Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
Vom Netzwerk:
sich, ein sorgenvolles, leicht gekränktes Gesicht zu machen. »Ich will eine Chance, mehr nicht.«
    Mako zischte verächtlich und drehte sich um. Die Tatsache, dass jemand ihn anflehte, schien dem Gott gut zu gefallen. Tobbs dagegen dachte bei sich, dass kein Gott, der etwas auf sich hielt, sich auf solche billigen Spielchen einließ. Aber Mako war wohl aus gutem Grund die Bulldogge des Atolls. Der Faden ruckte beängstigend an seinem Handgelenk und ließ dann wieder ein ganzes Stück nach.
    »Na schön«, meinte der Haigott schließlich. »Habe gerade sowieso nichts Besseres zu tun. Dann zeig mal dein komisches Tatau her. Dreiecke, ja? Ein Meerfuchs, der keiner ist. Du lebst nicht in einer Hütte, sondern in einem Gebilde, das ein dreieckiges Dach hat.«
    Tobbs nickte. Maui hatte Recht – die Bewohner Tajumeers lasen die Zeichen wirklich wie Buchstaben. Jetzt galt es gut zu bluffen.
    »Im Prinzip richtig. Aber dreh die Zeichen um. Was siehst du dann?«
    Der Gott legte den Kopf schief und kniff die Haiaugen zusammen – eine menschliche Geste, die seltsam verkehrt wirkte.
    »Das Zeichen für eine Frau. Und Tote, die rückwärtsgehen. Und Türen, viele Türen.«
    Tobbs lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Wie konnte es sein, dass das Tatau die Wahrheit über die Taverne sagte? Er konnte nur stumm nicken.
    »Die Frau ist so etwas wie ein Geist? Ein magisches Geschöpf?«
    Wieder nickte er.
    Mako kam in Fahrt. »Sie ist bei dir, doch du siehst sie nicht, die Stelle an deinem Arm ist leer.«
    Tobbs spähte verstohlen auf das Meer, doch Anguana tauchte nicht auf. Wie lange konnte ein Wesen wie Anguana die Luft anhalten? Mako gefiel sich offensichtlich immer besser in der Rolle des Detektivs.
    »Du bist ein Mensch und bist es doch nicht. Wenn man das Symbol dort auf den Kopf stellt und die Welle damit verbindet, dann würde das bedeuten, dass deine Mutter ein Geist ist. Auch sie ist den Haien ähnlich, doch das Wasser ist nicht ihr Raum.« Diesmal zuckte Tobbs wirklich zusammen und wurde blass, was Mako mit Genugtuung zur Kenntnis nahm.
    Verwirrt schielte er auf die Zeichen. Sprach das Tatau womöglich die Wahrheit?
    »Und weil du zur Hälfte selbst ein Geist bist, folgen die Geister dir. Du nährst sie. Richtig?«
    Tobbs nickte zögernd. »Todesfeen«, murmelte er. »Und Furien.«
    Nun, das war nicht einmal gelogen, die Furien bekamen zwar nur den Brennbeerensaft, aber hier würde das durchgehen.
    Makos Lächeln verschwand, als ihm wohl ein Licht aufging. Er zeigte auf eine Spitze, die vom Oberarm aus direkt auf Tobbs’ Herz zeigte. Gier funkelte in seinem Raubtierblick.
    »Furien also«, sagte er. »Kriegerische Geister. Sie töten und haben viel Macht. Sie können ihre Macht gegen dich verwenden. Oder du verwendest ihre Macht gegen andere.«
    Tobbs musste nichts mehr sagen, Makos Gedanken fanden sich einer zum anderen.
    »Das ist es!«, rief der Haigott. »Du willst die Truhe, weil Krieg darin schlummert. Wer die Truhe besitzt, ist Herr über die Geister. Richtig? Bist du der Herr über die Heere der Toten?«
    Tobbs bemühte sich, so auszusehen, als sei er ertappt worden, und schwieg.
    Der Faden an seiner Hand zupfte nicht mehr, sondern hing schlaff herunter. Vor seinem inneren Auge sah er Anguana: ertrunken in der Lagune, von Raubfischen erlegt. War der Faden vielleicht gerissen? Und wenn nicht: Hatte sie genug Zeit gehabt? Und selbst wenn alles klappte – würde Mako ihn gehen lassen? Längst pochte in seiner Magengrube die dumpfe Gewissheit, dass dieses Spielchen mit dem Haigott eine Nummer zu groß für ihn war.
    Makos Hand schoss nach vorne, packte Tobbs’ Kinn und quetschte seinen Mund zu einer Schnute zusammen. Seine Augen funkelten.
    »Ist es so?«, brüllte er. Vermutlich konzentrierte er sich nicht mehr genug, denn sein Gesicht wandelte sich, die Knochenfinne erschien auf der Stirn, die Haut an seiner Hand wurde rau wie eine Raspel. Tobbs schloss die Augen, diesen Anblick konnte er nicht ertragen. Mako deutete das Entsetzen in seinem Gesicht wohl falsch, denn er lachte triumphierend und stieß ihn grob zu Boden.
    Das Haiwesen schnellte durch die Luft, begierig auf das Wasser, und Tobbs wurde klar, dass das die wahre Gestalt Makos war, während er sich die menschliche Haut lediglich anzog wie einen Mantel, den er nun ungeduldig abschüttelte. Beute zu machen und zu herrschen war seine Bestimmung, und Macht über Lebende und Tote schmeckte ihm weitaus besser als die jämmerlichen knackenden

Weitere Kostenlose Bücher