Nur, dass du weg bist.«
    »War ich auch.«
    »Ja. Wo hast du gesteckt?«
    Ich ignorierte ihre Frage. »Hast du ihm verraten, dass ich noch Miete zahle?«
    Sie setzte sich auf und schüttelte den Kopf. »Ich war mir nicht ganz sicher, ob das Geld von dir ist.« Sie streckte die Hand aus und berührte meinen Bauch. In den letzten Wochen hatte sich mein Äußeres von übergewichtig zu eindeutig schwanger verändert. »Renata hat es mir erzählt«, meinte sie.
    Das Baby strampelte wieder. Seine Finger und Füße drückten sich in meine Organe und streiften meine Leber, mein Herz und meine Milz. Ich fing an zu würgen, rannte in die Küche und erbrach mich in die Spüle. Dann ließ ich mich auf die Knie sinken und spürte, wie der Brechreiz mit den Bewegungen des Babys anstieg und verebbte. Ich hatte geglaubt, die Schwangerschaftsübelkeit hinter mir zu haben. Außerdem hatte ich gehofft, dass mir nicht mehr bei jeder Berührung schlecht werden würde. Offenbar war eine dieser beiden Annahmen falsch.
    Renata hatte es Natalya erzählt. In diesem Fall gab es keinen Grund, daran zu zweifeln, dass sie es auch Grant verraten hatte. Ich zog mich am Küchenschrank hoch und kotzte noch einmal ins Spülbecken.
     
    Das Schild im Schaufenster des Flora war neu. Kürzere Öffnungszeiten, sonntags Ruhetag. Als ich am frühen Nachmittag eintraf, war der Laden dunkel und abgeschlossen, obwohl laut Schild eigentlich geöffnet sein sollte. Ich klopfte, und als Renata nicht erschien, klopfte ich wieder. Obwohl ich den Schlüssel in der Tasche hatte, benützte ich ihn nicht, sondern setzte mich auf die Vortreppe und wartete.
    Eine Viertelstunde später kehrte Renata, ein eingewickeltes Burrito wie eine silberne Röhre in der Hand, zurück. Ich

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