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Die verborgene Wirklichkeit

Die verborgene Wirklichkeit

Titel: Die verborgene Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Greene
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Zufall? Oder gibt es dafür eine tiefere Erklärung?« Wenn wir aber erfahren, dass der Laden in Wirklichkeit viele verschiedene Größen vorrätig hat, lösen sich solche Fragen in Luft auf. Ähnlich sind die Verhältnisse in einem Universum mit vielen Planeten, die in ganz unterschiedlichen Entfernungen um ihre Zentralsterne kreisen. Ebenso, wie es nicht verwunderlich ist, dass sich unter den vielen Schuhen in dem Laden zumindest ein passendes Paar befindet, so ist es auch keine Überraschung, dass unter allen Planeten in allen Sonnensystemen aller Galaxien zumindest einer genau in der richtigen Entfernung um seinen Stern kreist, damit dort ein Klima entsteht, das sich für unsere Form von Leben eignet. Und auf einem solchen Planeten leben wir natürlich. Auf den anderen hätten wir uns schließlich weder entwickeln noch überleben können.
    Es gibt also keinen fundamentalen Grund dafür, dass die Erde gerade 150 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt ist. Die Entfernung, in der ein Planet seinen Zentralstern umkreist, hängt von den Unwägbarkeiten des historischen Zufalls ab, von den unzähligen Einzeleigenschaften der wirbelnden Gaswolke, aus der ein bestimmtes Sonnensystem kondensiert ist; es handelt sich um eine zufällige Tatsache, die einer grundlegenden Erklärung nicht zugänglich ist. Tatsächlich haben solche astrophysikalischen Prozesse überall im Kosmos Planeten entstehen lassen, die ihre jeweiligen Sonnen in den unterschiedlichsten Abständen umkreisen. Dass wir uns auf einem Planeten befinden, der gerade 150 Millionen Kilometer von unserer Sonne entfernt ist, liegt daran, dass Leben sich auf einem solchen Planeten entwickeln konnte . Würde man diesen Selektionseffekt nicht berücksichtigen, hätte man einen Anlass, nach einer tiefer gehenden Erklärung zu suchen. Aber das wäre vergebliche Mühe.
    In seinem Vortrag wies Carter darauf hin, wie wichtig es ist, solchen Verfälschungen Aufmerksamkeit zu schenken, eine Überlegung, die er als anthropisches Prinzip bezeichnete. (Der Name ist unglücklich gewählt, denn der Gedanke trifft nicht nur auf Menschen zu, sondern ebenso auch auf jede andere Form intelligenten Lebens, die Beobachtungen anstellt und analysiert.) Gegen diesen Teil von Carters Argumentation erhob niemand Einwände. Umstritten
war aber seine Vermutung, das anthropische Prinzip könne sein Netz nicht nur über die Dinge im Universum – beispielsweise die Abstände von Planeten – auswerfen, sondern auch über das Universum selbst.
    Was würde das bedeuten?
    Stellen wir uns einmal vor, wir rätselten über ein grundlegendes Merkmal des Universums, beispielsweise die Masse eines Elektrons, die 0,00054 beträgt (ausgedrückt als Bruchteil der Protonenmasse), oder die Stärke der elektromagnetischen Kraft von 0,0073 (ausgedrückt durch ihre Kopplungskonstante), oder – was für uns hier von besonderem Interesse ist – den Wert der kosmologischen Konstante von 1,38 × 10 – 123 (ausgedrückt in Planck-Einheiten). Wir wollen erklären, warum die genannten Konstanten gerade diesen Wert haben und keinen anderen. Wir geben uns alle Mühe und stehen am Ende dennoch mit leeren Händen da. Dazu meint Carter, wir sollten die Frage einmal mit etwas Abstand betrachten. Vielleicht scheitern wir aus dem gleichen Grund, aus dem wir auch die Entfernung zwischen Erde und Sonne nicht erklären können: Es gibt keine grundlegende Erklärung. Genau wie es viele Planeten in vielen verschiedenen Entfernungen von ihrem Zentralstern gibt und wir zwangsläufig auf einem davon leben, dessen Umlaufbahn uns angenehme Bedingungen bietet, so gibt es vielleicht auch viele Universen mit vielen verschiedenen Werten für die »Konstanten«, und wir bewohnen zwangsläufig eines, in dem die Werte unsere Existenz ermöglichen.
    Wenn man also wissen will, warum die Konstanten gerade diese Werte haben, stellt man einer solchen Denkweise zufolge die falsche Frage. Es gibt kein Gesetz, das über ihre Werte bestimmen würde, sondern die Werte können variieren und tun das im Multiversum auch. Nur der Selektionseffekt aufgrund des Umstandes, dass wir es sind, die diese Beobachtungen anstellen, sorgt dafür, dass wir uns gerade in jenem Teil des Multiversums befinden, in dem die Konstanten die uns vertrauten Werte haben, und das liegt einfach daran, dass wir in Teilen des Multiversums mit anderen Werten nicht existieren könnten.
    Was dabei wichtig ist: Diese Überlegung würde hinfällig, wenn unser Universum

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