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Die verborgene Wirklichkeit

Die verborgene Wirklichkeit

Titel: Die verborgene Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Greene
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Zusammenstößen sind äußerst schwierig, und gleichzeitig liefern sie nur so winzig kleine Beiträge, dass man nach dem Abfeuern weniger Photonen aufhören kann und dennoch eine außerordentlich genaue Antwort erhält.
    Natürlich sind Physiker generell auf exakte Ergebnisse aus. Aber in vielen Fällen erweisen sich die Berechnungen als zu schwierig, und dann ist der
störungstheoretische Ansatz das Beste, was man machen kann. Glücklicherweise gilt: Sind die Kopplungskonstanten klein genug, dann liefert die Störungsrechnung Vorhersagen, die äußerst gut mit den Experimenten übereinstimmen.
    Störungsrechnungen dieser Art sind seit Langem ein wichtiges Standbein der Stringtheorieforschung. Ein Parameter der Theorie, die String-Kopplungskonstante oder kurz Stringkopplung , sagt etwas über die Wahrscheinlichkeit aus, dass ein String mit einem anderen zusammenstößt. Wenn sich die Theorie als richtig erweist, wird man die Stringkopplung eines Tages vielleicht auf ganz ähnliche Weise messen können wie die zuvor erläuterten Kopplungskonstanten. Derzeit sind solche Messungen jedoch rein hypothetisch, und deshalb ist auch der Wert der Stringkopplung völlig unbekannt. Da die Stringtheoretiker in den letzten Jahrzehnten keine experimentellen Anhaltspunkte hatten, sind sie üblicherweise davon ausgegangen, dass die Stringkopplung eine kleine Zahl ist. Das ist bis zu einem gewissen Grade vergleichbar mit dem Betrunkenen, der unter der Straßenlaterne nach seinem Schlüsselbund sucht, denn eine kleine Stringkopplung schafft für die Physiker die Möglichkeit, das helle Licht der Störungstheorie auf ihre Berechnungen zu richten. Eine ganze Reihe erfolgreicher Ansätze, die vor der Stringtheorie entwickelt worden waren, weisen tatsächlich kleine Kopplungskonstanten auf, so dass man die Analogie etwas positiver formulieren kann: Es ist, als würde der Betrunkene in seinem Tun bestärkt, weil er seine Schlüssel schon häufig gerade an beleuchteten Stellen gefunden hat. In jedem Fall hat diese Annahme eine Vielzahl mathematischer Berechnungen ermöglicht, mit denen man nicht nur die grundlegenden Prozesse der Wechselwirkung zwischen Strings aufklären konnte, sondern auch viele Aufschlüsse über die grundlegenden Gleichungen der Theorie gewonnen hat.
    Wenn die Stringkopplung tatsächlich klein ist, steht zu erwarten, dass derartige Näherungsrechnungen die physikalischen Hintergründe der Stringtheorie richtig wiedergeben. Und wenn nicht? Im Gegensatz zu dem, was wir bei der Lotterie und den kollidierenden Elektronen festgestellt haben, würde eine große Stringkopplung bedeuten, dass aufeinanderfolgende Verfeinerungen der ersten Näherungsrechnung zu immer größeren Beiträgen führen, so dass man niemals eine Rechtfertigung hätte, die Berechnungen zu beenden. Die vielen tausend Berechnungen, in denen man den störungstheoretischen Ansatz gewählt hat, wären hinfällig; der Forschung vieler Jahre wäre die Grundlage entzogen. Selbst bei einer kleinen, aber nicht all zu kleinen Stringkopplung müsste man sich Sorgen machen: Auch dann würde man mit Näherungsrechnungen zumindest unter
bestimmten Umständen kleine, aber wichtige physikalische Phänomene übersehen wie den Regentropfen, der auf den Felsblock trifft.
    Zu Beginn der neunziger Jahre gab es zu solchen quälenden Fragen nicht viel zu sagen. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts wurde das Schweigen indes von einem Getöse neuer Erkenntnisse abgelöst. Man hatte mathematische Verfahren entdeckt, mit denen man problematische Anwendungen der Störungsrechnung durch Hinzuziehung sogenannter Dualitäten umgehen konnte.
    Dualität
    In den achtziger Jahren wurde den Theoretikern klar, dass es nicht nur eine Stringtheorie gibt, sondern eigentlich fünf verschiedene Versionen. Man gab ihnen die einprägsamen Namen Typ I, Typ IIA, Typ IIB, O-heterotisch und E-heterotisch . Dass ich diese Komplikation bisher noch nicht erwähnt habe, hat einen einfachen Grund: Die Berechnungen haben zwar gezeigt, dass die Theorien sich in den Details unterscheiden, aber alle fünf beinhalten die groben Merkmale, auf die wir uns bisher konzentriert haben – schwingende Strings und zusätzliche Raumdimensionen. Jetzt ist es allerdings an der Zeit, die fünf Variationen über das Stringtheorie-Thema in den Blickpunkt zu rücken.
    Über Jahre hinweg hatten die Physiker alle einzelnen Stringtheorien mit störungstheoretischen Verfahren analysiert. Wenn sie mit der Stringtheorie des Typs

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