Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung
stand.
»Mit mir hast du hier wohl nicht gerechnet, Bote?! «, donnerte das Monster.
»Dann ist Santiago also ein Avatar?«, wunderte sich der Zauberer.
»Santiago ist ein Teil von mir. Eine meiner Inkarnationen. «
»Keine schlechte Idee«, bemerkte der Bote vergnügt und tätschelte seine Streitaxt. »Wozu Minister und Vizekönige ernennen, wenn man die Schlüsselpositionen der Macht auch mit eigenen Inkarnationen besetzen kann. Wie auch immer, es freut mich, dass du dir persönlich die Ehre gibst, Fürst!«
Das Ungeheuer fauchte und breitete die Flügel aus. Dabei wurde es abermals von schwarzem Nebel eingehüllt.
»Du solltest nicht reden, sondern kämpfen, Bote!«
»Nichts lieber als das!« Der Krieger ließ die Muskeln spielen. »Was soll ich dir zuerst abhacken, du Missgeburt? Die Flügel?«
»Versuch’s mal mit dem Kopf!«
»Abgemacht!«
Der Bote sprang vom Tisch, schwang die Streitaxt und rückte seinem Gegner zu Leibe. Obwohl er dem Ungeheuer nur bis zur Brust reichte, drängte er es in die Defensive. Immer knapper verfehlten die Hiebe der Streitaxt ihr Ziel. Von der blitzenden Klinge lösten sich grüne Funken und züngelten wie Blitze nach dem Fürsten. Sie verglommen aber stets in dem schwarzen Nebel, der das Monster umhüllte. Der Fürst wehrte sich mit seinen kräftigen, krallenbewehrten Klauen, doch auch ihm gelang kein entscheidender Hieb. Wie zwei Furien tobten die beiden Duellanten durch den Raum, warfen Möbel um und krachten gegen die Regale. Herabfallende Gefäße zerbrachen und ergossen ihren erbärmlich stinkenden Inhalt über den Boden.
Fasziniert beobachtete Artjom, wie die beiden Todfeinde
das Kabinett verwüsteten, und fragte sich, wer wohl als Erster eine Schwäche zeigen würde. Wie sich herausstellte, war es der Fürst. Ein verbissener Schlaghagel des Boten brachte ihn völlig aus dem Konzept und minderte für einen Moment seine Wachsamkeit. Die grünen Blitze des Boten zerrissen den schwarzen Dunstschleier und wanden sich wie Würgeschlangen um den Fürsten. Das Monster taumelte und fiel krachend zu Boden.
»Jetzt erfüllt sich die Prophezeiung«, triumphierte der Bote und schwang die Streitaxt über den Kopf. »Meine Zeit ist gekommen!«
Der Tod des Fürsten schien unausweichlich, er hatte keine Chance gegen den weißblonden Krieger. Artjom sah, wie die breite Klinge der Axt auf den Kopf des Monsters herabsauste. Der Fürst heulte auf, doch der Schlag wurde von einem massiven Schwert abgeblockt, das sich kurz darauf in Lubomirs Seite bohrte. Das Schwert gehörte einem imposanten Ritter, der durch ein Portal in das Kabinett gelangt war. Der rote Wirbel verblasste gerade über dem Tisch.
»Der Großmagister! «, schnaubte der Bote, der zurückwich, während sich seine Fellweste mit Blut tränkte.
»Ich komme wohl gerade recht!«, rief der Ritter und ging auf Lubomir los.
Aus der Klinge seines zweigriffigen Schwerts schlugen Flammen. Seine üppig mit Gold verzierte Rüstung funkelte im Licht der grünen Blitze des Boten.
»Der Moment der Vergeltung ist gekommen, Lubomir! Jetzt wirst du die Macht des Karthagischen Amuletts zu spüren bekommen!«
Der Fürst hatte sich inzwischen wieder aufgerappelt, und Lubomir wurde in die Zange genommen. Von der einen Seite näherte sich schwarzer Nebel, von der anderen alles verzehrende Flammen. Die Mächte der Dunkelheit und des Feuers hatten sich gegen ihn verbündet. Doch der verwundete Bote gab nicht auf. Er musste Zeit gewinnen, um neue Kraft zu schöpfen. Verbissen um sich schlagend, wich er zu der kleinen Tür zurück, die in den Wintergarten führte.
»Lass ihn nicht entkommen, Großmagister!«, schrie der Fürst.
»Ihr werdet mich nie kriegen«, verkündete der Bote und lachte satanisch.
Doch das Lachen blieb ihm im Halse stecken: Mit einem geschickten Hieb schlug ihm der Ritter die Streitaxt aus der Hand. Die langen Krallen des Fürsten bohrten sich ins Handgelenk des Boten und nagelten ihn buchstäblich an die Wand. Seinen zweiten Arm durchstach das Feuerschwert des Großmagisters. Wie ein Gekreuzigter stand Lubomir vor seinen Feinden an der Wand.
»Ihr glaubt wohl, ihr hättet gewonnen?«, fragte er grinsend. Die Wunde in seiner Flanke zog sich zusammen, und der Blutstrom versiegte. »Niemand kann den Boten aufhalten!«
»Wir brauchen eine Priesterin!«, rief der Großmagister.
»Ich weiß«, erwiderte der Fürst. »Sie muss jeden Augenblick hier sein.«
Ganz in der Nähe des Geschehens öffnete sich ein
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