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Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Titel: Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Panov
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zu entrinnen.
    »Lassen Sie mich durch, lassen Sie mich durch!«, flehte sie den Tränen nah.
    »Pass doch auf!«
    »Dumme Gans!«
    Die Wand aus Menschenleibern gab schließlich doch nach und spuckte das Mädchen aus.
    »Hey, spinnst du?! Hast du keine Augen im Kopf?«
    Marina war mit voller Wucht gegen einen Zeitungsstand gerannt, auf dem sich die einschlägigen Boulevardblätter der Hauptstadt stapelten. Mit knapper Not konnte der glatzköpfige Verkäufer verhindern, dass sein Arbeitsplatz umkippte, nur ein paar vergilbte Kalender mit anzüglichen Bildchen segelten auf den verspuckten Betonboden.
    »Das tut mir leid.« Marina hob eilig die Kalender auf und legte sie auf den Tisch zurück. »Sie wissen nicht zufällig, wo man hier telefonieren kann?«
    »Dort drüben.«
    »Vielen Dank. Und entschuldigen Sie nochmals.«
    »Schon gut«, beschied der Verkäufer versöhnlich. »Du musst dir aber erst eine Telefonkarte kaufen. Die gibt’s an dem Kiosk gleich hier vorne.«
    »Danke!«
    Solche Telefonapparate sah das Mädchen zum ersten Mal. Die blauen Kästen mit glänzenden Metalltasten, Display und einer ellenlangen Liste von Bedienungshinweisen waren gleichsam ein Symbol für die neue Welt, in die Marina nun eintauchte. Sie wiegte skeptisch den
Kopf und näherte sich zaghaft diesen Errungenschaften der Zivilisation, als ihr plötzlich die harte Schuhspitze eines Passanten gegen die ungeschützte große Zehe trat.
    »Aua!«, jammerte sie und krümmte sich vor Schmerzen.
    »Sorry!«, entschuldigte sich der kurzgeschorene Übeltäter beiläufig, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen.
    »Haben Sie keine Augen im Kopf?!«, entrüstete sich Marina.
    Der junge Mann blieb stehen, nahm seine Sonnenbrille ab und drehte sich nach ihr um.
    »Bitte?«
    »Können Sie nicht aufpassen?« Ihr großer Zeh, in dem ein stechender Schmerz pulsierte, lief bereits blau an. »Sie haben mir wehgetan und halten es nicht einmal für nötig, nach mir zu sehen.«
    »Entschuldigen Sie bitte, ich war in Gedanken und habe Sie gar nicht bemerkt«, rechtfertigte sich der Grobian, rückte seinen kleinen schwarzen Rucksack zurecht und lächelte sie freundlich an. »Ist es so besser?«
    »Viel besser.«
    »Glauben Sie mir, schöne Frau, man wird Ihnen hier noch oft auf die Füße treten, und nicht jeder wird sich bei Ihnen entschuldigen. Heute hatten Sie Glück. Auf Wiedersehen.«
    Der junge Mann schob seine Sonnenbrille wieder auf die Nase und verschwand in der Menge.
    Die Bedienung des modernen Telefonapparats erwies sich als einfacher, als Marina gedacht hätte. Nachdem sie
eine Telefonkarte gekauft hatte, suchte sie in ihrem Notizbuch eine Nummer heraus, tippte sie ein und lauschte mit heftig klopfendem Herzen dem Freizeichen.
    »Hallo?!«
    »Kann ich bitte mit Alex sprechen?«
    »Bin am Apparat.«
    Was für eine angenehme Stimme, dachte Marina.
    »Hier ist Marina, erinnern Sie sich? Wir hatten ausgemacht, dass ich nach Moskau komme.«
    Für einige Augenblicke, die dem Mädchen wie eine Ewigkeit vorkamen, schwieg der Gesprächspartner. Würde alles umsonst gewesen sein? Sie war bereit, den Hörer gegen die Wand zu werfen und in Tränen auszubrechen.
    »Marina? Natürlich erinnere ich mich«, sagte Alex endlich. »Wann bist du angekommen?«
    »Gerade eben, ich rufe direkt vom Bahnhof aus an. Vom Kiewer Bahnhof …«
    »Ausgezeichnet. Komm sofort zu mir ins Studio, in die Pljuschtschicha-Straße.«
    »Und wo ist das?«
    »Gleich um die Ecke. Du überquerst die Borodinski-Brücke, gehst an dem langen Ziegelbau vorbei und biegst dann rechts in die Pljuschtschicha-Straße ein.«
    »Und wo ist diese Brücke?«, erkundigte sich schüchtern das Mädchen.
    »Frag dich durch, die kennt jeder. Ich erwarte dich. Ciao.«
    Marina entnahm die Telefonkarte aus dem Apparat und drehte sie unschlüssig hin und her. Sollte sie nun zu Hause anrufen oder nicht? Sie stellte sich vor, wie ihre
Mutter hoffnungsvoll zum Telefon stürzt, und schüttelte den Kopf. Nein, sie hatte jetzt keine Zeit, sich ihre Belehrungen anzuhören. Erst würde sie sich um ihre Arbeit kümmern und dann später zu Hause anrufen.
    Kurz darauf fragte das einsame, schlanke Mädchen mit dem vorsintflutlichen Koffer in der Hand Passanten nach dem Weg zur Borodinski-Brücke.
     
     
     
    Städtisches Mietshaus
Moskau, Pretschistenka-Straße
Dienstag, 27. Juli, 14:00 Uhr
     
     
    »Und nun messen wir für zehn Sekunden unseren Puls.«
    Mit ihrem strahlenden Fernsehlächeln ermunterte Cindy

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