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Die verborgenen Bande des Herzens

Die verborgenen Bande des Herzens

Titel: Die verborgenen Bande des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Deveney
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dennoch fällt mir etwas daran auf. Sie ist zwar ohne jeden Pfiff, aber von sehr guter Qualität. Ich nehme einen hellblauen weichen Wollpullover und halte ihn an meine Wange, schwach steigt mir Carol Anns Parfum, Lou Lou von Cacharel, in die Nase. Ich schaue auf das Etikett. Kaschmir. Noch eine Anwandlung von Neid und Missgunst. Diese Frau hatte alles. Ihr Ehemann hat Geld. Sie hat ein wunderschönes Haus – obwohl es noch besser wirken würde, wenn ich es einrichten würde –, einen Schrank voller Kleider, eine Schmuckschatulle, die, wie ich wetten möchte, sicher lauter echte Klunker enthält … und Alex. Was hat ihr denn nicht gepasst an ihrem Leben? Es sei denn, sie ist gar nicht freiwillig weggegangen. Wer würde aus freien Stücken so etwas aufgeben?
    Dieses Zimmer bringt mich ganz gewiss zum Nachdenken. Wer würde freiwillig von hier weggehen? Der Gedanke lässt mich nicht los. Wer würde so etwas tun? Alex, Alex … wozu ist er fähig? Ich spüre eine schwache … wie soll ich sagen?, Anwandlung von Erregung, vielleicht, wenn ich darüber nachdenke, wozu Alex möglicherweise fähig ist. Was ist … was ist, wenn er … Dann kommt mir plötzlich eine Erkenntnis. Es ist mir egal. Denn im Gegensatz zu Carol Ann würde ich Alex schon zu nehmen wissen.
    Einer von Carol Anns Schals hängt aus dem Schrank, ich bücke mich und lege ihn mir ganz selbstverständlich um den Hals. Wieder dieser Duft. Als wohnte sie noch immer in diesem Zimmer.
    »Was haben Sie hier zu suchen?«
    Ich wirble herum und sehe Steve in der Tür stehen. Ich bin wirklich zu Tode erschrocken, aber ich überspiele meine Angst, schaue ihn so ruhig und kühl an, wie ich es in dieser Situation vermag.
    »Weitaus angemessener wäre es, Steve, dich zu fragen, was du hier zu suchen hast? Warum bist du nicht in der Schule?«
    »Der gehört meiner Mum«, sagt er und weist mit dem Kopf auf den Schal. »Legen Sie ihn wieder zurück.«
    Seine Augen schießen durchs Zimmer, ob er irgendwelche Hinweise entdeckt, die ihm verraten, was ich hier gemacht habe. Dann richtet er den Blick wieder auf mich. »Was haben Sie überhaupt in ihrem Schrank zu suchen?«
    »Ich bin Polizistin. Ich bemühe mich, Hinweise zu finden, die mir bei der Suche nach deiner Mum helfen können.«
    »Nun, ich bezweifle, dass Sie sie hier drinnen finden werden.« Er durchbohrt mich mit einem Blick, der von der unverblümten Direktheit des Halbwüchsigen zeugt, der sich um nichts schert. »Sagen Sie schon«, fährt er kampflustig fort. »Was erwarten Sie denn, hier drinnen zu finden?«
    Ich lege in aller Ruhe den Schal in den Schrank zurück und ignoriere den Jungen.
    Schade – ich hatte gehofft, mehr Zeit zu haben. Ich habe nichts in Alex’ Taschen gefunden, aber ich wage es jetzt nicht mehr, noch länger zu bleiben. Was Steve betrifft, so werde ich den Spieß umdrehen und darauf bestehen, ihn zurück in die Schule zu fahren. Ich werde mich ganz auf sein Fehlverhalten konzentrieren. Ihm sagen, dass ich seinen Vater davon in Kenntnis setzen muss, wenn er weiter die Schule schwänzt. Er wird schon kapieren, was ich damit meine: Falls du den Mund aufmachst, werde ich dich verpetzen. Ich lasse ein letztes Mal meinen Blick durch das Zimmer wandern. Ist sie aus freien Stücken gegangen? Eins jedenfalls ist sicher: Was auch immer der Grund für Carol Anns Verschwinden sein mag, es ist dadurch ein Vakuum entstanden, das ich liebend gern ausfüllen würde.
    Vom oberen Flur aus höre ich, wie die Haustür ins Schloss fällt. Alex ist früher als normal von der Arbeit zurück. Der Stress geht nicht spurlos an ihm vorüber. Verdammt. Ich halte kurz inne, meine Gedanken überschlagen sich auf der Suche nach einer Ausrede. Doch wie sich kurz darauf herausstellt, brauche ich mein Tun hier gar nicht zu rechtfertigen. Ich setze mich auf die oberste Treppenstufe und lausche, während Alex Theresa mitteilt, sie könne jetzt nach Hause gehen. Das lässt sich diese nicht zweimal sagen. Heute war ein ausgesprochen schwieriger Tag für sie.
    Steve tritt aus dem Wohnzimmer in die Diele und spricht Alex sofort auf meine Anwesenheit an, gerade als ich mich anschicke, die Treppe hinunterzugehen. »Warum ist sie die ganze Zeit hier?«, fragt Steve, ohne überhaupt Hallo zu seinem Vater zu sagen.
    Ich bleibe wie angewurzelt stehen und spitze die Ohren. Die Treppe ist in zwei Absätze unterteilt, und vom oberen Teil aus kann ich nur hören, aber nicht sehen, was unten passiert.
    »Von wem redest du denn?«, fragt

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