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Die verborgenen Bande des Herzens

Die verborgenen Bande des Herzens

Titel: Die verborgenen Bande des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Deveney
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plötzliche Gewissheit dessen, was geschehen wird. Das Gefühl, an der Schwelle zu etwas Gewaltigem zu stehen, noch ehe ich bereit dazu bin. Noch ist es nicht so weit, sagt sein Blick, aber wir wissen, dass es geschehen wird … wir beide wissen es.
    » Ist alles in Ordnung?« Eine Sekunde lang bilde ich mir tatsächlich ein, seine Stimme zu hören. Clive legt die Schere beiseite, betrachtet mich im Spiegel, statt mich direkt anzusehen. Er spricht zu meinem Spiegelbild, was, wie ich meine, geradezu symbolisch dafür ist, wie Gespräche heutzutage oftmals ablaufen.
    »Ja«, antworte ich, »ja natürlich.«
    Ich muss blinzeln und schüttle leicht den Kopf, wie um diesen Traum abzuschütteln. Peinlich lastet das Schweigen zwischen uns. Clive sprüht einen Klecks Festiger in die Hand und verteilt ihn, indem er mit kräftigen, groben Bewegungen mein Haar knetet und zu Wellen auftürmt. Ihn beim Föhnen zu beobachten ist, als würde man einem Zauberkünstler zusehen. Er fasst mit den Händen in mein Haar, hebt die einzelnen Strähnen an, lässt die heiße Luft über seine Hände blasen, und ich bin wie hypnotisiert, erlebe fasziniert, wie in dem Spiegel jemand anders zum Vorschein kommt. Eine vollkommen andere Frau. Er wickelt die feuchten matten Strähnen so oft über die Bürste, bis sie sich verwandeln, glatt und geschmeidig werden und einen goldenen Glanz bekommen.
    »Irgendwelche Pläne für das Wochenende?«, fragt er in etwas lauterem Plauderton, um das Geräusch des Föhns zu übertönen. Die übliche Konversation von Taxifahrern und Friseuren. Ich schüttle den Kopf.
    »Die Familie wird Sie zweifellos auf Trab halten«, meint er. »Haben Sie Kinder?«
    Ich zögere nur unmerklich.
    »Nein«, erwidere ich, »keine Kinder.«

7. Kapitel
    Karen
    N achdem ich McFarlane seinen Tee gebracht hatte, fuhr ich zu dem Haus der Vermissten. Einen kurzen Moment hatte ich mit dem Gedanken gespielt, meinem Boss in seine Tasse zu spucken, aber das Risiko, dass mich dabei einer beobachtete, war einfach zu groß. Also musste ich mich damit begnügen, vier Teelöffel Zucker hineinzugeben. Ist so ein Verhalten schäbig? Na wenn schon, mir doch egal.
    Die Frau ist nun seit zwei Tagen verschollen. Ihr Mann ist nicht umgehend zur Polizei gegangen, weil er, wie er behauptet, immer noch damit rechnete, dass sie einfach wieder zur Tür hereinspaziert käme. Carol Ann Matthews, zweiundvierzig Jahre alt, eine gelangweilte Hausfrau, die sich ein bisschen Taschengeld verdiente, indem sie in dem Tearoom in dem Kaff, wo sie wohnte, ein paar Stunden in der Woche als Bedienung arbeitete. Oh, und die ab und zu ehrenamtlich in einem Wohlfahrtsladen aushalf, damit ihr Leben etwas abwechslungsreicher wurde. Du meine Güte. Ein klarer Fall von Midlife-Crisis, wenn man mich fragt; obwohl, wenn ich mir ihr Leben so anschaue, wundert es mich, dass sie so lange gebraucht hat, bis sie die Nase vollhatte. Vielleicht haben ihre Wechseljahre vorzeitig eingesetzt. Es sei denn … wann beginnen eigentlich normalerweise die Wechseljahre? Keine Ahnung. Denke nicht, dass mich das interessieren müsste. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mal so alt bin. Dieser Gedanke erscheint mir total irreal. Genau wie das Wissen, dass jeder einmal sterben muss. Ja, schon, aber man selber doch nicht. Zumindest ganz bestimmt jetzt noch nicht.
    Nun ja, jedenfalls lebt – lebte – die Vermisste am Rand eines kleinen Dorfes, etwa zehn Minuten Fahrt von der Stadt entfernt. Ehefrau, Mutter eines missmutigen Teenagers, Bedienung in einem Café – und das ist es auch schon, wenn mich nicht alles täuscht. Oh, und ja, sie ist die Tochter … einer Alkoholikerin, die kürzlich erst einen Schlaganfall hatte. Du meine Fresse, kein Wunder, dass sie abgehauen ist.
    Der Ehemann, Alex, jedoch ist ein verdammt heißer Typ. Wenn es darum geht, dass einer der Kollegen der Familie beistehen soll, dann melde ich mich freiwillig für den Job. Keine Ahnung, was er an Carol Ann gefunden hat. Er hat mir Fotos von ihr gegeben – sie sah zwar ziemlich gut aus, als sie jünger war, aber sie hat sich seit einiger Zeit dermaßen gehen lassen. Wieso tun die Frauen so was? Schlechter Haarschnitt, brave T-Shirts von Marks & Spencer, Hosen und Röcke mit Dehnbund. Erst zeigen sie ein bisschen Bein und wackeln mit ihrem knackigen Hintern und lachen sich einen Kerl an, und kaum haben sie ihn fest an der Angel, ist ihnen ihr Äußeres plötzlich egal. Dann kriegen sie Kinder, und ihr Hirn und ihr Bauch

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