Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung
duckten sich die Polizisten synchron. Im Liftschacht war die erste Granate explodiert.
Als sie bemerkte, dass Lubomir durch den Kommissar abgelenkt war, nutzte Lana die Gelegenheit und rammte Psor mit einer blitzartigen Bewegung ihren spitzen Ellbogen ins Gesicht. Der kleine Sklave taumelte. Die junge Frau sprang auf und legte mit einem Fußtritt nach.
»Herr!!«, zeterte Psor verzweifelt, doch Lubomir hatte im Augenblick völlig andere Sorgen.
Der zwergenhafte Sklave erwies sich als zäher Gegner. Er packte Lana und zog sie in den Wintergarten.
»Lass los, du Wicht!«
Lana hatte nicht vor, den unseligen Handlanger des Boten zu töten, doch Psor ließ sich nicht abschütteln. Seine schielenden Augen flirrten vor Zorn, und er zerrte verbissen an der Fee.
»Scher dich weg, Psor, sonst töte ich dich!«
Lana wich rückwärts zurück und geriet auf eine Wendeltreppe, die nach unten führte.
»Klausur!«
Aus dem Kabinett ertönte die Zauberformel des Boten, die seine Schutzmechanismen in Gang setzte. Die Wände erzitterten, der Boden schwankte und das gesamte Gebäude wurde erschüttert. Die junge Frau verlor den Halt, und als sie nach unten blickte, stellte sie entsetzt fest, dass die Wendeltreppe unter ihren Füßen verschwunden war. Die Fee und der Sklave stürzten ab.
Lana tat instinktiv das Richtige: Mit katzenhafter Geschmeidigkeit vollführte sie eine Drehung in der Luft. Ihr Aufprall auf dem Boden verlief zwar schmerzhaft, aber glimpflich. Der blindwütige Psor dagegen, der sich bis zum letzten Moment an Lanas Bluse festgekrallt hatte, fiel unglücklich und brach sich dabei das Genick.
Die Stimmen in der oberen Etage wurden lauter. Irgendetwas schien dort vor sich zu gehen, doch wegen des Geheuls ihrer verzweifelten Mitgefangenen konnte Jana
nicht verstehen, was dort oben gesprochen wurde. Dennoch schien ihr nun der richtige Zeitpunkt zum Handeln gekommen zu sein.
Sie zerbiss die kleine Plastikampulle und verzog angewiderte das Gesicht. Wie Santiago ihr angekündigt hatte, schmeckte der Sprengwurzextrakt abartig bitter. Sparsam verteilte sie das Wundermittel mit der Zunge auf die Ketten an ihren Handgelenken. Der Extrakt fraß sich zischend in den gehärteten Stahl und ließ ihn innerhalb weniger Sekunden zerbröseln.
»Wie hast du denn das geschafft?«, staunte Marina, als sie bemerkte, dass ihre Nachbarin sich befreit hatte.
Jana antwortete nicht, sondern horchte. Durch die Decke hindurch konnte sie deutlich Schritte hören. Jemand näherte sich der Wendeltreppe.
War es Lubomir? Jana huschte hinter ihre Säule, es schien ihr nicht ratsam, dem Zauberer in die Arme zu laufen. Plötzlich wurde das ganze Haus durchgerüttelt, die Gefangenen kreischten und von der Treppe her ertönte ein markerschütternder Schmerzensschrei. Etwas Weiches war auf den Boden geplatscht.
Vorsichtig spähte Jana hinter der Säule hervor. An der Stelle, wo sich zuvor die Wendeltreppe befunden hatte, saß eine blonde, spärlich bekleidete Frau und fuhr sich jammernd mit der Hand über das Kreuz. Kurz entschlossen stürmte Jana vor und versetzte der Blondine einen Fußtritt gegen die Schläfe. Die aus dem oberen Stockwerk heruntergefallene Frau sank bewusstlos zusammen.
»Was verschafft mir also die Ehre?«, fragte der Zauberer ironisch.
»Ich bin gekommen, um Ihnen das Herz zu entnehmen, Lubomir«, antwortete Santiago wahrheitsgemäß. »Das Herz eines Boten ist eine Rarität heutzutage.«
»Genau wie das Herz eines Nawen«, parierte der Zauberer. »Mir wurde kürzlich eines gebracht.«
»Zum Glück war es künstlich«, erwiderte der Kommissar mit schadenfrohem Grinsen. »Ihre furchterregenden Schergen haben nur eine Attrappe Ortegas getötet. «
Der Zauberer schäumte vor Wut.
Während ihres Wortgefechts bewegten sich die beiden Kontrahenten langsam durch den Raum, und jeder war bemüht, eine möglichst günstige Position für das Duell einzunehmen. Lubomir, der seinen hölzernen Zauberstab in der Hand hielt, glich einer riesigen weißen Ratte mit stechenden, grünen Augen. Im Vergleich zu dem hochgewachsenen Santiago wirkte er wie ein Zwerg.
»Du wirst mich nicht aufhalten!«, drohte er.
Der Naw antwortete nicht. Wie aus dem Nichts zog er plötzlich ein schmales schwarzes Stilett hervor, richtete es drohend gegen den Zauberer und rückte ihm leichtfüßig tänzelnd auf die Pelle.
Artjom schenkten die beiden Duellanten keinerlei Beachtung. Der Nachwuchssöldner war brennend daran interessiert, dass dies
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