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Die verborgene Wirklichkeit

Die verborgene Wirklichkeit

Titel: Die verborgene Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Greene
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Mehrdeutigkeit, die wir gerade kennengelernt haben, plagt uns hier ebenso schwer, es sei denn, dass es physikalische Gründe dafür gibt, auf welcher Grundlage
man die Vergleiche anstellt . Theoretiker haben Vorschläge gemacht, die sich aus dieser oder jener physikalischen Überlegung ergeben und zu den in den Tabellen angegebenen Paarungen analog sind, aber ein eindeutiges Verfahren, auf das sich alle einigen können, wurde bisher nicht entwickelt. Und wie im Fall der unendlichen Zahlenmengen, so liefern auch hier unterschiedliche Methoden unterschiedliche Ergebnisse. Nach der einen Vergleichsmethode sind Universen mit einer bestimmten Kombination von Eigenschaften in der Mehrzahl; stellt man den Vergleich anders an, stellen Universen mit anderen Eigenschaften die Mehrheit.
    Tabelle 7.2 Jede ganze Zahl bildet mit jeder zweiten geraden Zahl ein Paar; damit bleibt eine unendlich große Menge gerader ungepaarter Zahlen übrig, was den Schluss zulässt, dass es mehr gerade als ganze Zahlen gibt.
    Die Mehrdeutigkeit hat weitreichende Auswirkungen darauf, was wir für die typischen oder durchschnittlichen Eigenschaften in einem bestimmten Multiversum halten. Physiker sprechen hier von einem Maßproblem  – der mathematische Fachbegriff macht sofort deutlich, was damit gemeint ist. Wir brauchen einen Weg, um die Größe verschiedener unendlicher Ansammlungen von Universen zu messen. Diese Information ist notwendig, wenn wir Vorhersagen treffen wollen. Wir brauchen sie, um herauszufinden, wie wahrscheinlich es ist, dass wir in uns in einem Universum dieses oder jenes Typs befinden. Solange wir keine grundlegende Gesetzmäßigkeit dafür finden, wie wir unendliche Ansammlungen von Universen vergleichen können, werden wir nicht mathematisch vorhersagen können, was typische Multiversums-Bewohner wie wir durch Experimente und Beobachtungen feststellen sollten. Das Maßproblem zu lösen, ist unumgänglich.
    Noch ein Einwand der Skeptiker
    Ich widme dem Maßproblem nicht nur deshalb einen eigenen Abschnitt, weil es ein beträchtliches Hindernis für Vorhersagen darstellt, sondern auch, weil sich daraus eine weitere beunruhigende Folgerung ergibt. In Kapitel 3 habe ich erklärt, warum Inflationsmodelle Teil der gängigen kosmologischen Lehrmeinung geworden sind. Bei einer kurzen Phase schneller Expansion in den ersten Augenblicken
des Universums hätten die heute weit voneinander entfernten Regionen zu Anfang kommunizieren können, und das wäre eine Erklärung für die gemeinsame Temperatur, die man in Messungen gefunden hat; die schnelle Expansion bügelt auch jede Krümmung des Raumes platt, so dass der Raum eine flache Form bekommt, was ebenfalls mit den Beobachtungen übereinstimmt; und schließlich verwandelt eine solche Expansion die Quantenfluktuationen im ganzen Raum in winzige Temperaturschwankungen, die man in der kosmischen Hintergrundstrahlung messen kann und die außerdem eine Voraussetzung für die Entstehung von Galaxien sind. Diese Erfolge stellen gute Gründe dar, die Inflationsmodelle ernst zu nehmen. 11 In ihrer immerwährenden Version hat die Inflation aber auch das Potenzial, die Schlussfolgerungen infrage zu stellen.
    Überall dort, wo Quantenprozesse eine Rolle spielen, kann man im besten Fall vorhersagen, wie wahrscheinlich ein Ergebnis relativ zu einem anderen ist. Experimentalphysiker nehmen sich diesen Grundsatz zu Herzen und stellen immer und immer wieder Experimente an, um eine Fülle von Daten zu sammeln, die sie statistischen Analysen unterwerfen können. Wenn die Quantenmechanik voraussagt, dass ein Ergebnis zehn Mal wahrscheinlicher ist als ein anderes, sollte sich dieses Verhältnis in den Daten in guter Näherung widerspiegeln. Die Berechnungen zur kosmischen Hintergrundstrahlung, deren Übereinstimmung mit den Beobachtungen den überzeugendsten Hinweis auf die Richtigkeit der Inflationsmodelle liefern, stützen sich auf Fluktuationen der Quantenfelder und unterliegen dementsprechend ebenfalls dem Wahrscheinlichkeitsprinzip. Im Gegensatz zu Laborexperimenten kann man sie aber nicht überprüfen, indem man den Urknall immer und immer wieder ablaufen lässt. Wie also werden sie interpretiert?
    Nun, wenn die theoretischen Überlegungen beispielsweise besagen, dass die Daten für die kosmische Hintergrundstrahlung mit 99 Prozent Wahrscheinlichkeit diese Form und nicht jene haben sollten, und wenn wir dann das wahrscheinlichere Ergebnis auch beobachten, dann kann man die gemessenen Daten als

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