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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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zu ihm. Ihre Umarmung tat unendlich gut.
    »Wie hast du mich gefunden?«, rief Tobbs. Vor Freude klang seine Stimme kieksig und hoch.
    Anguana ließ ihn nur widerwillig los und lächelte ihn an.
    »Wir sind verbunden, schon vergessen? Der unsichtbare blaue Faden zwischen mir und dir – ich finde dich überall.« Sie zwinkerte ihm zu. »So schicksalhaft würde es eine Quellnymphe erklären. Aber wenn ich ehrlich bin, hatte ich nur die ungefähre Richtung und habe seit gestern Abend mindestens zwanzig Inseln abgeklappert.« Ihr Lächeln verschwand. »Auf einigen von ihnen sind Pyramiden von Köpfen aufgehäuft. Das müssen die Überreste der roten Krieger sein, die … oh!«
    Sie machte einen Satz nach hinten, der sie fast von der Insel befördert hätte. Tobbs fing ihre fuchtelnde Hand aus der Luft und zog sie wieder in die Balance.
    »Das ist nur ein Verwundeter«, sagte er leise.
    »Doch nicht etwa einer der Krieger? Er trägt rote Kleider und …«
    »Das ist eine längere Geschichte«, unterbrach Tobbs sie ungeduldig. »Aber keine Angst, er kann uns nichts tun. Er ist sehr schwer verletzt.«
    »Ach wirklich?«, fragte Anguana spitz. »Er sieht ganz munter aus, finde ich.«
    Tobbs fuhr herum und staunte. Anguana hatte Recht! Wenig erinnerte an die erbärmliche Figur, die er gerettet hatte. Das Wasser hatte auf die Schürfwunden eine heilende Wirkung gehabt, was darauf hindeutete, dass sie ganz in der Nähe des Atolls sein mussten. Harutos schwarzes glattes Haar war inzwischen getrocknet. Tobbs betrachtete ihn und hatte plötzlich einen dicken Kloß im Hals.
    »Ihr habt ähnliches Haar«, sprach Anguana seine schlimmste Befürchtung laut aus. Tobbs schluckte schwer. Kein Zweifel: Zwar war sein Haar an den Spitzen immer noch blau und silbern gefärbt, aber ansonsten sah es dem Haar des Kriegers erstaunlich ähnlich. Glatt und schwarz wie eine Pferdemähne.
    »Und die Augen …«, fuhr Anguana leise fort.
    »Zufall«, unterbrach sie Tobbs barsch. »Meine Eltern waren ganz sicher keine Krieger aus Doman, wenn es das ist, was du andeuten willst.«
    Ach ja?, sagte eine gemeine Stimme in seinem Kopf. Woher willst du das denn wissen, Herr Nichts aus Irgendwo?
    Anguana wurde mit ihrer Verwirrung weitaus schneller fertig als er. »Wie auch immer. Ist er Freund oder Feind?«
    »Feind natürlich«, antwortete Tobbs. Haruto sah ihn fragend an und Tobbs wich seinem Blick schnell aus.
    Anguana nickte, als hätte sie keine andere Antwort erwartet. »Gut, dann lassen wir ihn zurück. Los, wir müssen uns beeilen!« Sie zog eine zerfetzte Landkarte hervor, die an einer Seite angesengt war, und zeigte auf einen Ring im Meer. »Das war eine von Baba Jagas Karten. Hier siehst du Mautschi-Iau – und hier, die kleine Inselgruppe, da befinden wir uns. Wir müssen nur an der großen Halbinsel vorbei, die noch zu Tajumeer gehört und dann ins nächste Land übergeht, und sind in weniger als einer Stunde beim Atoll der Haigötter.«
    Haruto sah Tobbs immer noch fragend an. Er spürte den Blick des roten Kriegers wie ein heißes Prickeln an seiner Stirn. Die gemeine Stimme in seinem Kopf meldete sich wieder zu Wort: Lass ihn hier und er ist so gut wie tot.
    »Wir nehmen ihn mit«, entschied Tobbs.
    Anguana zog die Brauen hoch und musterte Haruto, als würde sie ein Stück Vieh schätzen. Dann hellte sich ihre Miene auf, als wäre eben ein Groschen gefallen.
    »Ach so, als Geisel, verstehe. Gute Idee. Na ja, ich hoffe jedenfalls, dass das Floß uns alle trägt. Wir fesseln ihn mit meinem Seil.«
    »Nein.«
    »Wieso nicht?«
    Tobbs bedeutete Haruto, auf das Floß zu steigen.
    »Er wird uns nicht angreifen«, sagte er sehr entschieden zu Anguana.
    Der Krieger zögerte und kaute auf seiner Unterlippe herum.
    Tobbs erahnte seine Gedanken: Würden sie ihn zu den Haien zurückbringen? War es vielleicht sicherer, sich zu wehren und auf der Insel zu bleiben? Andererseits hatte der seltsame Insulaner mit dem Haituch ihn gerettet …
    »Deine Entscheidung«, sagte Tobbs freundlich zu Haruto. »Aber an deiner Stelle würde ich hier nicht warten, bis Mauis Leute dich finden.«
    Mit diesen Worten drehte er sich um und kletterte zu Anguana auf das Floß. Haruto zögerte immer noch, doch dann gab er sich offenbar den größten Ruck seines Lebens und nahm ebenfalls auf der wackligen Konstruktion Platz.
    Durch das Gewicht von drei Menschen lag das Floß tief im Wasser. Zwischen den Trümmerstücken schwappten die Wellen. Aus den Rückenlehnen von Baba

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