Die Verborgenen
Blut hinter sich her.
Aggie sah hin. Er selbst hätte jetzt dort unten sein können. »Warum?«, krächzte er mit ausgedörrter Kehle. »Warum lasst ihr sie so etwas tun?«
»Nun, sie müssen schließlich lernen, wie man jagt, oder? Sie müssen auf den Geschmack kommen.«
Aggie sah, wie das kleine rothaarige Mädchen aus dem Gedränge schlüpfte. Sie hielt eine blutige abgetrennte Hand zwischen den Fingern. Kichernd und am Daumen nagend wie ein Kind, das einen karamelisierten Apfel verspeist, rannte sie von der Meute weg.
»Sie fressen ihn!«, sagte Aggie in einer Art geflüstertem Schrei. All seine Panik und all sein Entsetzen lagen in diesem fast lautlosen Zischen.
Unten in den Gräben erschienen einzelne Körperteile. Eine Darmschlinge wurde nach oben geschleudert, beschrieb einen nassen Bogen in der Luft und fiel auf etwas, das wie ein Wolfsjunge mit blauem Fell aussah, der ein Hannah-Montana-Sweatshirt trug. Blut strömte über den Boden des Grabens und verwandelte ihn in roten Schlamm. Die kichernden Kinder zerrten an der Leiche und spielten im Blutschlamm wie Kinder in Sandkästen überall auf der Welt.
Hillary seufzte. »Sie werden immer so schmutzig.«
Ein Schwarm Maskierter – es waren geradezu Hunderte – rannte durch die Gräben auf die Kinder zu. Die weißen Roben zischten bei jedem Schritt. Einige der Männer trugen Metallsägen. Sie stürzten sich auf die Masse der blutigen, schlammbespritzten Kinder, zogen sie voneinander weg und hielten sie hoch, während die kleinen Hände und Füße protestierend um sich schlugen und traten. Aggie konnte einen kurzen Blick auf den Teenager erhaschen. Sein Schlafanzug war von oben bis unten mit Blut getränkt, die rechte Schulter war aufgerissen, der linke Fuß war verschwunden, die Därme waren in alle Richtungen gezerrt und in die Erde getrampelt worden.
Die Maskierten machten sich mit den Metallsägen an die Arbeit.
Aggie spürte, dass mehrere Blicke auf ihm ruhten. Er drehte den Kopf nach links, ohne sich mehr als absolut notwendig zu bewegen, und sah sich aus dem Augenwinkel um. Der Mann mit dem Schlangenhaar starrte ihn an.
Ein Klopfen gegen seine Schulter. Hillarys Mund an seinem Ohr. »Folge mir. Sie haben irgendetwas an dir gerochen. Halte den Kopf gesenkt und mach keinen Lärm, oder du wirst der nächste Bräutigam sein.«
Er fühlte, wie ihre Hände an seiner Decke zogen und seinen Kopf und sein Gesicht besser verbargen. Es erinnerte ihn an die Zeit, als er ein kleiner Junge gewesen war und seine Mutter seine Jacke zurechtgezogen hatte, damit er schön warm blieb.
Aggie stand auf. Er hielt sich an ihre Anweisung und senkte den Kopf zur Erde. Dann folgte er Hillarys Füßen. Bei jedem Schritt erwartete er, dass Hände ihn packen, zurückzerren und auf den Höhlenboden schleudern würden, damit die Kinder ihre Gabeln und Messer in ihn bohren konnten.
Er wagte kaum zu atmen, bis der Sims hinter ihnen lag und er sich wieder in den Tunnel schieben konnte, durch den sie in die Höhle gekommen waren. »Hillary, was passiert jetzt?«
»Jetzt schneiden sie den Bräutigam in Stücke, um den Eintopf zu kochen. Nur das Hirn kommt nicht hinein. Damit wird Holzapfel-Bob Mama füttern. Oder vielleicht sind sie auch der Meinung, dass der Vanilla-Gorilla diesen Teil der Beute verdient hat. Wie auch immer, wir werden heute Nacht genügend Eintopf haben.«
Eintopf. Die Tupperware-Schüssel. Aggie hatte Menschen gegessen? Er hätte schockiert sein sollen über diese Erkenntnis, das wusste er, doch er hatte mehr gesehen, als er verarbeiten konnte, und daher kümmerte er sich nicht weiter darum. Wenn er nur wieder hier rauskam, spielte das alles keine Rolle.
»Nein, Hillary. Was ich sagen wollte, ist … was muss ich tun, damit ich nicht als Eintopf ende?«
Sie verließen den schmalen Tunnel und kamen in jene Passage, in der sich die einzelnen Baumaterialien abwechselten und die in die weiße Zelle zurückführte. Hillary bedachte Aggie mit einem breiten Lächeln, das all ihre Zahnlücken zeigte, und ihre Augen verschwanden zwischen so tiefen Falten, dass sie beinah blind wirkte.
»Ach, das «, sagte sie. »Du musst nichts weiter tun, als etwas für mich zu überbringen. Dann bist du frei.«
Frei. Allein der Gedanke daran. Er würde alles für sie überbringen, ganz egal, wie hoch das Risiko war.
Sie erreichten die weiße Zelle. Schockiert stellte Aggie fest, dass er erleichtert war, sie wiederzusehen und wieder hinter der weißen Gittertür angekettet zu
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