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Die verborgenen Bande des Herzens

Die verborgenen Bande des Herzens

Titel: Die verborgenen Bande des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Deveney
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kannst«, sagt Harry. »Ich werde es nicht im Dorf herumerzählen.«
    »Oh, das weiß ich, Harry.« Ich schaue ihn dankbar an. »Das weiß ich.«
    Harry betrachtet seine Schuhspitzen.
    »Ich tue mich schwer, solche Dinge auszusprechen, Cara, aber ich hab dich sehr, sehr gern, weißt du, obwohl ich dich noch nicht lange kenne. Ich kann es nicht glauben, wie sehr sich durch dich mein Leben verändert hat, in dieser kurzen Zeit, und der Grund dafür ist, weil ich dir, warum auch immer, Dinge erzählt habe, die ich noch nie jemandem anvertraut habe. Ich weiß nicht, wieso ich das getan habe. Und ich denke auch nicht allzu sehr darüber nach. Aber ich bin froh, dass es so gekommen ist und ich will, dass du das weißt.«
    Ich sage nichts, weil ich kein Wort herausbringe, doch ich gehe zu ihm hinüber und umarme ihn.
    »Du bist wie die Tochter, die ich nie hatte«, flüstert er, und ich drücke sachte seine Schulter. Als ich einen Schritt zurücktrete, sehe ich die Güte in seinen Augen. Ich fühle mich beschissen. Ich bin eine verdammte Lügnerin. Mein neues Leben ist auf Lug und Trug aufgebaut. Wie kann ich mir in diesem Leben voller Lügen irgendein Gefühl für Aufrichtigkeit bewahren?
    Die Tomaten brennen gleich an, und ich gehe rasch zum Herd und ziehe die Pfanne von der Kochstelle. Eine Minute lang stehe ich davor, stütze mich mit beiden Händen auf die Arbeitsfläche rechts und links von dem Kochfeld, starre in die Pfanne. »Es ging zu Ende, Harry«, sage ich in das Schweigen. Dann drehe ich mich zu ihm um. Harry sagt kein Wort, aber seine Augen blicken mich fragend an. »Alles ging zu Ende. Alles. Ich … Alex … Josie hat alles beendet.«
    »Josie«, sagt er. »War sie … war sie Alex’ Geliebte?«
    Ich schüttle langsam den Kopf, lasse Harry keine Sekunde aus den Augen, versuche, ihn mit meinem Blick dazu zu bringen, mich zu verstehen. Ich lese Besorgnis in seinen fragenden Augen, und ich betrachte ihn, sein Gesicht mit den grauen Schatten seiner Bartstoppeln und denke, alt sieht er aus, alt und verlässlich und verletzlich und stark, alles gleichzeitig. »Wir hatten eine Tochter«, sage ich. »Alex und ich, wir hatten eine Tochter.«
    Er weiß Bescheid. Ich sehe, dass er Bescheid weiß, dadurch, dass ich in der Vergangenheit gesprochen habe. Wir hatten eine Tochter.
    »Ist sie …?« Ich nicke und drehe mich wieder zum Herd, stelle die Pfanne auf die Kochstelle, drehe die Flamme höher.
    »Cara, Schätzchen …« Ich höre, wie der Stuhl über den Boden schrammt, wie Harry sich in Bewegung setzt, doch auf halbem Weg zu mir bleibt er zögernd stehen. Ich kann jetzt nicht auf ihn zugehen. Ich nehme den Kochlöffel und tue so, als konzentriere ich mich auf meine Sauce und rühre und rühre und rühre. Ich kann ihm nicht in die Augen sehen.
    Wir essen schweigend, schieben das Essen auf unseren Tellern hin und her. Im Fernseher im Hintergrund läuft Newsnight , Jeremy Paxman fühlt gerade einem Kabinettsminister auf den Zahn. Ich kann das Zittern in meiner Hand nicht abstellen, die die Gabel hält. Auf einmal streckt Harry die Hand aus, ergreift meine, bringt das Zittern zum Stillstand. »Erzähl es mir.«
    »Sie war wunderschön.«
    »Genau wie ihre Mutter.« Doch ich schüttle den Kopf.
    »Nein, nicht wie ich. Eher wie Alex, denke ich. Dunkles Haar … riesige dunkle Augen …«
    Josies Aussehen, so dachte ich immer, konnte man fast als Begleiterscheinung ihrer Krankheit sehen. Sie war so schwach und zerbrechlich, dass ihre hervortretenden Backenknochen, ihre durchscheinende Blässe ihr einen exotischen Zauber verliehen. Aber es war nicht nur ihr Aussehen. Sie hatte so eine liebevolle Art, sie war etwas ganz Besonderes. Sie war einfach ein wunderschönes, wunderschönes Kind.
    »Wie alt war …«
    »Sieben«, sage ich und trinke einen Schluck Wasser. »Sie war sieben.«
    »Was fehlte ihr, Cara?«
    »Sie hatte überall Probleme. Nichts in ihrem Körper funktionierte so, wie es sein sollte. Sie hat sterben müssen, weil sie nicht lebensfähig war.«
    Harry schweigt.
    »Sie war von Geburt an krank. Sie hat gegen alles Mögliche kämpfen müssen. Dann kam zu allem Überfluss noch Leukämie hinzu. Die Art, die man normalerweise behandeln kann, aber aus irgendeinem Grund hat Josies Körper auf keins der Medikamente angesprochen. Sie ist einfach … alles ist zusammengebrochen …«
    »Schrecklich«, murmelt Harry, blickt starr auf die Tischplatte.
    »Manchmal sagt die Natur einfach Nein. Ich denke, ihr Körper, ihr

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