Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung
warten wir eben. Wie wäre es, wenn ihr mir in der Zwischenzeit ein paar Dinge über die Verborgene Stadt erzählt?«
»Was interessiert dich denn?«, fragte Cortes, der diese Frage offensichtlich erwartet hatte.
»Alles.«
»Alles auf einmal kann ich dir nicht erzählen, da musst du schon in der Bibliothek nachlesen. Durch den
Anschluss an den TKV hast du uneingeschränkten Zugang. Was möchtest du jetzt sofort wissen?«
Artjom dachte nach. Was brannte ihm am meisten unter den Nägeln? Seine bisherigen Erfahrungen beschränkten sich auf mysteriöse Geschehnisse, die er nicht mit der Existenz der Verborgenen Stadt in Verbindung gebracht hatte. Jetzt interessierten ihn natürlich sämtliche Hintergründe und der große Zusammenhang. Er konnte jedoch nicht erwarten, dass Cortes ihm einen Vortrag hielt, und musste sich eine konkrete Frage ausdenken.
Artjom ging seine jüngsten Erlebnisse noch einmal durch. Da war der Polizeioberinspektor Sidorow, der sich plötzlich in einen Banditen mit rotem Kopftuch verwandelte; der verwirrte Wachmann, der anstelle von Ortega eine dicke, tapsige Tante gesehen hatte; und da waren natürlich der Phönix und das totenblasse Gesicht von Cortes, des gestrigen, schwer verwundeten Cortes. Die Frage stellte sich eigentlich ganz von alleine.
»Die Trugbilder, der Phönix und deine Wunderheilung. Wie sind diese Phänomene zu erklären?«
Artjoms Frage war kurz und konkret. Cortes’ Antwort fiel indes noch wesentlich lakonischer aus:
»Mit Magie.«
Sein letztes Zaubermärchen hatte Artjom als Kind gelesen, trotzdem nahm er Cortes diese Erklärung sofort ab.
Magie. Sein Gedächtnis hatte sofort einige Begriffe parat, die er mit diesem Wort assoziierte: Zaubersprüche, die verzauberte Prinzessin, Zauberer – Letztere
selbstverständlich mit langem Bart und Kapuzenmantel. Im Übrigen wusste Artjom über Magie so gut wie nichts.
»Dann sind das also alles – ähm, sozusagen Magier?«
»So ist es.«
»Cortes!«, intervenierte Jana, stellte ihr Glas auf dem Tisch ab und sah ihren Kompagnon vorwurfsvoll an: »Du tust gerade so, als sei die Magie vom Himmel gefallen. Nach dem Motto: Ist irgendetwas unklar? Alles Magie. Ende der Durchsage.« Der Blick ihrer blauen Augen wanderte zu Artjom. »Magie hat nichts Übernatürliches an sich. Im weitesten Sinne handelt es sich um die Fähigkeit, eine bestimmte Form von Energie gezielt umzuwandeln. «
»Ich habe mal gelesen, dass Zauberer aus sich selbst Energie schöpfen. Aus ihrer Seele oder ihrem Körper …«
»Die eigene Energie würde höchstens für ein primitives Trugbild reichen«, entgegnete Cortes. »Die internen Ressourcen von Lebewesen sind äußerst beschränkt.«
»Je anspruchsvoller ein Zauber, umso mehr magische Energie muss dafür eingesetzt werden«, ergänzte Jana. »Diese Energie kann nur aus externen Quellen geschöpft werden.«
»Von anderen Leuten?«
»Wo denkst du hin?« Jana winkte ab. »Allein für einen Kugelblitz vierter Klasse müsste man die Bevölkerung der halben Stadt anzapfen. Die Magier beziehen ihre Energie aus dem Planeten selbst.«
»Aber nicht direkt«, warf Cortes ein.
»Danke für den Hinweis«, erwiderte Jana mit ironischem
Lächeln und wandte sich wieder Artjom zu. »Die Energie wird in sogenannten Magischen Quellen angereichert, das sind mächtige Artefakte, aus denen die Magier der Verborgenen Stadt ihre Energie schöpfen. Dies geschieht entweder auf direktem Wege, dann wird die Energie der Quelle unmittelbar auf den Zauberer übertragen, oder indirekt, dann werden seine Artefakte aufgeladen, die dann sozusagen als Miniquellen dienen.«
»Und das ist umsonst?«
Cortes verschluckte sich an seinem Cognac und tippte sich vielsagend an die Stirn.
»Artjom«, seufzte Jana und sah ihn an wie einen ungelehrigen Schüler. »Der Markt für magische Dienstleistungen in der Verborgenen Stadt hat ein Volumen von etwa zweieinhalb Milliarden und wächst stabil um zehn Prozent pro Jahr. Der Verkauf von magischer Energie ist ein äußerst lukratives Geschäft. Der Markt wird vollständig von den Herrscherhäusern kontrolliert, denn nur sie verfügen über Magische Quellen.«
»Und da das Wissen um ihre Herstellung verlorengegangen ist, sind die vorhandenen Quellen von unschätzbarem Wert«, meldete sich erneut Cortes zu Wort.
Langsam dämmerte es Artjom.
»Dann ist das Karthagische Amulett also …«
»Die Magische Quelle des Herrscherhauses Tschud«, bestätigte Jana. »Und im Augenblick sitzen die
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