Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung
Wachstube gellten, brachen die Tschuden in aller Ruhe die Tür auf.
»Alle hinlegen!«
»Keine Bewegung!«
Überrascht wandte sich Pulle den Rittern zu, und diese Chance nutzte Säbel eiskalt aus: Die Klinge seines Yatagans schmatzte, und der Kopf des jungen Clanführers rollte unter den Tisch.
»Wir ergeben uns«, erklärte der Fötido keuchend. »Man hat uns getäuscht.«
Metscheslaw hielt sich krampfhaft an den Stahlseilen des Aufzugs fest. Seine Lage war alles andere als komfortabel und in höchstem Maße ärgerlich. Als die Explosionen im Schacht vorbei waren, musste er sich sehr zusammenreißen, um nicht lautstark Dampf abzulassen.
Doch man hätte ihn oben hören können, und ein weiterer Granathagel war das Letzte, was er in diesem Augenblick gebrauchen konnte.
Er hielt also den Mund und kletterte lautlos nach oben. Nach dem unerfreulichen Zwischenfall mit den Wachen beschloss er, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Sein Besuch galt dem Boten. Als er den Mauerdurchbruch in der vorletzten Etage erreichte, hielt er kurz inne und grinste zufrieden, als er Schreie und das Klirren von Waffen hörte.
»Ausgezeichnet«, murmelte der Baron, »niemand wird mich daran hindern, dir das Herz herauszureißen, Lubomir.«
Trotz seiner stämmigen Figur hangelte sich Metscheslaw mit der Geschicklichkeit eines Gibbons zur letzten Etage empor. Am Ende des Schachts erwartete ihn eine massive Metalltür. Im Vertrauen auf das Killerkraut holte er Schwung und trat mit voller Wucht dagegen.
Während Santiago und Lubomir sich wie besessen mit Blitzen bekämpften und darüber alles andere vergaßen, beruhigte sich Artjom ein wenig. Auf der Suche nach einem Ausweg fiel sein Blick auf die Aufzugtür am gegenüberliegenden Ende des Kabinetts: Das war seine Chance! Die beiden Irren konnten schließlich auch ohne ihn klären, wer von ihnen der Stärkere war.
Artjom drückte sich gegen die Wand und schlich Schritt für Schritt zum Aufzug. Als er unmittelbar vor der massiven Metalltür stand und gerade den Knopf betätigen wollte, stockte ihm der Atem: Aus dem Schacht
drangen heftige Atemgeräusche. Jetzt wurde es eng. Artjom suchte fieberhaft nach einer Waffe und entschied sich für die Erstbeste: eine kleine, gusseiserne Kohlenwanne auf Stelzenbeinen. Er bezog Stellung neben der Aufzugtür und bereitete sich darauf vor, die Gäste zu begrüßen.
Das laute Atmen verstummte, wurde von einem seltsamen Knarzen abgelöst und dann folgte ein dumpfer Schlag. Die Tür beulte sich aus, hielt jedoch stand. Artjom hielt den Atem an und umklammerte seine Waffe noch fester. Beim zweiten Schlag zerriss die Tür wie ein Stück Papier. In dem entstandenen Spalt erschien der Kopf des Ankömmlings.
Diese fiese Visage erkannte Artjom sofort. Es war der semmelblonde Lump mit der Narbe am Hals, der die Söldner aus der Eidechse verschleppt hatte. Artjom zimmerte ihm genüsslich die Kohlenwanne auf den Schädel. Der Eindringling stürzte in den Schacht zurück, und sein Schrei verhallte weit unten.
Zufrieden stellte Artjom seine gusseiserne Waffe ab und wandte sich wieder den beiden Kampfhähnen zu. Santiago geriet in Bedrängnis. Lubomir war auf den Tisch gesprungen und fuchtelte wie verrückt mit seinem Zauberstab. Regelrechte Salven grüner Blitze prasselten auf den Kommissar ein. Der dichte Nebel hinter seinem Rücken hatte sich zu einem dünnen Schleier gelichtet.
»Jetzt bist du fällig, Naw!«, trompetete Lubomir.
»Fürst«, flüsterte Santiago. »Es ist höchste Zeit, Fürst!«
Die Polizisten stürmten das Gebäude voller Jagdeifer. Sie wussten bereits, dass sich die Kriminellen in den letzten beiden Stockwerken eingenistet hatten. Da der Aufzug nicht funktionierte, blieb ihnen nichts anderes übrig, als die Treppe zu nehmen. Die Vorhut bildete das Spezialeinsatzkommando unter Klims Führung, dahinter folgten die Sonderermittler, die ihre kugelsicheren Westen angelegt hatten. Alle waren bester Stimmung, denn der Erfolg der bevorstehenden Operation war so gut wie sicher: Die Missetäter hatten keinerlei Möglichkeit zu fliehen.
Die Euphorie der Ordnungskräfte verflog etwa ab der vierten Etage. Die anfangs zu Scherzen aufgelegten Polizisten wurden wortkarg, ihre Gesichter immer röter und länger. Die endlosen Treppen machten allen zu schaffen, vor allem den Sonderermittlern, die nicht so durchtrainiert waren wie die SEKler. Im siebten Stock blieb Schustow keuchend stehen und sah den scheinbar leichtfüßig davoneilenden
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