Die verborgene Wirklichkeit
bezeichnet man sie auch als kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung oder, kürzer, als kosmische Hintergrundstrahlung .
Kürzlich las ich noch einmal die Fachaufsätze von Gamow, Alpher und Herman, in denen sie Ende der vierziger Jahre ihre Erkenntnisse veröffentlicht und erklärt hatten. Es handelt sich um Wunderwerke der theoretischen Physik. Die dort ausgeführten Rechnungen setzen kaum mehr voraus als Grundkenntnisse aus den ersten Semestern des Physikstudiums, und doch sind die Ergebnisse tiefschürfend. Die Autoren erklärten, wir alle badeten in Photonen, die ein kosmisches Erbe darstellen, das uns von der feurigen Geburt des Universums geblieben ist.
Vor diesem Hintergrund wundert man sich vielleicht, dass die Artikel zu jener Zeit weitgehend unbeachtet blieben. Das lag vor allem daran, dass sie in einer Ära entstanden, in der Quanten- und Kernphysik die beherrschende Rolle spielten. Die Kosmologie hatte sich als quantitative Naturwissenschaft noch nicht durchgesetzt, und deshalb war die Aufnahmebereitschaft der Physiker für theoretische Untersuchungen, die am Rande des Fachgebietes zu liegen schienen, äußerst begrenzt. Bis zu einem gewissen Grade blieben die Aufsätze auch deshalb unbeachtet, weil Gamow sich eines ungewöhnlich spielerischen Stils bediente (einmal zog er bei einem Aufsatz, den er zusammen mit Alpher schrieb, seinen Freund, den späteren Nobelpreisträger Hans Bethe, als Koautor hinzu, nur, damit die Autorenliste des Aufsatzes mit »Alpher, Bethe, Gamow« an die drei ersten Buchstaben des griechischen Alphabets erinnert). Manche Physiker nahmen ihn nicht so ernst, wie er es verdiente. Trotz aller Bemühungen konnten Gamow, Alpher und Herman zunächst niemanden für ihre Befunde interessieren und erst recht nicht die Astronomen dazu veranlassen, nennenswerte Anstrengungen auf den Nachweis der von ihnen vorhergesagten Reststrahlung zu verwenden. Die Aufsätze gerieten schnell in Vergessenheit.
Als die Physiker Robert Dicke und Jim Peebles von der Princeton University sich Anfang der sechziger Jahre in eine ähnliche Richtung bewegten, kannten sie die früheren Arbeiten nicht, aber auch ihnen wurde klar, dass das Vermächtnis des Urknalls in einer allgegenwärtigen Hintergrundstrahlung bestehen sollte, die das All erfüllt. 1 Im Gegensatz zu Gamow und seinen Mitstreitern war Dicke jedoch ein allgemein anerkannter Experimentalphysiker, und deshalb brauchte er niemanden zu überzeugen, sich mit geeigneten Beobachtungsinstrumenten auf die Suche nach der Strahlung zu machen. Er konnte selber auf die Suche gehen. Zusammen mit seinen Studenten David Wilkinson und Peter Roll
entwickelte Dicke einen Versuchsaufbau, mit dem sie einige übrig gebliebene Photonen vom Urknall einfangen wollten. Aber bevor die Wissenschaftler in Princeton ihren Plan in die Tat umsetzen konnten, erhielten sie einen der berühmtesten Anrufe der Wissenschaftsgeschichte.
Während Dicke und Peebles ihre Berechnungen anstellten, hatten sich die Physiker Arno Penzias und Robert Wilson von den Bell Labs, die keine fünfzig Kilometer von Princeton entfernt lagen, mit einer Antenne herumgeschlagen (deren grundlegendes Konstruktionsprinzip übrigens in den vierziger Jahren von Dicke entwickelt worden war). Ganz gleich, welche Einstellungen sie vornahmen, immer war mit der Antenne ein gleichmäßiges Hintergrundrauschen zu hören. Penzias und Wilson waren überzeugt, mit ihren Apparaturen sei etwas nicht in Ordnung. Doch dann folgte durch glückliche Zufälle eine ganze Reihe von Gesprächen. Sie wurde durch einen Vortrag ausgelöst, den Peebles im Februar 1965 an der Johns Hopkins University hielt. Unter den Zuhörern war der Radioastronom Kenneth Turner von der Carnegie Institution, und der erwähnte die Befunde, die Peebles vorgetragen hatte, gegenüber seinem Kollegen Bernard Burke vom Massachusetts Institute of Technology. Burke wiederum stand in Kontakt mit Penzias von den Bell Labs. Als die Arbeitsgruppe an den Bell Labs von den Forschungsarbeiten in Princeton hörte, wurde den Beteiligten klar, dass ihre Antenne aus einem guten Grund rauschte: Sie fing die kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung auf . Penzias und Wilson riefen bei Dicke an, und der bestätigte sehr schnell, dass sie unwissentlich den Widerhall des Urknalls hörbar gemacht hatten.
Die beiden Arbeitsgruppen einigten sich darauf, ihre Artikel gleichzeitig in dem angesehenen Fachblatt Astrophysical Journal zu veröffentlichen. Die Gruppe aus
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