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Die verborgene Wirklichkeit

Die verborgene Wirklichkeit

Titel: Die verborgene Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Greene
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ihn gemessen haben. Eine Erklärung, nach der Generationen von Wissenschaftlern angestrengt gesucht haben, erwiese sich mit dem Multiversum als überflüssig.
Man hätte gezeigt, dass eine scheinbar tiefgründige, quälende Fragestellung nur eine Folge der irrigen Annahme ist, die kosmologische Konstante müsse einen einzigen Wert haben. So betrachtet, hat eine Multiversums-Theorie beträchtliches Erklärungspotenzial und überdies das Potenzial, den Verlauf der wissenschaftlichen Forschung entscheidend zu beeinflussen.
    Wer solche Überlegungen anstellt, muss Vorsicht walten lassen. Was wäre geschehen, wenn Newton nach dem Fall des Apfels überlegt hätte, dass wir Teil eines Multiversums sind, in dem Äpfel in manchen Universen nach unten und in anderen nach oben fallen, so dass der fallende Apfel uns einfach zu erkennen gibt, was für ein Universum wir bewohnen, ohne dass weitere Forschungen notwendig wären? Oder wenn er zu dem Schluss gelangt wäre, dass in jedem Universum manche Äpfel nach unten und andere nach oben fallen und dass es demnach an der Umwelt liegt, wenn wir nur die nach unten fallende Variante sehen, weil alle Äpfel, die nach oben fallen, dies längst getan haben und für alle Zeiten im Weltraum verschwunden sind? Das ist natürlich ein albernes Beispiel – es gab nie einen theoretischen oder sonstigen Grund für solche Gedanken –, aber es hat einen ernst zu nehmenden Kern. Wenn die Wissenschaft sich auf ein Multiversum beruft, schwächt sie damit unter Umständen die Motivation, bestimmte Rätsel zu lösen, auch wenn manche dieser Rätsel vielleicht einer konventionellen Erklärung ohne jedes Multiversum zugänglich sind. Wo in Wirklichkeit nur größere Anstrengungen und gründlicheres Nachdenken notwendig wären, würden wir uns unter Umständen der Verlockung des Multiversums nicht erwehren und voreilig auf konventionelle Erklärungsansätze verzichten.
    Wegen dieser potenziellen Gefahr schrecken manche Wissenschaftler vor Multiversums-Überlegungen zurück. Sie ist der Grund dafür, dass eine ernst zu nehmende Multiversums-Theorie zum einen durch wesentliche theoretische Befunde motiviert sein und zum anderen präzise formulieren muss, aus was für Universen das Multiversum zusammengesetzt ist. Wir müssen sorgfältig und systematisch vorgehen. Doch sich vom Multiversum abzuwenden, nur weil es uns in eine Sackgasse führen könnte , ist ebenfalls gefährlich. Denn dadurch verschließen wir womöglich die Augen vor der Wirklichkeit.

KAPITEL 9
Schwarze Löcher und Hologramme: Das holographische Multiversum
    Platon verglich unsere Sichtweise auf die Welt mit der eines urtümlichen Vorfahren, der Schatten über die Wand einer schwach beleuchteten Höhle wandern sieht. Nach seiner Vorstellung war unsere Wahrnehmung nur ein matter Abglanz einer viel reichhaltigeren Wirklichkeit, die sich außerhalb unserer Reichweite abspielt. Zwei Jahrtausende später sieht es so aus, als könnte Platons Höhle mehr als nur eine Metapher sein. Allerdings wird das Höhlengleichnis dabei auf den Kopf gestellt: Die Realität – und nicht ihr Schatten – spielt sich an einer weit entfernten Grenzfläche ab, und alles, was wir in den drei vertrauten Raumdimensionen wahrnehmen, ist eine Projektion jenes fernen Ablaufs. Damit wäre die Wirklichkeit so etwas wie ein Hologramm. Oder eigentlich ein holographischer Film.
    Das holographische Prinzip kann man mit Fug und Recht als die seltsamste Form einer Parallelwelt bezeichnen. Danach lässt sich alles, was wir erleben, vollständig und angemessen als Kommen und Gehen in dünnen, weit entfernten Gefilden beschreiben. Das Prinzip besagt: Wenn wir die Gesetze, denen die Physik an dieser weit entfernten Oberfläche unterliegt, und die Verbindung zwischen den Phänomenen dort und der Erfahrung hier verstünden, hätten wir alles begriffen, was es über die Wirklichkeit zu wissen gibt. Eine bestimmte Version von Platons Schattenwelt – eine parallele, aber völlig unbekannte Verkörperung der Alltagsphänomene – wäre dann die Wirklichkeit.
    Auf dem Weg zu dieser seltsamen Möglichkeit gehen grundsätzliche gedankliche Entwicklungen aus vielen Bereichen eine Verbindung ein – aus der Allgemeinen Relativitätstheorie, der Erforschung Schwarzer Löcher, der Thermodynamik, der Quantenmechanik und, als jüngster Zutat, aus der Stringtheorie. Der rote Faden, der diese so unterschiedlichen Gebiete verbindet, ist das Wesen der Information in einem

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