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Die verborgenen Bande des Herzens

Die verborgenen Bande des Herzens

Titel: Die verborgenen Bande des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Deveney
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sein, wenn Sie mich mit diesem Blick ansehen, Cara.«
    »Mit welchem Blick?«, frage ich nervös. »Ich wollte nicht …«
    Doch es ist schon passiert.
    Ich nehme die Teekanne, um den peinlichen Moment zu überspielen, und gieße Harry noch eine Tasse ein. Er gibt einen Löffel Zucker in den Tee und rührt ausgiebig um, noch lange, nachdem der Zucker sich aufgelöst hat.
    »Nun ja, jedenfalls war ich dann so wütend, dass ich Caroline einfach stehen gelassen habe und zurück in den Tanzsaal gerannt bin«, fährt er in seiner Erzählung fort. »Patsy kam mir heulend entgegen, ihre Wangen waren von der Wimperntusche völlig verschmiert. Ihr Gang war etwas unsicher. Ihre Freundin Val kam hinter ihr hergelaufen, und als sie mich sah, fing sie an zu schreien, es wäre alles meine Schuld. Hat ein Mordsaufhebens gemacht. Wie Frauen eben so sind.«
    »Frauen kümmern sich eben umeinander.«
    »Hmm. Manchmal.«
    Ich lache.
    »Aber ich glaube, das war es auch. Meine Schuld, meine ich. Nun ja, jedenfalls fühlte ich mich schrecklich, als ich Patsy so aufgelöst sah … irgendwie wirkte sie so jung, mit diesem schwarzen Zeug, das ihr da über die Wangen lief … ich nahm sie in die Arme, und zuerst wollte sie sich losreißen, aber dann legte sie den Kopf an meine Schulter und weinte und weinte …
    Harry unterbricht sich. »Langweile ich Sie mit meiner Geschichte?«
    Ich schüttle verneinend den Kopf und lächle.
    »Sie können sich an all die Details erinnern, Harry.«
    »Weil eben alles, was später geschah, von dort seinen Ausgang nahm. Alles. Eine einzige Nacht bestimmte mein ganzes weiteres Leben.«
    »Warum? Was geschah dann?«
    Er lehnt sich zurück, und zum ersten Mal spüre ich, dass er tatsächlich zögert. Vielleicht kennt er mich noch nicht lange genug. Doch gerade weil das so ist, übe ich eine bestimmte Anziehungskraft auf ihn aus. Ich bin nicht vorbelastet; habe keine vorgefassten Meinungen über ihn. Außerdem scheinen wir ein bestimmtes Gespür füreinander zu haben. Als würden wir gegenseitig die Not und Bedürfnisse des anderen erkennen.
    »Warum?«, wiederhole ich sanft.
    »Sie haben es sicher schon selbst erlebt, man redet mit jemandem, und plötzlich hat man das Gefühl, sich gesucht und gefunden zu haben. Du weißt nicht genau, warum es gerade jetzt passiert ist, aber es ist einfach so. Es ist ein bisschen so wie jetzt … zwischen mir und Ihnen … hier.« Seine Augen blicken mich fast flehentlich an, damit ich es bestätige.
    »Ja. Ich weiß, was Sie meinen.«
    »Nun, so erging es Patsy und mir in jener Nacht. Wir gingen zwei Meilen zu Fuß, bis hinunter zum Meer. Es war eine warme Nacht, und wir setzten uns in den Sand und redeten, stundenlang, wie ich noch nie mit jemandem geredet hatte, vor allem nicht mit Caroline. Über unsere Gefühle, was wir uns vom Leben erwarteten. Wir waren jung. Alles lag noch vor uns.«
    Harry blickt starr auf die Tischplatte.
    »Woran denken Sie gerade?«, frage ich.
    »Ach, dummes Zeug«, tut er die Sache ab und zieht die Nase kraus. »Irgendwie war es eine ganz besondere Nacht. Vollmond. Und alles.« Er räuspert sich. »Ich kann ein sentimentaler alter Narr sein, wenn ich will.«
    »Was hat Patsy gesagt?«
    Er lacht leise.
    »Sie hörte sich einfach alles an, was ich mir da vom Leben erträumte und dann sagte sie: ›Du willst den Mond vom Himmel holen, Harry.‹ Und ich sagte: ›Stimmt, und die Sterne mit dazu.‹«
    Unsere Blicke treffen sich, und wir lächeln uns über den Tisch hinweg an.
    »Und dann fragte ich sie: ›Nun, und was erhoffst du dir vom Leben, Patsy?‹ Und sie antwortete: ›Ich will nur diese Nacht. Das hier. Jetzt.‹ Sie sagte, sie würde nie mehr für einen Menschen so etwas empfinden können wie heute Nacht für mich. Und sie meinte es ehrlich. Ich wusste, dass sie es ganz genauso meinte. Sie legte sich zurück, und ich küsste sie.«
    Wir sitzen da, und verlegenes Schweigen macht sich breit. Ich werde mir der Uhr bewusst, die an der Wand tickt.
    »Und was passierte dann?«, frage ich schließlich.
    »Eins führte zum anderen …«, erwidert er, während er aus dem Fenster schaut und bewusst meinem Blick ausweicht. »Eins führte zum anderen«, wiederholt er ruhig.
    »Ich habe sie nicht ausgenutzt«, fügt er dann in einem Anflug von Trotz hinzu. »Patsy hat mir wirklich etwas bedeutet, aber wir beide hatten viel zu viel getrunken. Ich wusste … ich wusste, dass ich am nächsten Morgen vielleicht … nun ja, natürlich würde sie mir immer

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