Die Verborgenen
einen langen Fellmantel, der am Hals eine Schließe besaß, die wie Silber funkelte. Aggie sah, dass der untere Rand seiner Jeans in schwarzen Kampfstiefeln steckte und er an seinem rechten und seinem linken Oberschenkel jeweils ein schwarzes Pistolenhalfter befestigt hatte. Die Kreatur trug kein Hemd. Kurzes schwarzes Fell bedeckte seinen Waschbrettbauch und seinen schlanken, kräftigen Torso. Wenn er sich bewegte, zuckten seine Muskeln wie die eines Panthers. Das Gesicht erinnerte vage an eine Katze, denn die Augen mit der grünen Iris waren länglich und standen ein wenig schräg. Der leicht verlängerte Mund lief spitz zu, und die großen Ohren lagen eng an seinem kompakten Kopf. Er trat vor den Thron. Jede seiner Bewegungen war elegant und lässig.
Er setzte sich.
Hillarys Lippen verzogen sich zu einem höhnischen Grinsen. »Der Erstgeborene hat beschlossen, uns mit seiner Anwesenheit zu beehren. Jetzt können wir anfangen.«
Auf dem Schiff griffen Männer nach dem zungenlosen Jungen. Sie schoben ihn in die Mitte des Decks und lehnten das Rollbrett gegen den von Schädeln umgebenen Mast. Die brennenden Fackeln und die blendend hellen Glühbirnen überzogen sein entsetztes Gesicht mit scharfen, zuckenden Schatten.
Weniger als eine Stunde zuvor war der Junge noch zusammen mit Aggie in der weißen Zelle gewesen.
»Was passiert jetzt mit ihm, Hillary?«
Sie lächelte. »Jetzt kommen die Kinder zum Spielen heraus.«
Auf halber Strecke zwischen Mast und Bug bewegte sich eine Luke. Eine von einem schwarzen Handschuh umhüllte Hand, hinter der ein weißer Ärmel erschien, drückte die Luke auf.
Zwei kleine Kinder kletterten nach oben.
Hillary stieß ein lang gezogenes Ahhhh aus und klatschte mit der Hand auf Aggies Bein. »Sie sind so süß! «
Einfach nur Kinder. Ein Junge und ein Mädchen, vielleicht drei oder vier Jahre alt. Sie trugen schmutzige Secondhand-Pyjamas. Der Junge war weiß und blond. Er hätte irgendeines dieser reichen Bälger aus dem Marina-Bezirk der Stadt sein können. Sein Pyjamaoberteil ließ noch die verblassten Überreste des Schriftzugs der San Francisco 49ers erkennen. Das Mädchen hatte dunklere Haut und rotes Haar. Ihr Pyjama war blau und mit einem aufgebügelten Barney-Bild geschmückt, das sich fast vollständig abgelöst hatte.
Selbst von seiner hohen, mehr als dreißig Meter entfernten Position aus konnte Aggie sehen, dass beide etwas Metallisches in ihren winzigen schmutzigen Händen hielten. Sie traten ein, zwei Meter von der Luke weg. Dabei überzog das Licht das Metall mit einem so deutlichen Schimmer, dass Aggie klarwurde, was sie trugen.
Jedes von ihnen hatte eine Gabel und ein Messer in der Hand.
Noch mehr Kinder krochen aus der Luke, doch diese ähnelten nur noch sehr entfernt etwas Menschlichem. Eines sah aus wie eine runzlige gelbe Fledermaus. Ein anderes war von einer plumpen Muschel umhüllt; seine Finger waren so lang wie sein ganzer Arm, und der mächtige, harte, lange Daumen bildete so etwas wie die halbe Schere einer Krabbe. Ein weiteres ähnelte einem rotäugigen Gorilla mit weißem Fell. Es trug ein Sesamstraßen-T-Shirt und eine Schlafanzughose aus rotem Flanell.
Die Kreaturen warteten zusammen mit dem blonden Jungen und dem rothaarigen Mädchen. Noch mehr Wesen kamen hinter ihnen aus der Luke, doch Aggie musste sich abwenden. Er hatte genug gesehen.
Zwei maskierte Männer in weißen Roben traten an den zungenlosen Jungen heran. Sie lösten seine Fesseln. Der Junge stürzte nach vorn. Ein Maskierter kniete sich neben ihn und klopfte dem Jungen auf die Schulter. Dann deutete er auf die rechte, Aggie zugewandte Seite des Schiffs. Der Junge sah in die angegebene Richtung. Aggie erkannte, worauf sich seine Aufmerksamkeit richtete: eine Leiter, die in die Gräben darunter führte.
Die Maskierten eilten mit dem Rollbrett zu einer Luke, die auf halbem Weg zwischen dem Mast und Mamas Kajüte lag. Sie ließen das Brett in die Tiefe, kletterten ins Schiffsinnere und schlossen die Luke hinter sich.
Der zungenlose Junge erhob sich. Aggie sah die Muskeln, die sich unter dem Pyjama bewegten. Der Teenager sah sich um. Ganz offensichtlich raubten ihm die Größe der Höhle und ihr merkwürdiges Aussehen den Atem. Dann fiel sein Blick auf die kleinen Monster.
In Mamas Kajüte blies der verborgene Trompeter einen einzelnen langen Ton.
Der zungenlose Junge rannte auf die Leiter zu. Er packte sie und kletterte nach unten. Seine Bewegungen waren athletisch und elegant,
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