Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verborgenen

Die Verborgenen

Titel: Die Verborgenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
Vom Netzwerk:
besagtem Arm gemacht?«
    Bryan schloss die Augen und versuchte, die verschwommenen Erinnerungen an seinen Traum deutlicher vor seinem geistigen Auge zu sehen. »Ich weiß es nicht. Danach bin ich aufgewacht. Aber es war noch auf eine andere Art merkwürdig.«
    »Auf welche Art?«
    »Ich hatte eine riesige Latte.«
    Pookie stieß sein typisches pffft aus. »Das soll eine Neuigkeit sein? Mann, ich wache jeden Morgen mit so viel Holz zwischen den Beinen auf, dass ich nicht mal pinkeln kann. Das Ding lässt sich einfach nicht runterdrücken. Ich muss in der Dusche pinkeln, sonst gibt’s einen goldenen Regenbogen.«
    »Danke, dass wir darüber gesprochen haben.«
    »Du bist also mit einem riesigen Hammer aufgewacht. Na und?«
    Bryan nagte an seiner Unterlippe. »Ich bin ziemlich sicher, dass es mich scharf gemacht hat, diesen Typ umzubringen.«
    Hatte ihn der erste Traum erregt? Nein. Er konnte sich nicht an Gefühle dieser Art erinnern. Aber diesen Jungen umzubringen, all dieser Hass, der mit Lust gemischt war, mit Lust auf Schmerz, Lust auf Furcht … Bryan versuchte, den Gedanken beiseitezuschieben.
    »War es wieder derselbe Ort?«, fragte Pookie. »Konntest du erkennen, wo der Traum gespielt hat?«
    Bryan wollte antworten, doch er zögerte. Er dachte an die rote Decke in der Fern Street. Er hatte sie im Traum gesehen und dann, obwohl das unmöglich war, auch im richtigen Leben. Was sollte er tun, wenn wieder etwas aus dem Traum von letzter Nacht auf ihn wartete? Etwas viel Schlimmeres als eine rote Decke mit gelben Entenküken und braunen Häschen?
    Andererseits genügte schon ein kleiner Abstecher, und er würde sich keine Sorgen mehr machen müssen.
    »Post und Meacham Place«, sagte Bryan.
    »Roger, Adam-12«, sagte Pookie. »Dann sehen wir uns die Sache Post Ecke Meacham Place mal an.«
    Plötzlich wechselte Pookie grundlos die Spur, während er in Richtung Post Street weiterfuhr, wobei er einen Volkswagen schnitt.

Bryans Dosis Realität
    P ookie ließ den Buick ausrollen. Meacham Place sah ruhig und verlassen aus. Hinter dem schwarzen Gittertor am Beginn der Gasse schien alles in Ordnung zu sein. Hier und da lag Müll auf dem rissigen Asphalt. Vier dürre Bäume säumten die rechte Seite der Gasse. Es war, als warteten sie auf die wenigen Stunden, in denen die Sonne genau über ihnen stehen würde, sodass das Licht zwischen den Gebäuden den Grund der Gasse erreichen würde.
    Bryan starrte zu dem verlassenen, einstöckigen Gebäude auf der linken Seite hinüber. Farbflecken und Graffiti bedeckten die Bretter vor den drei Bogenfenstern einer ehemaligen Wäscherei. Gegenüber dieser städtischen Ruine befand sich auf der anderen Seite der Gasse ein schmales dreistöckiges Backsteingebäude. Es war gut in Schuss und so sauber, wie man es sich nur wünschen konnte. Verfall auf der einen Straßenseite, Eleganz auf der anderen – in San Francisco fand man so etwas oft.
    An der vorderen Ecke des verlassenen Gebäudes, dort, wo der Bürgersteig unter dem schwarzen Gitter hindurch in die Gasse führte, wo er sich versteckt hatte unter
    (der Tarndecke eines Jägers)
    einer Decke, um Ausschau zu halten nach
    (der Beute)
    dem Jungen, der vorüberging.
    Bryan kurbelte sein Fenster herunter und … roch es.
    Von einer Brise getragen, wogte der satte, üppige Geruch aus der Gasse und strömte ihm in die Nase. Es war derselbe Geruch, von dem ihm auf dem Dach mit Paul Maloney und Polyester-Rich schwindlig geworden war.
    Derselbe. Und doch einzigartig.
    »Pooks, riechst du das?«
    Er hörte Pookie neben sich schnüffeln. »Ich bin mir nicht sicher. Könnte es Urin sein?«
    Ja, Urin. Aber es war auch noch etwas anderes.
    Bryan sah hinüber zu den vier kümmerlichen Bäumen, die sich aus dem schmalen Bürgersteig erhoben. Unten an dem Baum, der am weitesten entfernt war, zwischen dem Stamm und dem Gebäude …
    Eine Decke. Dunkel und zusammengeknüllt.
    »Bri-Bri?«
    Eine Decke, die etwas von der Größe eines Mannes verhüllte.
    Eines erwachsenen Mannes oder eines großen Teenagers.
    Nein. Es war ein Traum. Nur ein Traum.
    Plötzlich hatte er wieder den Geschmack von Blut auf der Zunge. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen.
    »Hey, ernsthaft«, sagte Pookie. »Bist du okay?«
    Bryan antwortete nicht. Er stieg aus dem Wagen und ging auf das schwarze Gitter zu. Er umklammerte die dicken Stäbe wie ein Gefangener, der sich an seiner Zellentür festhielt. Die scharfen Spitzen der Gitterstäbe befanden sich gut einen Meter über

Weitere Kostenlose Bücher