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Die verborgene Wirklichkeit

Die verborgene Wirklichkeit

Titel: Die verborgene Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Greene
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2,0023193043622. Im Rahmen der winzigen Unsicherheiten, mit denen beide behaftet sind, hat das Experiment die Theorie mit einer Messunsicherheit von weniger als einem Zehnmilliardstel bestätigt.
    Aus heutiger Sicht sieht es so aus, als würden Vorhersagen, die sich auf das Multiversum stützen, eine solche Genauigkeit nie erreichen können. In den am höchsten entwickelten Szenarien können wir vielleicht vorhersagen, dass die kosmologische Konstante, die Stärke der elektromagnetischen Kraft oder die Masse des Up-Quarks »höchstwahrscheinlich« in einem bestimmten Bereich liegt. Für bessere Ergebnisse bedürften wir einer außerordentlichen Portion Glück. Neben der Lösung des Maßproblems müssten wir eine überzeugende Multiversums-Theorie mit stark einseitigen Wahrscheinlichkeiten (beispielsweise einer Wahrscheinlichkeit von 99,9999 Prozent, dass ein Beobachter sich in einem Universum befindet, dessen kosmologische Konstante genau so groß ist wie der von uns gemessene Wert) oder erstaunlich engen Korrelationen entdecken (beispielsweise, dass Elektronen nur in Universen mit einer kosmologischen Konstante von 10 – 123 existieren können). Weist eine Multiversums-Theorie diese besonders günstigen Merkmale nicht auf, dann bietet sie nicht die Genauigkeit, durch die sich die Physik so lange von anderen Fachgebieten unterschieden hat. Manchen Wissenschaftlern scheint dies ein unangemessen hoher Preis zu sein.
    Eine Zeitlang war auch ich dieser Ansicht, doch allmählich habe ich meine Meinung geändert. Wie alle anderen Physiker bevorzuge ich klare, präzise, eindeutige Vorhersagen. Aber wie vielen anderen, so ist auch mir klar geworden, dass sich zwar manche grundlegenden Eigenschaften des Universums für solche exakten mathematischen Vorhersagen eignen, andere jedoch nicht –
oder zumindest besteht die logische Möglichkeit, dass es Eigenschaften geben könnte , die sich präzisen Vorhersagen entziehen. Seit Mitte der achtziger Jahre, als ich als junger Doktorand an der Stringtheorie arbeitete, herrschte allgemein die Erwartung, dass man mit der Theorie eines Tages die Teilchenmasse, die Stärke der Naturkräfte, die Zahl der Raumdimensionen und praktisch alle anderen grundlegenden physikalischen Aspekte würde erklären können. Ich bin noch heute voller Hoffnung, dass wir dieses Ziel eines Tages erreichen werden. Mir ist aber auch bewusst, dass es für die Gleichungen einer Theorie eine große Herausforderung ist, Zahlen wie die der Elektronenmasse (0,000000000000000000000091095 in Einheiten der Planck-Masse) oder der Masse eines Top-Quark (0,0000000000000000632 in Einheiten der Planck-Masse) zu verarbeiten und hervorzubringen. Und wenn es um die kosmologische Konstante geht, scheint es geradezu eine Herkulesaufgabe zu sein. Eine Berechnung, die nach seitenlangen Manipulationen und einigen Megawatt Computer-Stromverbrauch zu der Zahl führt, die den Höhepunkt des ersten Absatzes von Kapitel 6 bildet – nun ja, unmöglich ist es nicht, stellt jedoch selbst den eingefleischten Optimisten auf eine harte Probe. Die Stringtheorie scheint der Berechnung all dieser Zahlen nicht näher gekommen zu sein als zu der Zeit, da ich erstmals damit arbeitete. Das bedeutet nicht, dass man mit ihr oder einer zukünftigen Theorie nicht irgendwann Erfolg haben wird. Vielleicht muss der Optimist einfach nur mehr Fantasie aufbringen. Aber angesichts der heutigen Physik erscheint es sinnvoll, auch neue Verfahren in Betracht zu ziehen. Genau das tut man mit dem Multiversum.
    In einer ausgereiften Multiversums-Theorie gibt es eine klare Abgrenzung der physikalischen Eigenschaften, die man anders als mit der üblichen Praxis behandeln muss: jene, die von Universum zu Universum unterschiedlich sind. Genau das macht die Leistungsfähigkeit der Methode aus. Mit einem kann man in einer Multiversums-Theorie in jedem Fall rechnen: mit einer genauen Aussage darüber, welche Rätsel aus dem einzelnen Universum auch bei vielen Universen bestehen bleiben und welche nicht.
    Ein Musterbeispiel ist die kosmologische Konstante. Wenn sie in einem Multiversum mit ausreichend kleinen Abstufungen variiert, wird das, was zuvor rätselhaft war – nämlich ihr genauer Wert –, zu einer Banalität. Genau wie ein gut ausgestattetes Schuhgeschäft, das unsere Schuhgröße mit Sicherheit vorrätig hat, so enthält auch ein hinreichend vielfältiges Multiversum mit Sicherheit Universen, in denen der Wert der kosmologischen Konstante so ist, wie wir

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