Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die verborgenen Bande des Herzens

Die verborgenen Bande des Herzens

Titel: Die verborgenen Bande des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Deveney
Vom Netzwerk:
Mutter los, und da ist irgendetwas in mir ausgerastet. Ich packte den Kricketschläger, der immer unter der Treppe lag und mit dem mein Bruder Jerry und ich als Kinder gespielt hatten.
    »Noch einen Schritt näher, und ich schlag dir deinen verdammten Schädel ein«, brüllte ich, während ich das Blut in meinem Kopf rauschen hörte. Meine Mutter wurde ganz klein, drückte sich gegen die Wand. Als er dann tatsächlich auf mich zuwankte, holte ich mit dem Schläger aus, aber da überlegte er es sich noch einmal und wich instinktiv zurück. Er blieb ganz still stehen, und seine Augen glühten wie Kohlen aus dem Höllenfeuer. Er rührte sich nicht von der Stelle. »Wenn du sie noch ein einziges Mal anrührst, mach ich dich kalt«, sagte ich und deutete dabei mit dem Kopf auf meine Mutter. Der alte Dreckskerl schaute mich bloß an, hob die Hand, drohte mir mit dem Finger, als wollte er mich warnen.
    »Na, dann komm«, sagte ich, und das Adrenalin schoss durch meinen Körper, der Schläger bewegte sich hoch über meinem Kopf, Schweiß lief mir über den Rücken. Ich stand da, die Beine leicht gespreizt, die Knie leicht gebeugt, und wartete. Er ging langsam ein Stück auf mich zu, dann blieb er stehen, ein böses Lächeln im Gesicht. Die ganze Zeit sagte er kein Wort. Und kurz darauf hörte ich, wie die Tür ins Schloss fiel. Von da an schlief ich immer mit dem Schläger unter meinem Kopfkissen.
    In der Dunkelheit fahre ich unter mein Kissen und taste nach dem Kricketschläger. Er ist nicht da. Natürlich nicht. Und ER ist auch nicht da. Es riecht nicht nach abgestandenem billigen Fusel. Es gibt keine dunklen Schatten. Da ist nichts, ich bin allein mit meiner Not.

24. Kapitel
    Carol Ann
    V on unten aus der Küche höre ich ein Zischen, als das Teewasser zu sieden beginnt. Ich erhebe mich langsam von der Bettkante und bleibe dann mitten im Zimmer stehen, unschlüssig, was ich tun soll. Eigentlich würde ich mich am liebsten durch die Hintertür aus dem Staub machen und über den Hügel in die Geborgenheit meines Hauses flüchten. Ich hatte geglaubt, innerer Aufruhr sei etwas, mit dem ich mich in meinem neuen Leben nicht mehr befassen müsste.
    Ich lasse den Blick durchs Zimmer wandern, betrachte Patsys persönliche Dinge, die alle ordentlich auf ihrem Platz stehen, als würden sie auf ihre Rückkehr warten. Auf dem Nachtkästchen steht ein Fläschchen Parfum. Ich schraube es auf und rieche daran. Der erste Eindruck ist frisch, leicht, eine herbe Zitrusnote, in die sich Vanille mischt. Doch dann nimmt meine Nase einen Hauch von Abgestandenheit wahr, als würde das Parfum bereits kippen. Nichts ist von Dauer.
    Harry brüht gerade den Tee auf, als ich in die Küche komme. Er wirkt ruhig, als wäre nun müde Resignation an die Stelle seiner vorherigen Erregung getreten. Er schaut nicht auf, also gehe ich direkt ins Wohnzimmer, zu dem Tisch, der für den Tee gedeckt ist, und lasse mich steif und unbehaglich auf einem Stuhl nieder. Ein paar Minuten später kommt Harry mit der Teekanne herein und stellt sie wortlos auf den Tisch. Er nimmt den Deckel ab und rührt mit einem Löffel den Tee um, ehe er ihn in die Tassen gießt.
    »So, jetzt wissen Sie Bescheid«, sagt er und reicht mir meine Tasse.
    »Worüber weiß ich jetzt Bescheid?«
    »Über die Sache mit Patsy.«
    »Harry, wenn jemand stirbt, hat jeder das Gefühl, er hätte dies und jenes besser machen können. Dieses Schuldgefühl ist … es gehört einfach dazu, zu der Trauer.«
    »Nein.«
    Die Ruhe, mit der er spricht, das Fehlen jeglicher Leidenschaft, sein klarer nüchterner Ton, geben mir zu erkennen, dass das, was ich gesagt habe, einfach nicht zutrifft.
    »Schuldgefühl?«, wiederholt er. »Es ist weit mehr als das. Meine Schuld ist so groß, dass es kein Wort dafür gibt.«
    »Erzählen Sie es mir.«
    Harry trinkt einen Schluck Tee.
    »Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.«
    »Wie haben Sie Patsy kennengelernt?«
    »Mein bester Freund war mit Patsys Schwester befreundet. Patsy und ich, wir haben uns bei einem Dorffest kennengelernt, und dann gingen wir ein paar Jahre miteinander.« Er stellt seine Tasse klirrend auf dem Untersetzer ab. »Dann beschloss ich, nach London zu gehen und dort zu arbeiten. Das Dorf hier war damals nicht groß genug für mich. Patsy war … sie war außer sich.«
    »Sie hat Sie geliebt?«
    Er nickt wortlos.
    »Aber Sie haben sie nicht geliebt?«
    »Ich hab niemanden geliebt. Höchstens mich selbst.«
    Ich muss lächeln.
    »Ich war ein paar

Weitere Kostenlose Bücher