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Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Titel: Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Panov
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lange schläft sie noch?«, fragte der größere der beiden.
    Diese Frage stellte er immer.
    »Noch zwei Stunden.«
    Der zweite Hüne steckte Alex ein Kuvert zu.
    »Fünf, wie immer. Der Boss hat gesagt, dass der Auftrag …« Er hielt einen Moment inne, und dem Fotografen wurde bang. »Der Auftrag wird verlängert. Mach weiter.«
    Genau diesen Spruch wiederholte er jedes Mal, und immer mit dieser tückischen Pause, die Alex das Blut in den Adern gerinnen ließ. Denn schließlich hätte er auch
sagen können: »Der Auftrag ist zu Ende, das war’s für dich!«
    Die zwei Kerle zogen Marina vom Stuhl und schleiften sie zum Ausgang. Der Fotograf begleitete sie gar nicht hinaus.
    Nachdem die Tür zugeschlagen wurde – sie warfen immer lautstark die Tür zu, so dass Alex zusammenschrak – , öffnete der Fotograf das Kuvert und zählte das Geld nach: genau fünftausend. Nicht schlecht für eine Stunde Arbeit.
    Zufrieden öffnete er seine Kamera und belichtete den Film.
     
     
    Moskauer Polizeipräsidium
Moskau, Petrowka-Straße
Dienstag, 27. Juli, 16:10 Uhr
     
     
    Während er Verwandte und enge Freunde der Opfer vernahm, leistete sich Schustow keine Gefühle. Natürlich bekundete er seine Anteilnahme, bemühte sich, moralische Unterstützung zu leisten, und war durchaus sensibel genug, wenn nötig für zehn Minuten zu schweigen und einem traumatisierten Menschen einfach nur die Hand zu halten. Doch dies waren Äußerlichkeiten, die dazu dienten, den Anstand zu wahren. Innerlich blieb Sergej bei diesen Gesprächen ein eiskalter Profi, den nur harte Fakten interessierten. Das war sein Job. Der Schmerz dieser Leute ging ihn nichts an.
    Der Mann schnäuzte sich leise. Es war das erste Mal
seit einer Viertelstunde, dass Schustows Gesprächspartner ein Lebenszeichen von sich gab. Immerhin etwas. Währenddessen hatte der Polizist so getan, als würde er Unterlagen durchsehen. Nun stellte er wortlos eine Flasche Heilige Quelle auf den Tisch, schaltete mit dem Knie das unter der Tischplatte versteckte Diktafon ein und vertiefte sich abermals in die vor ihm liegenden Dokumente.
    Lew Wassiljewitsch Molotschanski, zweiundfünfzig Jahre alt, Eigentümer einer umsatzstarken Handelskette. Schustow hob den Blick: teurer Anzug, elegante Krawatte, goldene Uhr. Die Verpackung stimmte, nur Molotschanski selbst sah erbarmungswürdig aus. Das graue Gesicht war von Sorgenfalten zerfurcht, die Augen trüb, und seine Hände lagen schlaff auf dem Tisch. Er hatte seine einzige Tochter verloren. Schustow blickte auf das entsprechende Formular: »Jekaterina Lwowna Molotschanskaja, achtzehn Jahre alt, Foto liegt bei.« Sergej musterte erneut seinen Gesprächspartner: keine Ähnlichkeit mit dem Vater. Eine hübsche Brünette, eins zweiundachtzig groß, tot aufgefunden im Terlezki-Park. Akteneintrag: »Das neunte Opfer des Vivisektors. Wie schon in den vorangegangenen Fällen hat man ihr sämtliche Organe aus dem Leib geschnitten. Fotos liegen bei. Die Identität des Opfers wurde anhand der Fingerabdrücke festgestellt.« Das Mädchen war vor einiger Zeit in eine Drogensache verwickelt gewesen, doch der reiche Papa hatte dafür gesorgt, dass sie unbeschadet aus der Geschichte herauskam.
    Molotschanski schenkte sich mit zittrigen Händen
ein Glas Wasser ein und stellte es sofort wieder ab. Schustow zog den Vernehmungsbogen aus der Schublade und trug die obligatorischen Daten ein: Vorname, Familienname …
    »Er hat meine Tochter nicht einmal angerührt«, sagte Molotschanski tonlos, als wäre dies das einzig Unfassbare an der Tragödie. »Nicht mal angerührt hat er sie. Warum hat er sie dann umgebracht? Warum um alles in der Welt?«
    Das hätte der Kapitän selbst gerne gewusst. Der Vivisektor vergewaltigte nie seine Opfer, obwohl er sich stets junge, attraktive Frauen aussuchte. Er schlitzte sie bei lebendigem Leibe auf und ergötzte sich an ihren Qualen. Psychologen und Psychiater hatten den Polizisten allerlei Theorien vorgelegt, um dieses irrsinnige Verhaltensmuster zu erklären, der Vivisektor mordete indessen weiter.
    Dreizehn Opfer.
    »Katja hat immer davon gesprochen, dass sie eines Tages berühmt sein wird«, setzte Molotschanski fort. »Von den Titelseiten würde sie uns entgegenlächeln, hat sie gesagt. Ich habe das nie verstanden und verstehe es bis heute nicht. Sie ist einfach weggefahren … Um die Sache beim Namen zu nennen: Sie ist abgehauen.«
    Diese verfluchte Romantik, dachte Schustow, während er mit dem Kopf nickte. Die

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