Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung
seinen Stuhl heran. Die Kohlen entzündeten sich, und Lubomir wärmte sich genießerisch die Hände am Feuer.
»Das Herrscherhaus Naw«, wiederholte er. »Sie haben die Burg offenbar überwacht und nur auf uns gewartet. Ziemlich intelligent ausgedacht. Menschliche Söldner konnten mir nicht auffallen. Wirklich klug!« Der Zauberer sah seine Schergen verächtlich an. »Wisst ihr nun, was ihr angerichtet habt?«
Die Rothauben schüttelten die gesenkten Köpfe.
»Wenn sich das Amulett in der Zitadelle befindet, könnte der Dunkle Hof schon morgen das einzig verbliebene Herrscherhaus in der Stadt sein. Nur mich müssen sie noch vernichten. Und euch unberechenbare Halbblute gleich mit.«
Die Clanführer fanden diese Aussichten alles andere als erbaulich.
»Vielleicht ist das Amulett gar nicht in der Zitadelle?«, spekulierte Säbel. »Die Tschuden sind jetzt in Alarmbereitschaft. Die Nawen werden sich wohl kaum in ihren Sektor wagen.«
»Was sollten sie auch dort? Cortes wird ihnen die Beute selbst bringen.«
»Kannst du denn nicht feststellen, wo sich das Amulett befindet?«, erkundigte sich der Fötido.
»Leider nein. Das Amulett befindet sich in einem silbernen Behältnis.« Lubomir schnippte mit den Fingern, und vor ihm in der Luft erschien ein glänzender, glatter Quader, auf dem schnörkelige Hieroglyphen eingraviert waren. »Ich habe das Behältnis selbst versiegelt, und deshalb ist es gegen magische Nachverfolgung gesichert. Unsere eigenen Vorsichtsmaßnahmen werden uns jetzt zum Verhängnis.«
»Wie unangenehm«, kommentierte Pulle verständnisvoll.
Da der Begriff »Vorsichtsmaßnahmen« für die Rothauben ein Fremdwort war, hatte der Desastro den letzten Satz des Zauberers nicht so richtig verstanden, doch er hielt es für angebracht, sich vorsorglich mitfühlend zu äußern.
»Hör mal, Lubomir«, setzte Pulle hinzu, »ich glaube, dass wir Cortes angeschossen haben. Ich bin mir sogar ziemlich sicher. Als er floh, ist er nicht mehr rund gelaufen. «
»Vor wem soll er denn geflohen sein? Deinem Bericht nach zu schließen, hat er einfach deine Kämpfer erschossen, sich das Amulett genommen und ist weggefahren. «
»Ein paar von meinen Männern haben Cortes auf Motorrädern verfolgt«, berichtete Säbel. »Sie haben ihn eingeholt. «
»Du brauchst gar nicht weitererzählen«, unterbrach ihn Lubomir. »Hat einer von diesen Männern überlebt?«
»Nein«, gestand der Fötido mit hängendem Kopf.
»Das heißt, wir wissen nicht, wo Cortes hingefahren ist.«
»Wir haben ihn aber angeschossen«, beharrte Pulle stur. »Er ist verwundet.«
»Hoffen wir’s. – Danke, Psor.« Lubomir nahm die Tasse aus den Händen des Sklaven entgegen und schlürfte von dem heißen Tee. Dann fügte er nachdenklich hinzu: »Wenn ihr ihn wirklich erwischt habt, gibt es noch eine reelle Chance, dass er es nicht bis zur Zitadelle geschafft hat.«
»Sag ich doch!«, freute sich Pulle und sah den Fötido triumphierend an. »Ich werde ihn finden!«
»So? Und was machst du, wenn du ihn gefunden hast?«, fragte der Zauberer spitz.
Der Fötido-Boss brach in hämisches Gelächter aus.
»Säbel!«
»Ja, Lubomir.«
»Was glaubst du, würde der Söldner um der Beute willen sein Leben aufs Spiel setzen?«
»Ein Söldner? Ein Humo?« Der Einäugige schüttelte den Kopf. »Niemals!«
»Das bedeutet, wenn er verwundet ist, würde er eher zum Arzt fahren als in die Zitadelle.«
»Genau!«
»Gut.« Lubomir nahm noch einen Schluck Tee. »Wir haben ihn am Ende des Lenin-Prospekts aus den Augen verloren. Wohin könnte er geflohen sein?«
»Weiß der Geier«, winkte Pulle ab. »Diese Humos sind doch unberechenbar.«
»Ins Kloster der Erli«, sagte Säbel und spuckte angewidert aus. »Das ist die einzige Möglichkeit.«
»Wieso das denn?«, echauffierte sich der Desastro.
»Bleib ruhig, Pulle!« Lubomir fixierte den Fötido mit seinen riesigen grünen Augen. »Also warum?«
»Erstens würden ihn die Erli am schnellsten wieder auf die Beine bringen. Das kostet zwar ein Vermögen, aber wenn ihn der Dunkle Hof bezahlt, kann Cortes sich das leisten«, antwortete der Einäugige erstaunlich logisch. »Zweitens würde ihn jeder Humo-Arzt sofort der Polizei übergeben. Schließlich hat er eine Schusswunde! « Der Fötido spuckte abermals aus und wandte sich mit skeptischem Blick seinem Rivalen zu. »Dies natürlich unter der Voraussetzung, dass diese Versager ihn tatsächlich angeschossen haben.«
Pulle begann zu knurren wie eine
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