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Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Titel: Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Panov
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mutmaßte Nelson Bard. »Sie haben wohl keine weiße Flagge auftreiben können und deshalb einfach die Tür offen gelassen.«
    De Geer sah den jungen Magister, der im Gegensatz zu ihm, dem Kapitän, noch keine sechs Kriegszüge auf dem Buckel hatte, mitleidig an und biss sich auf die Lippen.
    »Wenn sie sich jetzt bedingungslos ergeben, könnten wir davon absehen, sie alle abzuschlachten«, schwadronierte Bard weiter. »Die Rädelsführer hängen wir natürlich auf, und von den anderen verlangen wir eine Kontribution. Was meinen Sie, Kapitän?«
    »Ein ausgezeichneter Plan, Magister.«
    Die Pforte quietschte und spuckte abermals den Gardisten aus.
    »Keiner da!«, meldete er und breitete die Arme aus. »Ich habe nur Frauen, Kinder und Greise gesehen. Keine Wachposten!«
    Die Tschuden waren bedient. Seit Vernichtungskriege durch den Kodex verboten waren, galt die Tötung von Zivilisten als schmutziges Verbrechen.
    »Diese feigen Schweine«, schimpfte Bard. »Was sollen wir tun?«
    »Unseren Auftrag erfüllen«, entgegnete de Geer und marschierte los.
    Er räumte den Gardisten unsanft aus dem Weg und betrat entschlossen das Gebäude. Franz wurde beinahe
schwarz vor Augen von dem bestialischen Gestank, der ihm entgegenschlug. Die Rothauben rühmten sich seit je ihres einzigartigen Geruchs.
    Angewidert atmete der Kapitän durch und sah sich um. Er befand sich in einem schmutzigen, schwach beleuchteten Kabuff, das vermutlich der Torwache als Aufenthaltsraum diente. Die Einrichtung beschränkte sich auf einen Holztisch, der mit Essensresten verklebt war, und zwei windige Hocker. In einer Ecke stand eine ganze Batterie verstaubter, leerer Whiskeyflaschen. An der gegenüberliegenden Tür, die in den Innenhof führte, drängte sich ein Grüppchen verschreckter Rothauben zusammen, die sich wohl aus Neugier hier eingefunden hatten. Der Aufklärer hatte Recht: Es handelte sich ausschließlich um Frauen, Kinder und Greise.
    »Ich möchte mit jemandem reden«, sagte der Kapitän zu den beiden Gardisten, die ihm in die Wachstube gefolgt waren.
    Die Gardisten griffen sich eine alte Frau aus dem Grüppchen der Wilden und schleiften sie gegen ihren erbitterten Widerstand zu de Geer. Sie trug ein rotes Kopftuch, das nicht so aussah, als sei es jemals gewaschen worden. Darunter lugten ein paar graue Strähnen hervor. Sie steckte sich einen ihrer krummen Finger in den Mund, prüfte den Sitz ihres einzigen Zahnes und begann draufloszuplappern – allerdings in einem alten Dialekt aus den Westlichen Wäldern, so dass man kein Wort verstand.
    »Sie soll gefälligst Russisch sprechen«, forderte Franz zornig.
    Einer der Gardisten, der es besonders eilig hatte, aus
dem stinkenden Loch wieder herauszukommen, versetzte der Greisin einen Klaps auf den Hinterkopf. Die Alte verzog empört das runzelige Gesicht, rückte ihr Kopftuch zurecht, das ihr vor die Augen gerutscht war, und sah dem Kapitän unverwandt in die Augen.
    »Die Männer sind alle weg. Sie haben gesagt, dass wir bald König sein werden«, erklärte sie lispelnd und brach in zufriedenes Gelächter aus. Dabei blies sie Franz eine Wolke üblen Mundgeruchs ins Gesicht.
    De Geer rümpfte die Nase, legte wortlos die Schatulle auf den schmutzigen Tisch und zog einen Dolch mit einem kunstvoll verzierten, goldenen Griff aus dem Gürtel. Der Alten blieb das Lachen im Halse stecken, und sie begann verzagt zu wimmern. Ihre Stammesgenossen stimmten ein, und im Raum erhob sich ein klägliches Gejammer.
    »Das Herrscherhaus Tschud erklärt eurem armseligen Volk hiermit den Krieg«, donnerte Franz. »Ich weiß nicht, was sich eure dämlichen Führer dabei gedacht haben, aber sie werden sich nicht ewig verstecken können. Früher oder später werden wir sie finden und für die gestrige Unverfrorenheit zur Rechenschaft ziehen.«
    Das Jammern verstummte. Die Bewohner des Forts hatten erleichtert zur Kenntnis genommen, dass die Tschuden nicht vorhatten, sie zu töten, und hörten dem Gesandten aufmerksam zu.
    »Gleichzeitig hat der Großmagister wohlwollend verkündet, dass diejenigen Rothauben, die sich freiwillig ergeben, begnadigt werden. Den Übrigen könnt ihr ausrichten, dass es ihnen so ergehen wird«, schloss der
Kriegsmeister und rammte seinen Dolch bis zum Griff in die Mauer des Südlichen Forts.
     
     
     
    Bürohaus der Firma GW
Moskau, Pokrowka-Straße
Dienstag, 27. Juli, 08:56 Uhr
     
     
    Das Gebäude der Firma, für die Artjom arbeitete, befand sich ganz am Ende der Pokrowka-Straße

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