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Die verborgenen Bande des Herzens

Die verborgenen Bande des Herzens

Titel: Die verborgenen Bande des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Deveney
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Ordnung in mein Leben zu bringen, erkannte ich, dass er eigentlich die Fehler in seinem eigenen Leben wiedergutzumachen suchte. Ein wenig wie Lily, als sie mit dem Baby auf dem Arm das Lied sang. Der Refrain passt zu Harry ebenso gut wie zu Lily. » Bheir me o, horo van ho , Traurig bin ich ohne dich.«
    Die Erinnerungen, die mir an diesem Abend kommen, sind gefährlich. Sie sind überall gegenwärtig, in jedem Gegenstand, den ich zufällig wahrnehme. Die rostrote Jacke der Frau in der Ecke, die andauernd Martini Cocktails trinkt, erinnert mich an das Kleid, das Alex’ Geliebte bei der Party trug. An ihre schimmernden Lippen. Der Drink in meiner Hand, das Gefühl von Glas an meinen Fingern, ruft mir ins Gedächtnis, wie ich einst mit den Fingern an der Glaswand des Brutkastens entlanggefahren bin. Der Betrunkene, der aus der Tür torkelt, erinnert mich an Lily, wenn sie Schlagseite hatte. Selbst der Geruch von Harrys Whisky lässt mich an Abende mit Alex denken. Im Endeffekt bewirken all diese Erinnerungen, dass mein altes Leben blubbernd emporsteigt, die Oberfläche meines neuen Lebens anhebt und es in gefährliche Schräglage bringt.
    Heute Abend bin ich schwach. Heute Abend kann es passieren, dass ich zu reden anfange …
    »Das heißt nicht, dass er dich nicht geliebt hat«, wiederholt Harry. »Cara?«
    »Hmm?«
    »Das heißt nicht, dass er dich nicht geliebt hat.«
    Ich schüttle die Vergangenheit von mir ab und schaue Harry ins Gesicht.
    »Weißt du, Cara, es ist nämlich möglich, zwei Frauen gleichzeitig zu lieben. Vielleicht nicht auf die gleiche Art, aber möglich ist es.«
    Es ist einer der wenigen Momente, in denen ich wütend auf Harry bin.
    »Ihr Männer seid eben so, nicht wahr? Ihr könnt nichts dafür?«
    »Ich … ich«, stammelt er, »Männer können einfach nicht …«
    »Es ist nicht mehr wichtig.«
    »Was ist nicht mehr wichtig?«
    »Ob er mich geliebt hat oder nicht.«
    »Aber natürlich ist es wichtig, Cara.« Harry wirkt ehrlich verblüfft. »Wieso sagst du so was?«
    Ich bin so müde. Mir ist, als könnte ich bis in alle Ewigkeit schlafen. Ich wollte am liebsten nie mehr aufwachen, nie mehr mich mit diesen Dingen auseinandersetzen müssen. Ich kenne das von früher, als ich anfing, wegen Depressionen zu Hammond zu gehen, als der Schlaf ein Kokon war, in den ich mich verkroch, um Zuflucht vor der Welt zu finden. Wenn ich aus meinem Tiefschlaf wieder erwachte, gab es immer diesen einen kurzen Augenblick, in dem ich quasi in einem Raum ohne Zeit schwebte, bis mir dann die Gegenwart wieder einfiel, die die Seile kappte, die mich hielten, sodass ich jäh auf die Erde zurückstürzte. Und daraufhin zog ich mich wieder, Vergessen suchend, in meinen Kokon zurück. Erst jetzt, wo diese Gefühle mich erneut überkommen, merke ich, dass es eine Zeit gab, in der sie sich verflüchtigt hatten.
    »Cara?«
    »Ich gehe jetzt besser heim.«
    Aber wo ist daheim?
    Harry leert sein Glas. »Du wirst mir in diesem Zustand nicht allein nach Hause gehen.«
    »Es geht mir gut.«
    Harrys Blick ist unnachgiebig. »Du gehst nicht allein.«
    Und so ist es passiert. Schlicht und einfach. Denn wäre Harry an jenem Abend nicht mit zu mir nach Hause gekommen, hätte ich ihm nichts von dem erzählt, was ich ihm erzählt habe, und vielleicht wäre dann das andere auch nicht eingetreten. Vielleicht hätten sich die beiden Leben doch irgendwann ordentlich voneinander getrennt, und ich wäre schließlich frei gewesen. Doch es sollte wohl nicht so sein.
    Wir haben noch nichts gegessen, also sage ich zu Harry, ich mache uns schnell ein paar Nudeln zum Abendessen. Die Tomaten sind tiefrot und mit einer dünnen Staubschicht überzogen. Ich nehme sie aus dem Netz, lege sie in einen Durchschlag und halte sie unter den Wasserhahn. Harry sitzt auf einem Stuhl am Küchentisch und schaut zu, wie ich sie in kleine Stücke schneide, wie der Saft spritzt, wenn das Messer durch die Fruchthaut dringt, wie er mir über die Finger rinnt und auf das Schneidbrett tropft. Rote Paprikaschoten. Zwiebeln. Knoblauch. In der Pfanne auf dem Herd wird das Olivenöl heiß. Es zischt, als ich die Zwiebeln und den Knoblauch hineingebe, und als ich die saftigen Tomatenstücke hinzufüge, spritzt es bedrohlich, und eine Dampfwolke steigt über der Pfanne auf.
    »Hmm. Das riecht jetzt schon gut«, sagt Harry. Er ist nervös. Ich sehe es ihm an.
    Ich gieße heißes Wasser aus dem Kessel in den Topf für die Nudeln.
    »Du weißt, Cara, dass du mir vertrauen

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